Studie: Weniger Ladepunkte nötig als gefordert

Studie: Weniger Ladepunkte nötig als gefordert
EnBW baut das Netz von Schnellladestationen stetig aus. © EnBW

Die Auto- und Energiebranche fordert einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Der Umweltverband Transport & Environment (T & E) hält die Forderungen für überzogen.

Wie aus einer Studie des Verbandes hervorgeht, sei die Ladeinfrastruktur für Elektroautos für die wachsende Zahl von Elektrofahrzeugen ausreichend, wenn die EU ihre Vorschriften für saubere Autos verschärft.

„Bis 2035 könnten europaweit bis zu 10,4 Millionen öffentliche Ladepunkte installiert werden, wenn die CO2-Ziele für Autos im Einklang mit den Green-Deal-Verpflichtungen der EU verschärft werden“, geht aus einer Modellierung von Transport & Environment hervor.

Zumeist wird privat geladen

Danach könnten bis 2030 bis zu 5,1 Millionen öffentliche Ladepunkte zur Verfügung stehen.
Momentan gibt es europaweit 340.000 öffentliche Ladestationen. Die Modellierung basiert darauf, dass die EU ihre CO2-Ziele für Autos in den Jahren 2025 und 2030 erhöht und ein neues Zwischenziel für 2027 festlegt. „Die europäischen Gesetzgeber müssen sich nicht zurückhalten, höhere CO2-Ziele für Autos festzulegen, nur weil sie einen Mangel an Ladestationen befürchten“, so Fabian Sperka, Leiter der Fahrzeugpolitik bei T&E.

Die T&E-Experten gehen davon aus, dass die meisten Ladevorgänge auch in Zukunft zu Hause erfolgen werden. Deshalb sei auch der von der Auto-Lobby bis 2035 geforderte Ausbau bis 2035 von 31 Millionen öffentlichen Ladestationen nicht nötig. „Dies würde dazu führen, dass die Ladestationen weniger als eine Stunde pro Tag genutzt würden – weit weniger als die 3,6 Stunden, die nötig seien, um sie finanziell tragfähig betreiben.

Ausbauziele sind viel zu hoch

T&E bezeichnete die Ziele der Autoindustrie entsprechend als zu hoch. Sie würden auf der unrealistischen Annahme beruhen, dass 60 Prozent der Ladevorgänge öffentlich sein werden und dass das durchschnittliche Elektrofahrzeug im Jahr 2030 weniger effizient sein wird als die heutigen Modelle.

„Je mehr, desto besser – das gilt nicht für die Ladeindustrie. Ein massiver Überbau des Ladenetzes, wie ihn einige in der Autoindustrie fordern, ist unnötig und würde die Steuerzahler zur Kasse bitten. Europa kann bis zu 10 Millionen öffentliche Ladestationen einrichten, um den Bedarf der wachsenden Elektroautoflotte bis 2035 zu decken und ein finanziell tragfähiges Netz zu haben“, so Sperka.

KfW fordert Ladestationen in Ballungsräumen

Unterdessen hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau in einer Studie gefordert, Ladestationen für E-Autos vor allem in Ballungszentren entstehen zu lassen. In dünn besiedelten Gebieten seien sie nicht kostendeckend. Bislang sei der Ausbau von Ladesäulen im Bundesgebiet «tendenziell gleichmäßig» erfolgt, was in dünn besiedelten Gebieten zu nicht kostendeckenden Angeboten führe, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung der staatlichen KfW-Bank.

In Ballungsgebieten seien hingegen bei einem weiteren Anstieg der Elektrofahrzeuge höhere Nutzungsraten zu erwarten. Auf dem Land hätten mehr Autobesitzer die Möglichkeit, ihr E-Auto auf einem privaten Stellplatz zu laden.

4000 Haushalte wurden befragt

Die Bank präsentierte Ergebnisse ihres Energiewendebarometers, zu dem repräsentativ 4000 Haushalte befragt worden seien. Danach erklärten immer noch mehr als die Hälfte der befragten Haushalte, sich die Anschaffung eines E-Autos wegen der fehlenden Ladeinfrastruktur nicht vorstellen zu können. In kreisfreien Großstädten äußerten sogar 56 Prozent diese Ansicht. Weitere Argumente gegen die Batteriefahrzeuge waren die geringere Reichweite, lange Ladezeiten und hohe Anschaffungspreise.

In ländlichen Regionen gaben zwischen 34 und 38 Prozent der Befragten an, ein Auto grundsätzlich auch auf einem privaten Stellplatz laden zu können. 25 Prozent haben hingegen nach eigener Einschätzung dafür keinen Platz. In den kreisfreien Großstädten erklärten nur 19 Prozent, einen eigenen Ladeplatz organisieren zu können. Der Bedarf an öffentlichen Ladepunkten ist dort also größer.

23 Fahrzeuge teilen sich eine Ladestation

Die KfW verwies darauf, dass in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der Elektroautos dreimal stärker gewachsen sei als die Lademöglichkeiten. Statt 8 Elektroautos müssten sich nun 23 Fahrzeuge einen öffentlichen Stromladepunkt teilen. Das liegt auch deutlich unter der ursprünglichen EU-Zielgröße von einem Ladepunkt pro zehn Elektro-Autos.

«Setzt sich dieser Trend fort, könnte dies für die Praxistauglichkeit der Elektromobilität zum Problem werden,» erklärte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Nur wenn der wachsende Ladebedarf erfüllt werde, könnten stärkere Anreize zum Umstieg auf die Elektrotechnologie gegeben werden, um so die Klimaziele für den Verkehrssektor zu erreichen. (mit dpa)

Keine Beiträge vorhanden