Aus der BMW F 750 GS wurde die F 800 GS. Zur Weiterentwicklung der Reiseenduro gehört unter anderem mehr Leistung. Das Motorrad hat aber noch viel, viel mehr zu bieten.
BMW Motorrrad hat mit der F 900 GS für das Modelljahr 2024 einen Paukenschlag in seiner Reiseenduro-Mittelklasse geliefert. Dass auch die kleinere F 800 GS nicht unwesentlich überarbeitet wurde, ging angesichts der Neuerrungen bei der 900er fast unter. Immerhin trägt das Einstiegsmodell in die BMW-Mittelklasse nun einen hubraumgrößeren und stärkeren Motor im weitgehend unveränderten Fahrwerk, dazu kommen zusätzliche Fahrassistenzsysteme und einige weitere Änderungen; auch die Verkleidung inklusive Windschild wurde neu gestaltet und das Cockpit aufgewertet.
895 Kubikzentimeter Hubraum hat das Triebwerk nicht nur der F 900 GS, sondern auch der 800er. Statt 72 PS im Vormodell stehen nun 87 PS zur Verfügung. Dank einer fülligen Drehmomentkurve mit 91 Nm-Gipfel bei 4.500 U/min wirkt das Triebwerk kräftig. Schon bei 2000 U/min nimmt es einwandfrei Gas an, lässt sich also auch drehzahlarm fahren, beißt aber richtig zu, wenn erst mal 4.000 U/min anliegen. Flugs geht es in Richtung der 8000er Marke. Die F 800 GS beherrscht das gesamte Spektrum von gemütlich-gediegen bis hin zu fordernd-aggressiv.
Serienmäßig zwei Fahrmodi
Serienmäßig besteht die Wahl zwischen den Fahrmodi „Rain“ und „Road“, im kostenpflichtigen Dynamik-Paket werden zwei weitere Fahrmodi sowie eine semiaktive Fahrwerksregelung am Heck plus ein vorzüglich funktionierender Schaltassistent für kupplungslose Gangwechsel geliefert. Ebenfalls an Bord war das Komfort-Paket, das mit einem Keyless-System (inklusive Tankdeckel), Temporegelung, der Navigationsvorbereitung und langlebigen Endurance-Antriebskette aufwartet. Inklusive Touren-Paket ist die Ausstattung perfekt, der Preis dann allerdings auch von 10.650 auf 12.870 Euro gestiegen.
Ergonomisch wird bei bescheidenen 81,5 Zentimetern Sitzhöhe viel Funktionalität geboten. Das neue, in fast allen BMW gebräuchliche TFT-Display überzeugt auch bei Sonne von hinten, Schalter, Hebel, Lenker, Fußrasten und die Ausformung des Sitzes lassen weder für den Fahrer noch für den Passagier Wünsche offen. Die leichtgängige Kupplung lässt sich mit zwei Fingern präzise dosieren, für die Dreischeiben-Bremsanlage gilt dasselbe. Der Druckpunkt der Bremse ist sauber definiert, die Verzögerungskraft gut aufzubringen. Sämtliche aktuellen Fahrassistenzsysteme – inklusive schräglagenfähigem ABS und ebenfalls schräglagenfähiger Traktionskontrolle – sind serienmäßig an Bord.
Komfortabel ausgelegtes Fahrwerk
Das Fahren gestaltet sich leicht: Die F 800 GS lenkt willig ein, die Federung ist komfortabel ausgelegt, wird aber nie schwammig. Die konventionelle Gabel federt zwar, wie auch das ZF-Federbein, recht kräftig ein, doch wirken beide Komponenten niemals überfordert. So kann man ohne Anspannung durch enge Kehren wie auch mit Rasse weiten Bögen absolvieren. Auf der Autobahn zeigt die F 800 GS seine guten Manieren: Selbst jenseits von 160 km/h mit montierten Seitenkoffern war keinerlei Fahrwerksunruhe zu registrieren. Wobei der kleine Windschild seine Sache unerwartet gut macht. Wer häufig mit hohem Tempo unterwegs sein will, ist mit dem aufpreispflichtigen Touren-Windschild aber sicher besser bedient.
Mit einem Gewicht von 227 Kilogramm in Serienausstattung ist die BMW F 800 GS relativ leicht zu rangieren; auch das Aufbocken auf den Hauptständer stellt kein Problem dar. Und mit ihrer zurückhaltenden, aber keineswegs langweiligen Klangkulisse empfiehlt sie sich auch für Biker, denen das Sein wichtiger ist als der Schein.
Sportlich und zurückhaltend zugleich
Damit ist die BMW F 800 GS ein wahres Universalmotorrad geworden: Sie beherrscht alle Disziplinen, lässt sich zurückhaltend wie auch sportlich gleichermaßen gut und mit Spaß bewegen. Auch touristisch orientierte Vielfahrer können mit ihr problemlos glücklich werden. Weil es in dieser Gruppe Menschen gibt, die lediglich über den A2-Führerschein verfügen, dürfen auch sie sich angesprochen fühlen, denn BMW liefert die F 800 GS auf Wunsch mit 48 PS aus.
Die F 800 GS zählt wohl zu den am meisten unterschätzen Motorrädern. Wobei sie es laut der aktuellen deutschen Zulassungsstatistik nach dem ersten Halbjahr 2024 mit 628 Einheiten nur auf den 32. Rang geschafft hat. Die größere Schwester F 900 GS liegt mit 718 Stück aber gar nicht so weit voraus. (SP-X)