Cupra hat sich für den spanischen Autobauer Seat zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Warum es für die Marke so gut läuft, darüber sprachen wir mit Deutschlandchef Bernhard Bauer.
Die Marke Cupra sorgte im vergangenen Jahr für mehr als die Hälfte der Neuzulassungen des spanischen Autobauers Seat auf dem deutschen Markt. Die Erfolgsgeschichte von Cupra setzt sich unverändert fort.
Warum Cupra derart stark performt, würde ziemlich gut mit dem Begriff Zeitgeist umschrieben, sagte Deutschlandchef Bernhard Bauer im Interview mit der Autogazette. «Cupra ist die Marke für diejenigen, die nicht die Marke ihrer Eltern fahren wollen», so der Manager.
Kunden wollen nicht das Gewöhnliche
Bauer, der Cupra vor über einem Jahr mal als «geile Marke» bezeichnet hat, mag an ihr das Rebellische. Es sei genau das, was auch die Kundinnen und Kunden von Cupra anspreche.
«Sie suchen das Rebellische, das Herausfordernde. Sie wollen Dinge anders machen, anders sehen. Sie wollen nicht das Gewöhnliche, deshalb entscheiden sie sich für eines unserer Modelle», so der Deutschlandchef.
«Haben offensichtlich einiges richtig gemacht»
Autogazette: Herr Bauer, im Vorjahr konnten Sie mit Seat und Cupra den Absatz um 18,8 Prozent auf 123.624 Neuzulassungen steigern. Davon entfielen allein 54,4 Prozent auf Cupra. Warum kommen die Modelle hierzulande so gut an?
Bernhard Bauer: Im zurückliegenden Jahr hatten wir für beide Marken deutliche Steigerungen zu verzeichnen. Dieser Trend setzt sich erfreulicherweise fort: Im Juni kommen wir auf ein Plus von 42 Prozent bei den Neuzulassungen. Wir haben in den zurückliegenden Jahren offensichtlich einiges richtig gemacht. Mit Blick auf Cupra beschreibt der Begriff Zeitgeist ziemlich gut unseren Erfolg. Cupra ist die Marke für diejenigen, die nicht die Marke ihrer Eltern fahren wollen.
Autogazette: Das Design spielt beim Autokauf eine wichtige Rolle. Spielt das auch bei Cupra die entscheidende Rolle?
Bauer: Ja, aber nicht nur. Natürlich bieten wir unseren Kunden ein ansprechendes Design, daneben aber auch jede Menge Fahrspaß. Mit einem Cupra können sie zeigen, dass sie anders sein wollen. Und das zelebrieren wir auch in der Ansprache.
«Haben früh auf eine Musikstrategie gesetzt»
Autogazette: Sie haben vor über einem Jahr Cupra mal als geile Marke bezeichnet. Was lässt Sie so sehr ins Schwärmen geraten?
Bauer: Es ist das Rebellische der Marke. Wir sprechen Kunden an, die darauf Bock haben. Sie suchen das Rebellische, das Herausfordernde. Sie wollen Dinge anders machen, anders sehen. Sie wollen nicht das Gewöhnliche, deshalb entscheiden sie sich für eines unserer Modelle. Dass es uns gelungen ist, eine Marke wie Cupra in einem Konzern mit einem derart vielfältigen Angebot auf die Beine zu stellen, ist bemerkenswert.
Autogazette: Welche Rolle spielt die Muttermarke Seat für den Erfolg von Cupra?
Bauer: Ich bin im Oktober nun zehn Jahre im Unternehmen. Wir haben uns in den zurückliegenden Jahren nicht nur mit Cupra gut entwickelt, sondern auch mit Seat. Seat gehörte jeher zu den Marken mit der jüngsten Altersstruktur im Konzern. Das bildete einen wichtigen Sockel für eine neue Marke wie Cupra. Die Altersstruktur hat auch immer etwas mit den Preisen der Modelle zu tun – und hier brachte ein Auto wie der Seat Ibiza junge Kunden zur Marke.
Autogazette: Zur Ansprache der Zielgruppe setzten Sie früh auf Musik…
Bauer: …ja, wir haben früh auf eine Musikstrategie gesetzt. Unser Engagement bei „Sing my Song” und „The Voice of Germany“ fing bereits mit Seat an. Damit haben wir uns gute Voraussetzungen geschaffen, die Marke Cupra zu positionieren, mussten uns nicht mit einer komplett neuen Strategie den Kopf verrenken. Das ist die Basis dafür, eine jugendliche Marke zu sein.
