Viele Autobauer stecken in der Krise, Škoda nicht. Im Interview spricht Vorstandschef Klaus Zellmer u.a. über Standortvorteile, Energiepreise, CO2-Flottengrenzwerte und die Bedeutung des Elroq für die E-Mobilität.
Škoda-Chef Klaus Zellmer wünscht sich von der Politik angesichts der Krise in der Autoindustrie einen niedrigeren Industriestrompreis. «Wesentlich sind niedrigere Energiepreise. Sie führen bei den Fertigungskosten zu einer Entlastung», sagte Zellmer im Interview mit der Autogazette und dem Magazin electrified.
Wie der Manager hinzufügte, träfe dies «insbesondere auf eine Kernindustrie wie die Batteriezellfertigung zu, die in Europa rar ist. Wenn sie einen Industriestrompreis in Europa von 10 bis zu 16 Cent pro Kilowattstunde veranschlagen und mit den Preisen in China und den USA von vier bis sechs Cent vergleichen, dann gibt es Wettbewerbsnachteile».
Zuversicht der Kunden in E-Mobilität erschüttert
Mit Blick auf den Industriestandort Deutschland sieht Zellmer inmitten einer ohnehin schon herausfordernden Transformation hin zur Elektromobilität verschiedene bremsende Faktoren. Dazu gehören für ihn u.a. die «hohen Faktorkosten und die kurzfristig eingestellte Bafa-Prämie, um nur zwei entscheidende Punkte zu nennen. Gerade letzteres hat die Zuversicht der Kunden in die E-Mobilität nicht gestärkt, sondern erschüttert. Es hat vor allem die erschüttert, die kaum E-Autos kaufen: die Privatkunden», so der Škoda-Chef.
Den Grund für die momentane Nachfrageschwäche bei der E-Mobilität sieht Zellmer indes nicht allein am abrupten Ende der Kaufprämie. «Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, hängt die Nachfrage nicht an einer Bafa-Prämie.» In diesem Zusammenhang verweist der Manager auf Norwegen, wo Škoda 90 Prozent seiner Zulassungen mit E-Autos bestreitet. Dort spiele die Kaufprämie keine Rolle. «Dort zahlen die Kunden bis zu einem bestimmten Preis keine Mehrwertsteuer, bei der Zulassung eines Verbrenners wird aber eine erhebliche Zulassungssteuer fällig. Daneben gibt es dort eine sehr gute Ladeinfrastruktur und günstige Strompreise.»
«Sind über Jahre hinweg resilient aufgestellt»
Autogazette: Herr Zellmer, während Hersteller wie VW, BMW oder Mercedes zuletzt Gewinneinbrüche vermelden mussten, steigerte Škoda das operative Ergebnis in den letzten drei Quartalen um fast 35 Prozent. Was machen Sie besser?
Klaus Zellmer: Der direkte Vergleich hinkt ein wenig. Wir haben den Vorteil, unseren Firmensitz in Zentraleuropa zu haben und hier die überwiegende Mehrheit unserer Autos zu bauen. Dadurch können wir mit anderen Faktorkosten produzieren, also Arbeits- und Energiekosten. Zudem haben wir hier in Tschechien weniger Bürokratie. Wir sind mit dem Škoda-Geschäftsmodell über Jahre hinweg sehr resilient, schlank und flexibel aufgestellt, und haben damit neben Kosten- auch Produktivitätsvorteile.
Autogazette: Ihre Mitarbeiter sind effizienter unterwegs?
Zellmer: Sie arbeiten mit sehr schlanken, effizienten Prozessen. Bei Škoda herrscht ein Geist, bei dem viele immer alles Bestehende in Frage stellen und versuchen, einen optimaleren Weg zu finden. Zudem arbeiten wir viel mit AI. Ein Beispiel: In der Qualitätssicherung setzen wir zunehmend Künstliche Intelligenz ein, um die Fahrzeuge zu checken. Ich bin begeistert von unserer Mannschaft, wie sie nach Verbesserungen sucht. Bei Škoda ist die Leidenschaft für Effizienz sehr stark ausgeprägt.
«Es gibt nicht immer nur einen Hauptgrund»
Autogazette: Die Autobranche steckt in der Krise. Beim Mutterkonzern VW wird über Werksschließungen diskutiert, Zulieferer entlassen Tausende Mitarbeiter. Viele machen dafür die Transformation hin zur E-Mobilität verantwortlich. Sie auch?
