Skoda ist in Deutschland der erfolgreichste Importeur. Im Interview mit der Autogazette spricht Deutschland-Chef Frank Jürgens über die E-Mobilität und den Erfolg der Marke.
Skoda erlebt einen wahren Boom nach dem Skoda Enyaq iV. Für das erste Elektroauto des tschechischen Autobauers auf Basis des modularen Elektrifizierungsbaukastens (MEB) liegen bis Mitte Juni bereits mehr als 10.000 Kundenbestellungen vor.
«Allein im Mai gab es fast 3000 Kundenbestellungen. Darauf sind wir stolz, aber auch dankbar. Es zeigt, dass man uns als Marke beim Thema E-Mobilität sehr stark vertraut», sagte Jürgens im Interview mit der Autogazette. Das Modell würde nicht nur dem Unternehmen viel Freude bereiten, sondern vor allem den Kunden, so der Manager.
«Jeder kann die Welt ein Stück weit ökologischer machen»
Autogazette: Herr Jürgens, Skoda war 2021 zum zweiten Mal auf dem Greentech-Festival vertreten. Was macht dieses Festival für Sie als Autobauer so interessant, der gerade erst die E-Mobilität für sich entdeckt hat?
Frank Jürgens: Ich finde es interessant, dass es keine reine Automesse ist. Auf dem Greentech-Festival sieht man das Thema Nachhaltigkeit in seiner ganzen gesellschaftlichen Relevanz. Egal ob es die Lebensmittelindustrie, die Autoindustrie, eine andere Industrie oder ein einzelner Ideengeber ist: jeder kann die Welt ein Stück weit ökologischer machen.
Autogazette: Wie war denn die Resonanz auf Ihre Botschaften?
Jürgens: Wir schätzen das persönliche Gespräch auf der Messe, aber es geht uns auch um den Austausch über die digitalen Kommunikationskanäle zu nachhaltigen Mobilitätsthemen. Das Interesse hierfür ist riesig, resultiert in vielen Detailfragen rund um das Thema E-Mobilität und führt im Gesamtmarkt betrachtet aktuell dazu, dass jedes fünfte neu zugelassene Fahrzeug in Deutschland elektrifiziert ist. Hier auf der Messe in Berlin war es wegen der Corona-Pandemie richtig, dass der Zutritt aus Sicherheitsgründen zahlenmäßig begrenzt wurde. Die Veranstalter haben dies innerhalb eines klaren Hygienekonzepts sehr gut umgesetzt. Dies ist ein deutliches und gelungenes Zeichen, dass Veranstaltungen wieder funktionieren können. Das freut mich sehr.
«Sportline-Varianten haben immer einen hohen Anteil»
Autogazette: Sie stellen auf Ihrem Stand den neuen Skoda Enyaq Sportline iV vor. Braucht es bei der E-Mobilität eigentlich ein besonders sportliches Modell oder geht es nicht vor allem um Effizienz?
Jürgens: Es geht um Beides. Mit dem Skoda Enyaq Sportline iV zeigen wir ein dynamisch designtes Elektroauto, das mit seinem serienmäßigen Sportfahrwerk eine hohe Fahrdynamik erzielt und gleichzeitig absolut nachhaltig ist und dabei für viel Freude sorgt.
Autogazette: Schließen sich Sportlichkeit und Nachhaltigkeit nicht eigentlich aus?
Jürgens: Keinesfalls. Früher gab es zum Teil sehr nüchterne E-Autos, die nur wenige Käufer begeistert haben. Das hat dazu geführt, dass die Menschen lieber einen Verbrenner gefahren sind. Jetzt haben wir Gott sei Dank gut designte Elektroautos, die auch mal große Räder haben. Das steigert die Attraktivität für viele Kunden.
Autogazette: Auf welchen Anteil soll die Sportline-Variante beim Enyaq iV kommen?
Jürgens: Die Sportline-Varianten haben bei uns bekanntlich immer einen hohen Anteil zwischen 20 und 30 Prozent. Das liegt auch daran, dass die Kunden gepaart mit einer tollen Optik auch noch einen deutlichen Preisvorteil bekommen. Der Enyaq Sportline iV beginnt bei einem Preis von 43.500 Euro, sodass er auch als Dienstwagen interessant ist.
Autogazette: Und welchen Anteil erwarten Sie vom iV 80?
Jürgens: Wir gehen von einem Anteil von 80 bis 85 Prozent aus. In Deutschland spielt das Thema Reichweite auch aufgrund der Größe des Landes eine erhöhte Rolle. Das erklärt die Tendenz bei den Bestellungen zu den größeren Batterien.
«Einen solchen Sprint bei den Bestelleingängen hatten wir noch nie»
Autogazette: Wie viele Enyaq iV haben sie bis Mitte Juni denn schon abgesetzt?
Jürgens: Wir sind bereits bei über 10.000 Kunden-Bestellungen in Deutschland. Dabei war erst im April die Markteinführung. Allein im Mai gab es fast 3000 Kundenbestellungen. Darauf sind wir stolz, aber auch dankbar. Es zeigt, dass man uns als Marke beim Thema E-Mobilität sehr stark vertraut.
