Experten schätzen, dass bei jedem dritten Gebrauchtwagen der Tacho manipuliert ist. Auto-Lebensläufe müssten transparenter werden.
Gebrauchtwagenkauf ist Vertrauenssache. Denn vor allem die vom Verkäufer angegebenen Kilometerleistung lässt sich von Laien bislang kaum überprüfen. Auto-Lebensläufe könnten für mehr Transparenz sorgen und Tacho-Manipulatoren ausbremsen, wirbt der Zertifikate-Anbieter Carcert. Noch arbeitet das 2021 in Wiesbaden gegründete Unternehmen aber daran, Lücken im Fahrzeug-Curriculum zu füllen.
Laut Experten-Schätzungen ist bei jedem dritten Gebrauchtwagen der Tacho manipuliert. Von dem Betrug betroffene Kunden zahlen im Schnitt 3000 Euro mehr als das Auto eigentlich wert ist. Insgesamt gesehen gehen die Schäden in die Milliarden. Zu erkennen ist das Herunterdrehen der Laufleistung kaum: Zwar lässt sich anhand der Abnutzungen im Innenraum grob sehen, dass ein Auto schon länger in Gebrauch ist. Ob es aber 100.000 Kilometer oder 150.000 Kilometer auf der Uhr hat, lässt sich auch von Experten ohne direkten Vergleich nur schwer diagnostizieren.
Im Ausland sind Gebrauchtwagen-Lebensläufe aus diesem Grund vielerorts schon Standard, in manchen Fällen sogar obligatorisch. In Deutschland behinderte bislang vor allem der strenge Datenschutz die Etablierung dieser Dienstleistung. Carcert hat nun nach eigenen Angaben einen Weg gefunden, sich mit den Regelungen zu arrangieren. „Die Daten gehören rechtlich den Kfz-Haltern, auf Wunsch müssen sie deshalb herausgegeben werden“, fasst Geschäftsführer Patrick Scharwenka die Situation zusammen und verweist auf ein eigens angefertigtes Rechtsgutachten, dass die Gesetzeskonformität des Vorgehens bestätigt.
Bei der HU wird der Kilometerstand festgehalten
Bislang ist die Datenbasis der Carcert-Zertifikate allerdings noch relativ schmal. Wichtigster Teil, zumindest, was den Tachobetrug angeht, sind die Daten von den HU-Prüfgesellschaften. TÜV, Dekra, KÜS und Co. halten bei jeder Untersuchung den Kilometerstand der Fahrzeuge fest, Carcert kann diese abfragen und seinen Nutzern zur Verfügung stellen.
Das Zertifikat soll bei potenziellen Kunden Vertrauen schaffen. Mit 30 Euro für Privatnutzer ist der Service dabei vergleichsweise günstig. Doch der Lebenslauf hat Lücken: Anders als im Ausland ist in Deutschland der Zugang zu den Datenbanken von Zulassungsämtern, Strafverfolgungsbehörden, Banken und Werkstätten nicht ohne weiteres möglich. An Informationen zu Unfalldaten, der Zahl der Vorbesitzer oder eventuelle Sondernutzungen ist daher nur schwer heranzukommen.
Das Problem mit der schmalen Datenbasis hat nicht Carcert allein. Auch Wettbewerber Carfax – bislang vor allem im Ausland aktiv – drängt auf einen besseren Zugriff. Europa-Geschäftsführer Frank Brüggink schätzt, dass in Deutschland mehr als 100.000 sogenannte „Salvage Cars“ unterwegs sind. Damit sind vor allem stillgelegte Unfallautos aus den USA gemeint, die in Osteuropa aufgemöbelt und in Deutschland zu Lockpreisen als unfallfrei verkauft werden. Enttarnen lassen sich diese getarnten Schrottkarren von Laien nur schwer. (SP-X)