«Dieser Spaß geht durch den gesamten Konzern»
Autogazette: Als Sie zur Marke kamen, gab es Cupra noch nicht als eigenständige Marke, sondern nur als Ausstattungsvariante in der Modellbezeichnung für besonders sportliche Modelle…
Bauer: …ja, das stimmt. Zu jener Zeit hatten wir mit einem Modell wie dem Seat Leon Cupra ziemlich schnell einen Marktanteil von zehn Prozent. Als dann Luca de Meo und auch Wayne Griffiths an Bord kamen, nahm die Sache so richtig Fahrt auf: Auf einmal hatten wir drei Modelle mit einem Cupra Logo im Angebot. Darunter der Ateca mit 300 PS, der auf einen Anteil von 30 Prozent kam. Und dann hat der Vorstand die mutige Entscheidung getroffen, Cupra als eigenständige Marke zu gründen; dann kam ziemlich schnell der Formentor.
Autogazette: Der sich in Deutschland zu einem wahren Erfolgsmodell entwickelt hat…
Bauer: Absolut. In diesen Wochen haben wir gerade den 100.000 Cupra Formentor verkauft. Wenn man sich in einem solchen Fahrwasser befindet, macht das natürlich viel Spaß. Und dieser Spaß geht durch den ganzen Konzern: das reicht vom Sachbearbeiter bis zum Vorstand. Jeder will die Marke zum Erfolg bringen. Nicht zu vergessen, natürlich unsere Vertriebsorganisation: Unsere Händler ziehen da super mit, investieren in den Auftritt der Marke und sind stolz darauf.
«Wir suchen unsere Eier nah am Hühnerstall»
Autogazette: Sie haben die jugendliche Zielgruppe angesprochen, die Sie mit ihren Marketingmaßnahmen wie bei “The Voice of Germany“ erreichen wollen. Ist das wirklich die Zielgruppe, die sich einen höherpreisigen Cupra leisten kann?
Bauer: Das eine ist die Markenpositionierung, das andere das Erreichen der Zielgruppe. Und wir suchen unsere Eier schon nah am Hühnerstall. Jeder von uns hat eine emotionale Beziehung zur Musik und damit bleiben wir uns mit diesem Engagement treu. Während wir bei Seat mehr auf Hip-Hop gesetzt haben, ist es bei Cupra EDM, die elektronische Dance-Musik. Dass wir mit dieser Strategie nicht falsch liegen, beweist unser Absatz. Aber es stimmt: die Cupra Modelle sind teurer als die von Seat, entsprechend sind auch die Cupra-Kunden etwas älter.
Autogazette: Das heißt was?
Bauer: Der Seat-Kunde ist so um die 42/43 Jahre alt, der Cupra-Kunde ist gut zwei drei Jahre älter. Aber man sollte nicht so sehr die Altersstruktur im Blick haben. Wie sagt man heute doch so passend: 60 ist das neue 30. Es geht darum, Lebensfreude zu vermitteln – und Seat und Cupra sind beide südeuropäische Marken aus Barcelona. Einer Stadt mit viel Sonne und Lebensfreude. Barcelona hat sich seit Olympia 1992 dynamisch entwickelt – so wie Cupra.
«Ich liebe es zu sehen, wie beide Marken wachsen»
Autogazette: Sie haben Ihre Händler angesprochen. Die profitieren aber nach wie vor von Seat und Cupra?
Bauer: Während der Halbleiterkrise im zurückliegenden Jahr haben wir insbesondere die höherpreisigen Cupra-Modelle produziert. Mittlerweile werden aber auch wieder die Modelle von Seat normal gebaut. In diesem Jahr tragen uns auch wieder der Ibiza, Ateca aber auch der Arona. Wir verfügen mit beiden Marken über ein sehr breites Portfolio. Wir können den Kunden vom Kleinwagen Seat Ibiza bis hin zum Cupra Tavascan ein großes Angebot bieten. Ich liebe es zu sehen, wie beide Marken wachsen. Vor allem deshalb, weil einige die Marke Seat schon für tot erklärt haben. Wir kommen bei den Absatzzahlen auf ein Verhältnis von 54:46 Prozent.
Autogazette: Dann lassen Sie uns über den Absatz sprechen. Zum Halbjahr liegen Sie bei rund 83.500 Neuzulassungen, ein Plus von 38 Prozent. Mit welchem Wachstum rechnen Sie 2024?
