
Nicht die Technik ist das Problem, sagt das Fraunhofer-Institut. Die wahren Bremser der E-Mobilität finden sich in Politik und Gesellschaft.
Elektroautos sind in der Gesamtbilanz bereits heute häufig günstiger und klimafreundlicher als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – vorausgesetzt, sie werden regelmäßig genutzt und mit möglichst grünem Strom geladen. Das ist das Ergebnis einer Metastudie des Fraunhofer Instituts ISI. Dennoch verläuft der Markthochlauf in Deutschland holprig – nicht wegen technischer Grenzen, sondern aufgrund politischer Unsicherheiten, wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und gesellschaftlicher Zurückhaltung.
Bei dem nun veröffentlichten „Policy Brief Batterien für Elektroautos – Faktencheck und Handlungsbedarf – ein Update“ handelt es sich um die Aktualisierung einer Untersuchung aus dem Jahr 2020. Sie beschreibt die E-Mobilität als weiter gereift. Dem Papier zufolge sind E-Autos „in der Anschaffung heute ohne Förderung noch teurer als konventionelle Fahrzeuge“, doch die laufenden Kosten – insbesondere für Energie und Wartung – fallen deutlich geringer aus. Nutzer, die zuhause oder auf der Arbeit Strom laden können, fahren bereits nach drei Jahren insgesamt günstiger als mit einem Verbrenner.
Vorteile bei den Gesamtkosten
Zudem sei innerhalb der nächsten Jahre zu erwarten, dass sich die Anschaffungspreise für viele E-Fahrzeuge auf einem ähnlichen Niveau wie vergleichbare Verbrenner einpendeln werden. Der wirtschaftliche Vorteil werde sich durch neue technische Entwicklungen wie bidirektionales Laden und sinkende Batteriepreise noch verstärken. Entscheidend sei, „dass diese Vorteilhaftigkeit bei den Gesamtkosten dem Endkunden verdeutlicht“ werde, so die Empfehlung des Berichts.
Die im Vergleich mit Benziner und Diesel deutlich bessere Klimabilanz ist eine der Hauptstärken des E-Autos. Der Studie zufolge verringern sich die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu einem Verbrenner „bei durchschnittlicher Fahrleistung für ein Mittelklasse-Pkw“ um 40 bis 50 Prozent über den gesamten Lebenszyklus. Dabei ist entscheidend, dass der Strommix zunehmend auf erneuerbaren Energien basiert. Allerdings mahnt der Bericht auch zur Differenzierung: Wie bei jedem motorisierten Individualverkehr gehe die Nutzung von E-Pkw mit nennenswerten Umweltbelastungen einher. Dazu gehören etwa Auswirkungen durch die Rohstoffgewinnung. Eine umfassende Verkehrswende müsse daher auch „ein verändertes Mobilitätsverhalten“ einschließen.
Hohe Strompreise schaden
Während weltweit die Nachfrage nach Elektroautos weiter steigt, verzeichnete Deutschland 2024 rückläufige Neuzulassungen. Den Forschern zufolge ist dies unter anderem auf den „abrupten Förderstopp der Kaufprämien“ sowie auf hohe Strompreise zurückzuführen. In der Folge sinkt auch der Marktanteil deutscher Hersteller. „Dies ist für eine der wichtigsten Branchen in Deutschland ein Warnsignal“, so der Bericht. Ob die EU-Emissionsgrenzwerte und neue günstigere Modelle diesen Trend umkehren können, bleibt offen.
Die benötigten Rohstoffe für Batterien – etwa Lithium, Kobalt und Nickel – sind laut Fraunhofer ISI „weltweit ausreichend vorhanden“, doch es besteht Abhängigkeit von Importen, insbesondere aus China. Um diese zu reduzieren, empfehlen die Wissenschaftler, den Ausbau eigener Abbauprojekte und Weiterverarbeitungsanlagen sowie verstärktes Recycling. Bis zu 30 Prozent des Bedarfs könnten laut Prognosen bis 2035 durch Wiederaufbereitung alter Akkus gedeckt werden. Auch alternative Batterietechnologien wie Natrium-Ionen-Batterien werden als vielversprechend beschrieben.
Hemmnisse bei der Zellfertigung
Ein zentrales Problem sieht der Bericht in der Konkurrenzfähigkeit der europäischen Batterieproduktion: Hohe Energiepreise, längere Bauzeiten und weniger Erfahrung bei der skalierten Produktion seien Hemmnisse für eine wettbewerbsfähige Zellfertigung in Europa. Zwar sei Europa stark in der Forschung, doch es brauche massive Investitionen, gut ausgebildete Fachkräfte und verlässliche politische Rahmenbedingungen, um Produktionsstandorte erfolgreich aufzubauen.
Das Fazit der Fraunhofer-Experten fällt klar aus. Der weiter voranschreitenden Marktdiffusion batterieelektrischer Pkw stehe nichts Unüberwindbares im Weg. Dennoch reichten Wirtschaftlichkeit und Klimavorteile allein nicht aus, um den Markthochlauf in Deutschland zu sichern. Ohne klare politische Weichenstellungen, eine belastbare Infrastruktur und eine offene Kommunikation gegenüber der Bevölkerung droht der Industriestandort Deutschland ins Hintertreffen zu geraten. (SP-X)