Jahrelang bescherte Seat dem Volkswagen-Konzern rote Zahlen. Doch während jetzt die Kernmarke schwächelt, blüht die Tochter aus Spanien auf und blickt hoffnungsvoll auf die kommenden Jahre – besonders die deutsche Filiale.
Von Thomas Flehmer
Das hätte sich vor drei, vier Jahren kaum einer vorstellen können. Seat, die spanische Tochter im Volkswagen-Konzern, blieb als eine der Unternehmensmarken ständig im roten Bereich. Noch 2015 standen zum Jahresabschluss sieben Millionen Euro Verlust und die ständige Hoffnung auf bessere Zeiten, die allerdings durch den Dieselskandal eher trüb aussahen.
Im Meer der roten Zahlen hielt sich dabei der Ableger in Deutschland überm Strich auf und minderte ein wenig die Verluste. „Deutschland ist der größte Markt für Seat“, sagt Bernhard Bauer, Chef von Seat Deutschland, im Gespräch mit der Autogazette, „und wir sind auf einem guten Weg“, um den Abschied vom Sorgenkind-Image zu vollziehen.
Diesel-Umrüstung in den Alltag integriert
So berührte und berührt die spanische Tochter der Abgas-Skandal so gut wie gar nicht, was Bauer nicht nur eine Sorgenfalte ersparte. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir die umzurüstenden Modelle so gut in den Alltag integrieren konnten. Wir haben nur noch wenige Fahrzeuge zur Umrüstung und bisher keine Klagen erhalten, dass die Maßnahmen zu Problemen führen.“ Auch das gesamte Unternehmen ging unbeschadet aus dem Skandal und verbuchte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 143 Millionen Euro - das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte.
Und das mit kräftiger Unterstützung aus Deutschland – auch dank der größten Produktoffensive des Unternehmens. Nach dem Ateca und dem Leon im letzten Jahr sowie dem Ibiza und dem im Herbst folgenden kleinen SUV Arona in 2017 folgt 2018 noch ein großes SUV. „Mit der SUV-Offensive bieten wir erstmals Modelle im trendigen Segment an, mit den neuen Leon und Ibiza verteidigen wir bestehende Säulen“, so Bauer weiter.
Seat Ibiza Vorreiter im Volkswagen-Konzern
Dass die Marke auch im Ranking des VW-Konzerns gestiegen ist, beweist die Tatsache, dass der ab dem 10. Juni auf dem Markt kommende Ibiza bereits vor dem Platzhirschen VW Polo auf der neuen Plattform A0 des Modularen Querbaukastens (MQB) produziert wird.
Trotz der Freude über die Wertschätzung hält Bauer den Begriff „Vorzeigemarke“ für zu hoch gegriffen. „Wir sind sicher auf einem guten Weg, müssen aber noch unsere Hausaufgaben machen und dürfen dabei nicht arrogant werden.“ Denn trotz der Geschwindigkeit, mit der Seat in Deutschland Erfolge verbucht, übt sich Bauer in Zurückhaltung. „Das Hinkommen in die Top Four ist eine Sache, sich dort zu etablieren die andere Sache. Und dann weiter zu wachsen der nächste Schritt.“
Zwei VW-Töchter an der Spitze der Importeure
Denn das Wachstum – vor allem das gesunde – wird nicht halt machen und schraubt die Ziele nach oben. „Seat ist kein negatives Überraschungspaket“, sagt Bauer und will damit auch ein gewisses Billig-Image verscheuchen, „die Leute glauben, dass wir nur billige Autos verkaufen. Das machen wir zwar auch, aber beim neuen Leon und Ateca wählten rund 80 Prozent die drei höchsten Ausstattungsvarianten“, die der Marke natürlich auch mehr Gewinn einbrachten.
Und einen Marktanteil von 2,8 Prozent auf dem deutschen Markt. Damit liegt Seat bei den Importeuren hinter dem mit 5,6 Prozent und großem Abstand führenden Spitzenreiter Skoda, Renault mit 3,4 Prozent und Hyundai mit 2,9 Prozent auf dem vierten Platz im Importeursranking nach den ersten vier Monaten des Jahres. In einzelnen Monaten befand sich die spanische Marke auch schon auf dem Podium.
Und dort soll sich Seat auf Dauer einnisten. „Wir wollen in den kommenden drei, vier Jahren deutlich über vier Prozent erzielen“, sagt Bauer, „und wenn ich auf die Produktplanung schaue, glaube ich, dass beide Konzernmarken in Zukunft zu den beiden führenden Importeuren gehören werden.“ Laut lachend und mit mehr als nur einem Augenzwinkern schiebt der Geschäftsführer hinterher: „Fragen Sie mich aber nicht, wer auf dem ersten und wer auf dem zweiten Platz liegen wird." Und auch das hätte sich vor drei, vier Jahren auch noch keiner vorstellen können.