2015 war für Smart das Jahr des Aufatmens. Nachdem die Daimler-Tochter die Kunden über Jahre hinweg mit Sondermodellen bei der Stange halten musste, konnte man ihnen im Vorjahr gleich zwei neue Modelle anbieten. Der Absatz stieg signifikant.
Von Frank Mertens
Jahrelang musste Annette Winkler mit Smart eine Marke führen, die ihren Kunden nichts weiteres zu bieten hatte als immer mal wieder ein neues Sondermodell, eine neue Farbe oder ein mit Heckflügeln ausgestattetes Editionsmodell wie den Smart Fortwo by Jeremy Scott, dem avantgardistischen US-Modedesigner.
Keine Frage, das Auto war ein Hingucker, aber halt nichts, mit dem man eine Marke beim Absatz zu neuen Höhenflügen bringt. Dennoch ist es Winkler gelungen, Smart über die Jahre bei einem Absatz von um die 100.000 Einheiten zu halten. Das ist eine Leistung. Doch seit dem vergangenen Jahr ist diese Zeit der Überbrückung, das Warten auf den in Kooperation mit Renault entwickelten neuen Smart, vorbei. Endlich. Winkler hat diesen Termin herbeigesehnt (auch wenn sie das so nie sagen würde) und die Kunden ganz offensichtlich auch, wie die Absatzzahlen zeigen. So wurden im Vorjahr vom neuen Fortwo und Forfour weltweit etwas mehr als 119.000 Einheiten abgesetzt, ein Zuwachs von fast 33 Prozent.
Rückenwind fürs neue Jahr
Das sind Zahlen, die man gerne verkündet - und die Winkler strahlen lassen, wie man an diesem Montag bei der Vorstellung des neuen Smart Fortwo Cabrio im spanischen Valencia sehen konnte. "Ich bin stolz auf unser Team, dass uns das gelungen ist", sagte Winkler. Eine Steigerung von 33 Prozent sind in der Tat eine Ansage.
Allerdings: Eine Marke, die nach Jahren des Wartens mit zwei neuen Modellen auf den Markt kommt, musste signifikant wachsen. Entsprechend kann man diesen Rekordabsatz auch als erstes Warmlaufen der neu erweckten Marke Smart interpretieren, die in Europa sogar um 72,5 Prozent zulegen konnte. Fragt man Winkler also nach ihren Erwartungen für dieses neue Jahr, spricht sie natürlich von weiterem Wachstum, von Rückenwind, den sie aus dem alten mit ins neue Jahr mitnehmen wird.
Doch wie stark dieser Rückenwind ist und wohin sie die Marke Ende 2016 gebracht haben wird, nein, dazu sagt Winkler nichts. Damit folgt sie strikt der Firmenpolitik, dass zu Absatzzahlen nichts gesagt wird. Dabei weiß Winkler gut genug, wo Potenzial für die Marke steckt. Beispielsweise in Nordamerika und China. Hier sind die neuen Modelle erst im Spätherbst des zurückliegenden Jahres eingeführt worden - werden das Ergebnis erst in diesem Jahr weiter beflügeln.
Niedriges zweistelliges Wachstum Minimalziel
Bis hin zu 140.000 Einheiten? "Sie wissen doch, dass wir nichts zu Absatzzahlen sagen", wiederholt Winkler. Doch wer zurückhaltend an die Absatzplanung für das Jahr 2016 herangeht, der liegt mit einem niedrigen zweistelligen Wachstum sicherlich nicht falsch. Denn das neue im März für einen Preis von 15.655 Euro auf den Markt kommende Cabrio ("Die Ikone der Ikone", so Winkler) machte bisher pro Jahr rund zwölf Prozent des Gesamtabsatzes aus, verkaufte sich seit Marktstart im Jahr 2000 weltweit 220.000 Mal.
Das neue Modell soll dem natürlich in nichts nachstehen, soll diesen Erfolg natürlich überbieten. Die Aussichten stehen also bestens, dass Smart auch 2016 wieder bestens performt - und die langen Jahre des Wartens schnell vergessen macht.
Elektroautos fördern
Neben dem Cabrio wird es auch 2016 noch weitere Neuheiten des im französischen Hambach gebauten Smart geben - nämlich den neuen Smart Brabus Tailor Made, also eine kleine Rennsemmel, die bei den Kunden hoch im Kurs steht. Und dann wird es auch noch Ende des Jahres den neuen Elektro-Smart geben, der dann auch noch einmal etwas Absatzschub bringen soll. Deshalb spricht sich Winkler auch vehement für eine Förderung der Elektromobilität aus. "Wenn man die Elektromobilität wirklich voranbringen will, braucht man dafür auch eine Kaufprämie", sagt die Smart-Chefin, die hinzufügt, dass auch Anreize wie freies Parken oder die Nutzung von Busspuren diesen Schub befördern könnten. Doch trotz eines auf den Weg gebrachten E-Mobilitätsgesetzes, das solche nicht monetären Förderungen vorsieht, kommt aufgrund der zögerlichen Haltung vieler Kommunen kein Schwung in die Sache.
Ohne solche Incentives ist ein Ziel von einer Millionen E-Autos bis 2020 - woran die Bundesregierung unbeirrt festhält - nicht zu schaffen. Deshalb dürfte die Branche derzeit auch mit Interesse verfolgen, was aus dem Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Gabriel wird, der eine Kaufprämie von 5000 Euro fordert. Ablehnung dafür hat er indes nicht nur aus dem Bundesverkehrsministerium bekommen.