Autogazette: Bevor das Auto überhaupt bei den Händlern stand, hatten sie bereits 5000 Bestellungen. Gab es eine derart hohe Zahl vor der Einführung eines Skoda-Modells schon mal?
Jürgens: Das ist von der Nachfrage her vergleichbar mit der Weltpremiere des Kodiaq vor ein paar Jahren. Aber einen solchen Sprint bei den Bestelleingängen direkt nach der Markt-Einführung hatten wir noch nie.
Autogazette: Wird das insbesondere von der Kaufprämie getrieben?
Jürgens: Auch, aber es ist eher ein Mix aus drei Dingen: Kaufprämie, Dienstwagen-Besteuerung und dem Wunsch, ein elektrisches Auto von einer Marke zu fahren, der man vertraut. Die Kunden kommen mittlerweile bewusst in die Autohäuser und sagen, dass sie ein Elektroauto haben wollen.
Autogazette: Ist die E-Mobilität bereits in der Breite bei Ihren Händlern angekommen?
Jürgens: Natürlich gab es am Anfang auch die eine oder andere Nachfrage, doch spätestens mit dem so schnellen Markterfolg des Enyaq iV hat jeder gemerkt, dass die Zukunft von Skoda auch elektrisch ist. Der Markterfolg des Enyaq iV hat dann auch direkt positive Auswirkungen auf das Ergebnis des Handelspartners. Das motiviert natürlich zusätzlich.
«Das Modell macht uns und den Kunden viel Freude»
Autogazette: Sie haben bisher 10.000 Enyaq iV abgesetzt. Wie viele werden es denn am Ende des Jahres sein?
Jürgens: (lacht) Mehr, deutlich mehr. Das Modell macht uns und den Kunden viel Freude.
Autogazette: Sie sprechen ja immer mit Blick auf den Enyaq iV von einem Volumenmodell, also geht es in Richtung 25.000 Einheiten?
Jürgens: Von dieser Richtung ist auszugehen, wobei wir natürlich immer auch von der Produktion und den Lieferketten hierzu abhängig sind. Doch jeder Kunde kann sicher sein, dass er einen Enyaq iV bekommt, wenn er einen bestellt hat. Doch auch wir können nicht absehen, wie sich die Halbleiter-Problematik entwickelt, die auch uns vor Herausforderungen stellt. Meiner Meinung hat der Enyaq iV das Zeug, nach dem Octavia unser wichtigstes Modell zu werden.
Autogazette: Auf welchen Anteil sollen denn die Stecker-Fahrzeuge – also Elektroautos und Plug-in-Hybride – in diesem Jahr kommen.
Jürgens: Wir gehen zumindest von einer Verdreifachung unseres Vorjahresabsatzes aus. In 2020 konnten wir rund 10.000 elektrifizierte Fahrzeuge absetzen.
«Dieses Plus ist mit Vorsicht zu genießen»
Autogazette: Was für ein Split zwischen reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden ist zu erwarten?
Jürgens: Tendenziell ist davon auszugehen, dass wir aktuell noch etwas mehr Plug-in-Hybride haben werden. Das wird sich mit zusätzlichen Modellen jedoch schnell ändern. Skoda rechnet in Europa bereits im Jahr 2030 mit 50 bis 70 Prozent Verkaufsanteil von reinen batterieelektrischen Fahrzeugen.
Autogazette: Sie haben im Mai einen Zuwachs von über 56 Prozent bei 15.269 Neuzulassungen erzielt. Ist auf dem Automarkt nach der Corona-Pandemie wieder Normalität eingetreten?
Jürgens: Dieses Plus ist mit etwas Vorsicht zu sehen, denn eigentlich müsste man es mit 2019 und nicht 2020 vergleichen, dem Jahr, als der Markt stark unter Corona zu leiden hatte. Im Vergleich zu 2019 bewegen wir uns im deutschen Automarkt nach wie vor in roten Zahlen. Doch ich sehe durchaus eine Normalisierung am Markt. Die Nachfrage ist da, doch nun gibt es die Halbleiterproblematik zu bewältigen.
Autogazette: Das Corona-Jahr 2020 hatten sie mit 181.000 Neuzulassungen beendet, was einem Rückgang von 13 Prozent gegenüber 2019 entsprach. Wo glauben Sie dieses Jahr zu landen?
Jürgens: Sie wissen ja, dass wir keine Ziel-Zahlen ausgeben. Doch unsere Performance stimmt, wie unser Marktanteil zeigt. Im Mai lag er isoliert bei 6,6 Prozent. Allein in diesem Jahr haben wir wieder 0,3 Prozentpunkte Marktanteil gewonnen und stehen damit aktuell bereits auf Platz Fünf im Markenranking. Weiterhin gilt: kein Volumen um jeden Preis. Das hilft der Rendite, den Restwerten und damit auch unseren Kunden.
Das Interview mit Frank Jürgens führte Frank Mertens