Für 149 Euro von Berlin nach Ribadeo

Mit Erdgas-Octavia nach Nordspanien

Für 149 Euro von Berlin nach Ribadeo
Der Erdgas-Octavia in Bilbao © AG/Mertens

Erdgas ist effizient und spart den Geldbeutel. Für Fahrer eines solchen Autos ist das eine Binsenweisheit. Doch die Nachfrage nach CNG ist verhalten. Dabei spricht alles für Erdgas, wie eine Fahrt in einem Skoda Octavia G-TEC nach Nordspanien zeigte.

Sie haben Vorbehalte gegen Erdgas? Sie haben Angst, mit dem Auto liegen zu bleiben? Warum nur? Es gibt nichts, was gegen diesen effizienten und im Vergleich zu Benzin und Diesel umweltfreundlicheren Kraftstoff spricht.
Vor allem dann nicht, wenn man mit einem bivalenten Fahrzeug unterwegs ist. Selbst der Mehrpreis für ein Erdgasfahrzeug rechnet sich für Vielfahrer schnell. Je nach Modell kann es sich sogar bereits mit dem Kauf bezahlt machen, wie eine Studie des Energiewissenschaftlichen Instituts Köln zeigt.

Skoda Octavia G-TEC mit 1330 km Reichweite

Wir wollten deshalb wissen, wie weit man mit Erdgas kommt und haben die Reise in den Sommerurlaub von Berlin ins nordspanische Ribadeo deshalb in einem Skoda Octavia G-TEC angetreten. Er bietet eine Gesamtreichweite von 1330 Kilometern, davon 410 Kilometer mit Erdgas. Entsprechend ist es das ideale Auto für alle, die das Beste aus zwei Welten wollen und nicht Gefahr laufen wollen, wegen einer fehlenden Erdgasstation irgendwo im Niemandsland liegen zu bleiben oder sich ihre Fahrtroute von der Infrastruktur vorgeben zu lassen.

Wir haben unsere Reiseroute deshalb auch so gewählt, als wenn wir in einem reinen Benzin- oder Dieselfahrzeug unterwegs gewesen wären. Wir wollten die Route fahren, die uns attraktiv erschien. Für uns war auch ein wenig der Weg das Ziel. Das brachte uns seitens einiger Leser in den zurückliegenden Tagen den Vorwurf der Blauäugigkeit ein. Wenn man denn mit Erdgas fährt, muss man auch seine Reiseroute so wählen, dass man möglichst viele Erdgasstationen auf der Strecke hat.

Muss man das? Statt insbesondere Frankreich zu queren, hätten wir ein Wegstück durch die Schweiz wählen sollen, hieß einer der Vorschläge. Doch wir wollten nicht in die Schweiz. Wir wollten nach Nancy, von dort weiter nach Bordeaux (wir haben die Strecke über Clermont-Ferrand gewählt) und von dort über die Wanderdüne in Arcachon nach San Sebastian via Bilbao nach Ribadeo.

Verzicht mindert Attraktivität

Ankunft nach 2631 Kilometern AG/Mertens

Denn dort, wo eine Technologie mit Verzicht einhergeht, wird sie unattraktiv, zumindest für Otto-Durchschnittsverbraucher. Nirgends kann man das derzeit besser beobachten als bei der Elektromobilität. Die Nachfrage nach E-Autos ist wegen des hohen Preises und der geringen Reichweite verhalten.

Am gestrigen Samstagabend sind wir nun in Ribadeo nach 2631 Kilometer angekommen - und die Fahrdaten zeigten noch eine Restreichweite von 10 Kilometern mit Erdgas an. Gekostet hat uns die Fahrt insgesamt nur 149,04 Euro, davon haben wir genau 50 Euro (39,09 Liter) an der Station Virgen de Le Pena in Spanien für Benzin ausgegeben (der Benzin-Tank war bei der Ankunft in Ribadeo voll). Das bedeutet, dass wir 99,04 Euro für Erdgas bezahlt haben. Hinter uns liegen Erdgas-Tankstopps in Berlin (14,20 Euro), Dreigleichen (14,93 Euro), Alzey (13,20 Euro) und in St. Ingbert (6,43 Euro). In Frankreich haben wir in Dijon (17,49 Euro) getankt und danach zweimal im spanischen Zierbena in der Nähe von Bilbao (13,51 Euro/3,39 Euro). Mit Erdgas in den Tanks macht Tanken dann fast wieder Spaß.

Nochmals 3,81 kg Erdgas getankt

Tankstopp im Hafengebiet von Bilbao
Einfaches Betanken des Skoda Octavia AG/Mertens

Der aufmerksame Leser wird aufhorchen. Denn dieser Betrag liegt 3,39 Euro über dem in unserem gestrigen Bericht genannten. Das liegt einfach daran, dass wir am Abreisetag am Samstag noch einmal (wie bereits bei unserer Ankunft) einen kurzen Tankstopp an der Station in Zierbena, einem Vorort von Bilbao, eingelegt haben. Er lag schlicht auf unserer Strecke nach Ribadeo und so haben wir die Tanks noch einmal befüllt, 3,81 Kilogramm passten noch hinein. Damit konnten wir Ribadeo noch im reinen Erdgasbetrieb erreichen. Im reinen Erdgasbetrieb haben wir damit eine Strecke - obwohl wir das Erdgasentwicklungsland Frankreich durchquert haben - von 2099 Kilometern zurückgelegt.