Zellmer: Ich kann an dieser Stelle nur für Škoda sprechen. Mit Blick auf den Industriestandort Deutschland gibt es inmitten der ohnehin herausfordernden Transformation zur E-Mobilität diverse bremsende Faktoren, u.a. die hohen Faktorkosten und die kurzfristig eingestellte Bafa-Prämie, um nur zwei entscheidende Punkte zu nennen. Gerade letzteres hat die Zuversicht der Kunden in die E-Mobilität nicht gestärkt, sondern erschüttert. Es hat vor allem die erschüttert, die kaum E-Autos kaufen: die Privatkunden.
Autogazette: Bei den Flottenkunden sieht es anders aus?
Zellmer: Bei den Flottenkunden haben wir eine gute Nachfrage, das hängt auch mit der Policy in den Unternehmen und der steuerlichen Behandlung von Dienstwagen zusammen. Kern des Problems ist nicht die Transformation, sondern die Rahmenbedingungen.
Autogazette: Als Hauptgrund für den Absatzeinbruch bei der E-Mobilität sehen Sie das abrupte Ende der Kaufprämie. Machen Sie es sich damit nicht zu einfach?
Zellmer: Es gibt nicht immer nur einen Hauptgrund, es sind vielfältige Gründe. Wenn wir nach Norwegen schauen, wo wir 90 Prozent unserer Zulassungen mit E-Autos bestreiten, spielt das Thema Kaufpreisprämie keine Rolle. Dort zahlen die Kunden bis zu einem bestimmten Preis keine Mehrwertsteuer, bei der Zulassung eines Verbrenners wird aber eine erhebliche Zulassungssteuer fällig. Daneben gibt es dort eine sehr gute Ladeinfrastruktur und günstige Strompreise.
Autogazette: Eine Kaufprämie ist bei besseren Rahmenbedingungen also verzichtbar?
Zellmer: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, hängt die Nachfrage nicht an einer Bafa-Prämie.
«Wesentlich sind niedrigere Energiepreise»
Autogazette: Es werden verschiedene Prämienmodelle diskutiert: sie reichen von einer Abwrackprämie bis zum Sozialleasing. Was favorisieren Sie?
Zellmer: Beides sind interessante Ansätze. Eine Abwrackprämie hätte einen doppelten Effekt: Steigerung des Absatzes von E-Modellen, zum anderen werden Verbrenner aus dem Markt genommen und damit CO2-Emissionen reduziert. Auch ein Sozialleasing könnte ein guter Ansatz sein, um E-Mobilität noch zugänglicher zu machen.
Autogazette: Haben Sie Forderungen an die Politik, um die Wirtschaft aus der Krise zu holen? Sie haben die Punkte Ladeinfrastruktur und Energiepreise genannt.
Zellmer: Wesentlich sind niedrigere Energiepreise. Sie führen bei den Fertigungskosten zu einer Entlastung. Das trifft insbesondere auf eine Kernindustrie wie die Batteriezellfertigung zu, die in Europa rar ist. Wenn sie einen Industriestrompreis in Europa von 10 bis zu 16 Cent pro Kilowattstunde veranschlagen und mit den Preisen in China und den USA von vier bis sechs Cent vergleichen, dann gibt es Wettbewerbsnachteile. Wenn wir einen Unterschied von zehn Cent beim Industriestrompreis beispielsweise in Tschechien verglichen mit den USA oder China zu Grunde legen, liegt der Kostennachteil für eine typische Batteriezellenproduktion bei jährlich 500 Millionen Euro.
Autogazette: Eine Absenkung des Industriestrompreises wurde bereits vor dem Bruch der Ampelkoalition diskutiert. Sollte das noch vor Neuwahlen auf den Weg gebracht werden?
Zellmer: Ich bin immer ein Freund davon, ein Gesamtpaket zu verabschieden. Mir wäre es lieber, wenn eine neue Regierung im neuen Jahr ein ausgewogenes Gesamtpaket verabschiedet, als jetzt einen Schnellschuss hinzulegen.
«Ziehen im kommenden Jahr mit Škoda Epiq nach»
Autogazette: Warum können französische Hersteller E-Autos wie den Citroen e-C3 oder den Renault 5 für Preise unter bzw. um die 25.000 Euro anbieten und deutsche Hersteller nicht? Nur wegen der Faktorkosten?
