Die Mineralölkonzerne machen laut einer Studie seit Wochen einen enormen Profit. Für die Autofahrer ergab sich eine Mehrbelastung von 98 Millionen Euro – pro Monat.
Die Mineralölkonzerne haben Autofahrer an Tankstellen in den vergangenen Monaten viel stärker zur Kasse gebeten, als es allein durch höhere Ölpreise gerechtfertigt wäre. Das ergab eine Studie des Hamburger Energie-Experten Steffen Bukold im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen. Danach ist der Preis für Superbenzin in den vergangenen drei Monaten um 11,3 Cent pro Liter gestiegen. Aber nur 6,6 Cent pro Liter ließen sich durch höhere Rohölpreise oder einen veränderten Wechselkurs Euro/Dollar erklären - 4,7 Cent hätten die Konzerne somit zusätzlich aufgeschlagen.
Mineralölwirtschaftsverband weist Vorwürfe zurück
Hochgerechnet auf den monatlichen Absatz von Superbenzin ergebe sich daraus eine finanzielle Mehrbelastung der Autofahrer von 98 Millionen Euro pro Monat. Nach der Studie sind die zusätzlichen Gewinne beim Superbenzin nicht an den Tankstellen angefallen, sondern in den Raffinerien, die sich überwiegend in den Händen der großen Mineralölkonzerne befinden. Die Bruttomarge der Raffinerien für Superbenzin erhöhte sich demnach aus dem Minusbereich bis auf gut vier Cent je Liter.
Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) wies die Vorwürfe zurück. «Der Ärger der Autofahrer ist nachvollziehbar», sagte Hauptgeschäftsführer Klaus Picard. Allerdings seien von den Tankstellen nur die gestiegenen Beschaffungskosten weitergegeben worden «und kein Cent mehr».
ADAC fordert transparente Preispolitik
Die Grünen und Automobilverbände verlangen hingegen Konsequenzen. «Es ist ärgerlich, dass die Mineralölkonzerne im Windschatten der Iran-Krise ihre Gewinne auf Kosten der Verbraucher ausweiten», sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn. In der «Saarbrücker Zeitung», die zuerst über die Studie berichtete, forderte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stephan Kühn, das Kartellamt müsse umgehend Möglichkeiten erhalten, «um hier stärker zu kontrollieren und einzugreifen.»
ADAC-Präsident Peter Meyer kritisierte vor allem die Preissprünge an der Zapfsäule: «Ich fordere die Ölkonzerne auf, endlich zu einer fairen, seriösen und transparenten Preispolitik zurückzukehren.» Mittlerweile sei der Preis für einen Liter Biosprit-Super (E10) auf ein neues Allzeithoch von 1,66 Euro je Liter geklettert - im bundesweiten Schnitt ein Anstieg von 1,7 Cent im Vergleich zur Vorwoche.
ACE für höhere Pendlerpauschale
Der Auto Club Europa (ACE) forderte eine höhere und gerechtere Pendlerpauschale. Die derzeitige steuerliche Entlastung sei nicht nur materiell unzureichend, sondern habe auch «eine Gerechtigkeitslücke», sagte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner der «Fuldaer Zeitung». «Besser wäre ein System, bei dem jedem Pendler unabhängig von der Verdiensthöhe die gleiche Entlastung zusteht», sagte er. Zudem machte er sich für das australische Modell einer «Benzinpreisbremse» stark.
Dass vor allem die Raffinerien zu den zusätzlichen Preiserhöhungen beitrugen, bestätigen auch die Daten des Hamburger Energie-Informationsdienstes EID. Deren Bruttomargen hätten im Januar und Februar bei 44 Euro je Tonne gelegen, was ein guter Wert sei angesichts von Verarbeitungskosten von 33 Euro je Tonne. Die europäische Raffinerieindustrie leidet unter Überkapazitäten vor allem beim Benzin, nicht aber beim Diesel. Durch die Insolvenz des schweizerischen Raffineriekonzerns Petroplus sind mehrere Raffinerien in Europa zumindest zeitweise aus der Produktion gegangen - das könnte die Ausweitung der Gewinne erleichtert haben.
Unübersichtliche Lage beim Dieselkraftstoff
Unübersichtlicher ist die Lage beim Dieselkraftstoff. Die Analyse von Bukold registriert hier beträchtliche Schwankungen der Gewinne auf hohem Niveau, aber keinen deutlichen Anstieg. Diesel ist technisch verwandt mit Heizöl, die Märkte beeinflussen sich. Dadurch kann die Kälteperiode im Februar mit einer plötzlich einsetzenden hohen Heizöl-Nachfrage sich ebenso ausgewirkt haben wie die Vereisung von Schifffahrtswegen. Über den gesamten Weg vom Rohöl bis zum Endverbraucher verdient die Branche schon seit längerem mehr an Diesel und Heizöl als an Benzin. (dpa)