Die mit CNG zurückgelegte Strecke hätte sogar noch etwas länger ausfallen können, doch zum einen konnten wir in Dijon und Bordeaux die zwei Erdgastanks nicht gänzlich befüllen, zum anderen war eine auf der Strecke liegende Station bereits geschlossen, als wir an ihr vorbeifuhren. Eine andere wollten wir schlicht nicht anfahren, weil es eine Verlängerung der Fahrzeit um eine Stunde bedeutet hätte.

Frau ist effizientere Fahrerin

Skoda Octavia G-Tec Bilbao neu AG/Mertens
Der Skoda Octavia verbrauchte zwischen 3,8 und 4,2 Kilo Erdgas AG/Mertens

Wäre meine Frau zudem noch häufiger als ich gefahren, hätten wir noch bessere Verbrauchswerte erzielen können: Ihr ist es dann auch zu verdanken, dass wir Ribadeo im Erdgasbetrieb erreicht haben. Im Gegensatz zu mir - der während der Fahrt auf einen Durchschnittsverbrauch von 4,2 Kilogramm kam - legte sie die fast 400 Kilometer von Bilbao nach Ribadeo mit 3,8 Kilogramm zurück. So wenig zeigte der Bordcomputer während der gesamten Fahrt nicht an. Frauen sind halt doch die besseren Fahrer.

Die hinter uns liegende Tour Berlin-Ribadeo war also eine Reise, wie man sie macht, wenn man sich nicht irgendwelche Beschränkungen auferlegen will. Mindert das den Sinn dieser Erdgastour? Nein, ganz im Gegenteil. Es belegt vielmehr, dass moderne bivalente Erdgas-Fahrzeuge attraktiv sind - und sie Vorbehalte gegen diesen Kraftstoff entkräften.

Kostenersparnis von 112 Euro

Skoda Octavia G-Tec Bilbao neu AG/Mertens
Signifikante Kostenersparnis AG/Mertens

Vor allem mit Blick auf die Kosten: Wir haben in der Kombination aus Erdgas und Benzin für diese Gesamtstrecke 149,04 Euro bezahlt. Wären wir ausschließlich mit Benzin unterwegs gewesen und würden dabei einen Durchschnittsverbrauch von 6,8 Litern bei einem Literpreis von 1,46 Euro für einen Liter Super E10 veranschlagen, wären wir auf 261,20 Euro gekommen. Durch die Kombi aus Erdgas uns Benzin kommen wir so auf eine Ersparnis von immerhin fast 112,16 Euro.

Und wenn man sich vor Augen führt, dass man in Deutschland mit seinen 950 Tankstellen mehr oder minder flächendeckend Erdgas tanken kann, sollten sich alle die den Kauf eines Erdgasautos überlegen, die vor der Anschaffung eines Neu- oder Gebrauchtwagens stehen. Die Kostenersparnis und Effizienz sprechen eine klare Sprache.

Erdgas-Octavia mit 3100 Euro Aufpreis

Und der Skoda Octavia, mit dem wir diese lange Tour hinter uns gebracht haben, war dabei ein sehr verlässlicher Begleiter. Der Kombi bot nicht nur ausreichend viel Platz im Kofferraum (480 Liter), sondern auch im Innenraum, sodass unser Sohn auch ohne Nörgeln recht kommod diese lange Fahrt hinter sich brachte. Mit seinem 110 PS starken Vierzylindermotor bot er zudem ausreichend gute Fahrleistungen, um sich gut motorisiert aufgehoben zu fühlen. Da unser Testwagen zudem mit dem ACC, der Adaptive Cruise Control, ausgestattet ist, hat er den Fahrer merklich während dieser langen Fahrt entlastet. Einmal kurz die Geschwindigkeit gesetzt, schon übernahm das Assistenzsystem Bremsen und Beschleunigen. Der Fahrer musste nur noch lenken und konnte sich auf dieses teilautonome System verlassen.

Doch warum bei allen Vorteilen, die auch diese Fahrt zeigte, die Verkäufe von Erdgas nicht nach oben schnellen, bleibt den Herstellern ein Rätsel. Der zu hohe Preis kann es eigentlich nicht sein. Unser Erdgas-Octavia kostet zwar einen Mehrpreis von 3100 Euro im Vergleich zu einem ähnlich ausgestatteten Benzin-Modell, doch der amortisiert sich. Je nach Fahrleistung etwas schneller oder halt etwas später. Es gibt also nichts, was gegen Erdgas spricht. Vor allem auch deshalb nicht, weil die steuerliche Förderung aller Voraussicht über das Jahr 2018 hinaus verlängert wird. (AG/FM)

Anmerkung d. Red: Der Endpreis hat sich zu der vorherigen Fassung wegen eines Rechenfehlers erhöht. Wir bitten dies zu entschuldigen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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