Bei Seat Deutschland steigt die Erfolgskurve seit einigen Jahren kontinuierlich nach oben. Geschäftsführer Bernhard Bauer zeigt sich entsprechend selbstbewusst.
Von Thomas Flehmer
„Die Stimmung ist gut.“ - Nicht überall kann man in diesen Tagen solche Aussagen hören oder lesen. Doch bei Seat Deutschland ist sie real greifbar. „Wir erzielen seit einigen Jahren ein zweistelliges Wachstum und werden in diesem Jahr in den Club der 100.000 aufsteigen“, sagt Bernhard Bauer im Gespräch mit der Autogazette.
Der Geschäftsführer von Seat Deutschland meint damit den exklusiven Kreis der Autohersteller, die mindestens 100.000 Fahrzeuge im Jahr in Deutschland absetzen. Und gerade 2017 gestaltet die spanische VW-Tochter sehr dynamisch. „Wir sind in diesem Jahr um 74 Prozent im Privatkundenbereich gewachsen und um 30 Prozent bei den Flottenkunden.“
Gesundes Wachstum vorrangig
Dabei betont der Automanager, dass das Wachstum sehr gesund verlaufen ist. „Wir liegen bei den Eigenzulassungen im hinteren Bereich“, so Bauer weiter. Mit einem Marktanteil in Deutschland von rund 3,3 Prozent liegt Seat hinter der derzeit noch unerreichbar scheinenden VW-Schwester Skoda, die über fünf Prozent Marktanteil aufweist. Dafür ist man aber auf Augenhöhe mit Renault und Hyundai, die sich in monatlichen Wechsel die restlichen beiden Podiumsplätze teilen.
Doch Bauer reicht das noch nicht. Vor fünf Monaten hatte der Geschäftsführer im Gespräch mit der Autogazette schon mal zwischen vier bis viereinhalb Prozent Marktanteil ins Gespräch gebracht, nun geht er noch einen Schritt weiter. „Die Hausnummer geht in Richtung fünf Prozent. Seat hat das Potenzial, die Nummer eins unter den Importeuren zu werden.“
Seat Ibiza meist genannte Produkt im Automobilbereich
Dabei will Bauer die Ziele nicht allein auf das Volumen reduzieren, sondern denkt auch an die Spitzenpositionen beim Wachstum, bei den Eroberungen, der Zugänglichkeit und den Investoren. „Wir sind jetzt schon im Marketingbereich ganz vorn dabei. Der Ibiza ist das meist genannte Produkt im Automobilbereich.“
Und gerade beim Kleinwagen Ibiza macht sich bemerkbar, dass weiterhin Luft nach oben ist. Während bei den meisten Herstellern die Marke, aber nicht das Produkt bekannt ist, ist es bei Seat anders herum. „Man kennt den Ibiza, aber ordnet es nicht Seat zu“, sagt Bauer, „wir müssen den Markenwert deshalb weiter steigern.“
Seats Musiksponsoring passt zur Kundengruppe
Gelingen soll das auch durch die Offensive, die seit letztem Jahr läuft. Mit den neuen Modellen Leon, Ibiza, Ateca und ab dem 4. November mit dem kleinen SUV Arona sind 74 Prozent des Marktangebots abgedeckt – ein großes SUV folgt im kommenden Jahr.
Da die Kundschaft im Durchschnitt zehn Jahre jünger ist als bei anderen Herstellern, erscheint es auch nicht ungewöhnlich, die potenziellen Kunden nach einem Namen für das neue Gefährt zu suchen. Über 133.000 Namensvorschläge aus 106 Ländern trudelten ein. Und auch sonst setzt Seat auf die juvenile Kundschaft und engagiert sich deshalb vor allem bei Musikthemen wie „Sing my Song“ oder „Voice of Germany“ im Fernsehen oder als Sponsor von Musikevents wie früher „Rock am Ring“ und aktuell das legendäre Lollapaloosa-Festival.
Erdgasantrieb zieht an
Aber auch bei der Erdgas-Offensive des Volkswagenkonzerns machen die Spanier voll mit und hoffen aufgrund der Diskussionen um Diesel, CO2 und Stickstoff einen Weg gefunden zu haben. „Mit dem Mii, Ibiza, Leon ST und Leon Fünftürer sowie dem Arona ab dem kommenden Jahr haben wir Erdgas bei fünf Baureihen im Programm“, sagt Bauer. Das Interesse, das allerdings im kleinen einstelligen Bereich angesiedelt ist, hat den Geschäftsführer aber überrascht. „Wir haben in vier Wochen nach dem Einsetzen der Umweltprämie doppelt so viele Erdgasfahrzeuge verkauft wie im gesamten letzten Jahr.“
2000 Euro steuert Seat beim Kauf eines Erdgas-Fahrzeugs zu - „egal, ob das alte Auto verschrottet wurde oder nicht. Das ist ein rationaler Aspekt innerhalb dieser irrationalen Dieseldiskussion“, so Bauer. Als Ziel werden fünf Prozent Erdgasfahrzeuge beim Gesamtabsatz angepeilt.
Katalonien-Konflikt nicht förderlich
Mit dem Erdgas-Antrieb will Seat trotz der Dieseldiskussion weiterhin gute Stimmung erzeugen - und auch der Katalonien-Konflikt berührt den deutschen Ableger kaum. „Wir empfinden uns als europäische Marke und als eine der stärksten Marken in Europa. Zudem sind unsere über 40 Werke weltweit über den Globus verteilt. Somit haben wir als deutsche Filiale zu dem Konflikt wenig beizusteuern“, sagt Bauer, „aber natürlich ist der Konflikt nicht förderlich. Ich hoffe und wünsche mir, dass sich die Sachlage beruhigt.“
Ebenso wenig förderlich liest Bauer Berichte, in den die Vertragszusagen an die deutschen Händler angezweifelt werden, die Bauer auf der Händlertagung in Leipzig am vergangenen Montag ungefragt zusagte. „Es gibt überhaupt keine Pläne, die unbefristeten Verträge zu kündigen. Das Geschäftsmodell ist gut und die Händler verdienen überproportional gut.“ Eine Kündigung würde den eingeschlagenen Erfolgsweg wohl eher gefährden und damit auch die gute Stimmung.