Zellmer: Auch hier gibt es vielfältige Gründe: Wir ziehen im kommenden Jahr mit dem Škoda Epiq für einen Preis um die 25.000 Euro nach. Er wird 2025 vorgestellt, geht 2026 in den Verkauf. Er wird in Spanien im Verbund mit Volkswagen und Seat/Cupra gebaut. Durch die entstehenden Synergien, Skaleneffekte und aufgrund der geringeren Faktorkosten in Spanien können wir einen solchen Preis anpeilen.
Autogazette: Škoda hat im Oktober mit dem Elroq nach dem Enyaq sein zweites E-Auto präsentiert. Es weist eine Preisparität zum Karoq mit Verbrenner auf. Wie ist die Resonanz?
Zellmer: Das Fahrzeug ist sehr gut vom Markt aufgenommen worden. Die Auftragseingänge lagen Ende November bereits bei deutlich über 12.000 Einheiten, obwohl das Fahrzeug noch nicht im Handel stand. Bis Jahresende erwarten wir um die 20.000 Orders. Das zeigt, dass die Richtung stimmt.
Autogazette: Sie haben 2023 vom Škoda Enyaq weltweit 81.700 Einheiten abgesetzt. Welchen Absatz erwarten Sie vom Elroq?
Zellmer: Auf jeden Fall mehr als vom Enyaq.
«E-Mobilität mit Elroq zu neuem Schwung verhelfen»
Autogazette: Kommt dem Elroq wegen seiner Preisparität die Rolle eines Gamechangers zu?
Zellmer: Ich sehe derzeit eine große Bestätigung, dass wir mit dem Fahrzeug den Nerv der Kunden getroffen haben: Mit dem Package, dem Design, der Reichweite von bis zu 581 km und dem attraktiven Einstiegspreis auf dem Niveau des vergleichbaren Verbrennermodells erleichtern wir unseren Kunden den Umstieg in die E-Mobilität. Gleichzeitig wollen wir der E-Mobilität in Europa mit dem Elroq zu neuem Schwung verhelfen.
Autogazette: Im Vorfeld der Preisbekanntgabe hieß es, der Elroq solle unter 35.000 Euro kosten, jetzt kostet er 33.900 Euro. Mussten Sie Ihrem CFO viele Taschentücher reichen, damit er diesen Preis absegnet?
Zellmer: Wir haben es uns mit diesem Preis nicht leicht gemacht. Denn unser Anspruch bei Škoda war es schon immer, unseren Kunden ein gutes Verhältnis von Preis und Wert zu bieten – und dabei ein solides Geschäftsmodell sowie die Investitionen in unsere Zukunft abzusichern.
«Geht nicht darum, CO2-Grenzwerte in Frage zu stellen»
Autogazette: Welchen Einfluss hatte das Jahr 2025 auf die Preisgestaltung des Elroq? Beim Verfehlen der CO2-Flottengrenzwerte drohen drastische Strafen.
Zellmer: Natürlich hatte 2025 einen Einfluss. Es ist ja bekannt, welche Beträge im Raum stehen, die beim Verfehlen der CO2-Compliance pro Fahrzeug fällig werden. Entsprechend sind wir froh, mit dem Elroq ein Fahrzeug im Angebot zu haben, mit dem wir beim Volumen aufsatteln können. Aber das allein reicht nicht. Es geht darum, auf das Erreichen der CO2-Compliance hinzuarbeiten.
Autogazette: Die Branche hatte seit 2019 Zeit, sich auf die neue CO2-Gesetzgebung einzustellen. Dennoch gibt es einen Aufschrei der Entrüstung. Warum?
Zellmer: Ganz einfach: Weil sich der ursprünglich angenommene Weg in die E-Mobilität verlangsamt hat. Als man sich 2019 auf diese Werte verständigt hatte, hat man eine Voraussage getroffen, wie sich die Nachfrage nach E-Autos bis 2025 gestaltet. Doch diese prognostizierte Nachfrage ist nicht eingetreten. Es geht jetzt nicht darum, die CO2-Grenzwerte in Frage zu stellen, sondern darum, die damals angenommene Akzeptanz zu überprüfen und dem jetzigen Stand anzupassen.
«Es wird einen Kampf um jeden Kunden geben»
Autogazette: Gehen Sie in 2025 von einem Preiskampf aus, weil die Hersteller versuchen, so viele E-Autos wie möglich abzusetzen, um Strafzahlungen zu vermeiden?
Zellmer: In der zweiten Jahreshälfte wird jeder Hersteller einen Überblick haben, wo er mit dem Absatz seiner E-Autos und dem Erreichen der CO2-Flottengrenzwerte steht. Spätestens ab diesem Zeitpunkt werden alle versuchen, ihren Absatz zu erhöhen. Es wird einen Kampf um jeden Kunden geben, um die CO2-Compliance zu erreichen. Betriebswirtschaftlich sinnvoll ist das nicht.
Autogazette: Ist nicht gerade wegen der verschärften Flottengrenzwerte mit einem Push für die E-Mobilität zu rechnen?
Zellmer: Der Push wird durch die Modelle kommen, die wir bereits vor vier, fünf Jahren entschieden haben und die jetzt nach und nach kommen. In unserem Line-up sind das neben dem Enyaq Modelle wie der Elroq, Epiq, der Space- und der Kombi-BEV.
Autogazette: Müssen Sie sich vorhalten lassen, nicht die richtigen Autos im Angebot zu haben? Der Epiq wird 2025 vorgestellt, kommt aber erst 2026. Doch der Kunde verlangt jetzt nach kleineren Fahrzeugen.
Zellmer: Wir verfolgen eine Top-down-Strategie. Wir haben bei Škoda 2019 mit dem elektrischen Citigo gestartet…
Autogazette: …es war ein Auto, das sich einer hohen Nachfrage erfreute…
Zellmer: …mit dem wir aber kein Geld verdient haben. Deswegen der Wechsel in ein Segment, in dem höhere Preise erzielt werden können. Mit dem Enyaq haben wir den richtigen Weg eingeschlagen; er war im September und Oktober die Nummer eins in Deutschland. Year-to-Date liegen wir derzeit auf Platz drei. Er kommt also bei den Kunden hervorragend an und wir verdienen auch Geld damit. Dieses Modell auf kleinere Autos zu skalieren, da wird die Luft schon sehr dünn, um wirtschaftlich zu bleiben.
«Mit unserem Volumenplan brauchen wir gewissen Preispunkt»
Autogazette: Der Elroq wird derzeit auf Leasingportalen mit einem Leasingfaktor von 0,8 Prozent angeboten. Wird Ihnen da mit Blick auf die Restwerte schwindelig?
Zellmer: (lacht) Ich komme ja aus dem Schwabenland – und alles, was mit Geld und Zahlen zu tun hat, nehme ich nicht auf die leichte Schulter. Doch der Markt ist der Markt. Aber mit unserem Volumenplan brauchen wir einen gewissen Preispunkt und da schauen wir uns die Leasingraten genau an. Aber sowohl auf dem Privatkunden- als auch auf dem Flottenmarkt müssen wir ambitioniert unterwegs sein.
Autogazette: Für den Kunden ist das hervorragend…
Zellmer: …klar, beim Leasing liegt das Restwertrisiko ja auch beim Hersteller. Aber zurück zum Jahr 2025: Wenn man gegen die Nachfrage der Kunden arbeitet, führt das zu einem Preis, der möglicherweise die Restwerte beschädigt – und das nicht nur für das Jahr 2025, sondern auch für die Jahre danach.
«Lassen Kunden entscheiden, was sie kaufen wollen»
Autogazette: Immer mehr Hersteller reduzieren aus Kostengründen rund um ihre Modelle die Angebotsvielfalt. Sie bieten den Elroq indes mit drei Leistungsstufen, drei Ladeleistungen und drei Batteriegrößen an. Wurde bei Ihnen nicht über die Reduktion des Angebots diskutiert?
Zellmer: Wir haben beim Elroq unsere Variantenvielfalt im Gegensatz zu früheren Auswahlmöglichkeiten schon massiv reduziert. Aber es gibt Kunden, denen ein Einstiegsmodell wie der Elroq 50 nicht reicht, sondern die sich eine Reichweite von über 560 Kilometern wünschen. Andere setzen auf Allrad. Es gibt unterschiedliche Kundenwünsche – und die bedienen wir und schaffen uns damit mehr Absatzpotenzial.
Autogazette: Die Kernmarke VW will bis 2030 70 Prozent ihres Gesamtabsatzes mit Elektroautos bestreiten. Von Ihnen habe ich dazu mit Blick auf Škoda noch nichts gehört.
Zellmer: (lacht) Werden Sie auch nicht. Wir lassen die Kunden entscheiden, was sie kaufen wollen. Die Erfahrungen aus der Transformation haben uns gezeigt, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Wir haben ein breites Angebot vom Mild-Hybrid bis zum Plug-in-Hybrid, vom Benziner bis zum Diesel bis hin zum Elektroauto. Wir sind mit dem batterieelektrischen Antrieb sehr erfolgreich unterwegs, mit dem anderen aber auch. Der Grund dafür ist: Wir richten uns an den Bedürfnissen der Kunden aus.
«Ich würde nie sagen, alles richtig zu machen»
Autogazette: Sie lehnen eine Aussage dazu ab, wann Škoda den letzten Verbrenner baut. Sehen Sie sich angesichts der Nachfrageschwäche bei der E-Mobilität in diesem Standpunkt bestätigt? Mit Blick auf ihre Finanzperformance können Sie ja sagen, dass Sie alles richtig machen.
Zellmer: Ich würde nie sagen, alles richtig zu machen. Manager, die alles richtig machen, gehen ein zu geringes Risiko ein. Der richtige Ansatz ist aber, sich am Kunden zu orientieren – und der fragt nach wie vor Verbrenner nach. Wir könnten indes nicht derart gut performen, wenn wir nicht sehr gute Plattformen und technologische Lösungen von unserem Mutterkonzern bekämen.
Autogazette: Angesichts der Diskussion um einen Stopp des Verbrenner-Aus 2035 könnte man meinen, dass das Thema Klimaschutz in der Autoindustrie nicht angekommen ist…
Zellmer: …ganz im Gegenteil, wie Sie auch an den hohen Investitionen in die Transformation sehen können. Es werden Milliarden über Milliarden in die E-Mobilität investiert. Das zeigt, dass das Thema Klima von jedem in der Branche ernst genommen wird. Aber die Dekarbonisierung gelingt nur, wenn die Kunden auch das kaufen, was zur Dekarbonisierung führt. Deswegen funktioniert es auch nicht, dem Kunden etwas zu verordnen. Das erleben wir gerade beim Rückgang der batterie-elektrischen Fahrzeuge. Ich bekenne mich zum Klimaschutz und zur Dekarbonisierung. Wir machen unsere Hausaufgaben.
«Als Industrie müssen wir Lösungen anbieten»
Autogazette: Die Kunden sind mit Blick auf die E-Mobilität verunsichert. Sorgt die Branche durch Diskussionen wie über Technologie-Offenheit, Stopp des Verbrenner-Aus oder eFuels nicht mit für diese Verunsicherung?
Zellmer: Als Industrie müssen wir Lösungen anbieten. Sie sagen, dass die Branche es durch solche Diskussionen verhindert, mehr E-Fahrzeuge abzusetzen und mit zur Verunsicherung beiträgt. Das mag bei einigen Kunden der Fall sein. Doch die Mehrheit hat eine Kaufpräferenz. Das haben wir als Autohersteller zu antizipieren.
Autogazette: Ist eine Diskussion wie die über eFuels aufgrund der schlechten Energiebilanz dabei denn zielführend?
Zellmer: Mit Blick auf die Energiebilanz gebe ich Ihnen recht, aber man muss das differenzierter betrachten. Bei allen ambitionierten Absatzzahlen für E-Autos bis 2035 werden wir bis dahin immer noch einen Fahrzeugpark von fast 200 Millionen Verbrennern haben. Wenn alle das Thema Dekarbonisierung ernst nehmen, dann müssen wir uns heute Gedanken machen, ob es nicht Wege gibt, diese Fahrzeuge auch CO2-reduziert fahren zu lassen. Von daher frage ich mich, warum derzeit so wenig Bewegung bei Bio-Fuels und synthetischen Kraftstoffen ist. Warum ist das so? Weil es dafür keine Credits bei der CO2-Anrechnung gibt.
Autogazette: Gehören Sie auch zu den Automanagern, die einen Stopp des Verbrenner-Aus 2035 befürworten?
Zellmer: Für mich ist 2035 gesetzt. Wir brauchen ein klares Datum, an dem Neuwagen CO2-neutral sein müssen. Wir benötigen klare Rahmenbedingungen als Planungsgröße. Gleichzeitig brauchen wir eine Möglichkeit für die Dekarbonisierung von Fahrzeugen, die nicht elektrisch sind. Zugleich würde ich mir wünschen, dass wir die CO2-Compliance nicht an einem Datum festmachen, sondern hierfür einen Zeitraum festlegen.
Das Interview mit Klaus Zellmer führte Frank Mertens