Bauer: Sie wissen doch, dass wir zu reinen Absatzerwartungen nichts sagen. Doch eines ist klar: es wird wieder ein neues Rekordjahr für uns werden. Beim Marktanteil liegen wir nach sechs Monaten bei 5,7 Prozent. Wir sind auf dem Weg, alle Rekorde zu brechen.
«Welche Nachfrageschwäche?»
Autogazette: Mit dem Cupra Tavascan bringen sie nach dem Cupra Born das zweite E-Auto auf den Markt. Was bedeutet die momentane Nachfrageschwäche nach E-Autos für die Markteinführung?
Bauer: Welche Nachfrageschwäche? Die gibt es bei uns nicht. In den zurückliegenden Monaten war der Cupra Born bei uns im Agenturgeschäft das am meist nachgefragte Modell.
Autogazette: Dass die E-Mobilität in einer Krise steckt, können Sie also nicht unterstreichen?
Bauer: Ich spreche nicht für den Gesamtmarkt, sondern für unsere Marken: Und der Cupra Born bereitet mir viel Freude.
Autogazette: Im Vorjahr haben Sie 17.400 Cupra Born abgesetzt. Ist das denn als Erfolg zu werten?
Bauer: Damit entsprach er unseren Erwartungen. Aber klar: Durch den Wegfall der Kaufprämie herrscht bei den Kunden eine gewisse Verunsicherung. Doch wir haben auf diesen Wegfall schnell reagiert.
«Ich selbst fahre einen Cupra Born»
Autogazette: Damit zielen Sie auch auf eine attraktive Leasingrate ab?
Bauer: Ja, wir haben ein gutes Produkt und danach besteht aufgrund einer ordentlichen Leasingrate ab 269 Euro eine gute Nachfrage. Von Krise kann bei der E-Mobilität bei uns keine Rede sein. Ich selbst fahre einen Cupra Born und kann sagen, dass er im Alltag ohne Probleme funktioniert.
Autogazette: Worauf führen Sie die allgemeine Nachfrageschwäche zurück, nur auf die gestrichene Kaufprämie?
Bauer: Ich denke, dass es vor allem auf der abrupten Streichung der Kaufprämie beruht. Aber das ändert nichts daran, dass die Richtung Elektromobilität steht. Wir haben den Cupra Born, bringen den Cupra Tavascan und stellen noch in diesem Jahr den Cupra Terramar als Plug-in-Hybrid und auch Verbrenner vor.
Autogazette: Vom Tavascan und Born wird es auch eine sportliche VZ-Variante geben. Welche Rolle spielt sie unter Absatzgesichtspunkten?
Bauer: Ja, das ist richtig. Mit dem Cupra Born VZ haben wir das nächste coole Auto. Ich liebe dieses Auto. Es ist nicht nur von der Leistung mit 326 PS eine Rakete, sondern macht auch von der Software und der Bedienbarkeit den nächsten Entwicklungs-Schritt. Ich traue dem Cupra Born VZ zu, dass er auf einen Anteil von bis zu 20 Prozent kommen kann.
«Cupra Tavascan ist im Grunde ein europäisches Projekt»
Autogazette: Was bedeuten die beschlossenen Strafzölle der EU für den Cupra Tavascan, der auch in China gebaut wird?
Bauer: Als Teil des Volkswagen Konzerns steht die Seat S.A. für eine offene und regelbasierte Handelspolitik. Freier und fairer Handel sowie offene Märkte sind die Basis für Wohlstand, Beschäftigung und nachhaltiges Wachstum auf der ganzen Welt. Ausgleichszölle sind generell nicht geeignet, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie langfristig zu stärken – die Seat S.A. lehnt sie ab.
Der Zeitpunkt der Entscheidung der EU-Kommission ist angesichts der derzeit schwachen Nachfrage nach vollelektrischen Fahrzeugen in Europa ungünstig. Die negativen Auswirkungen dieser Entscheidung überwiegen im Vergleich zu den möglichen Vorteilen für die europäische Automobilindustrie. Europa braucht ein regulatorisches Umfeld, das die Automobilindustrie bei der Transformation hin zur Elektromobilität und Klimaneutralität stärkt.
Autogazette: Und wie sind nun die Auswirkungen für den Tavascan?
Bauer: Unser Hersteller, die Seat S.A., arbeitet aktiv mit dem Volkswagen Konzern zusammen, um die möglichen Auswirkungen dieses vorläufigen Beschlusses für den Cupra Tavascan zu minimieren. Wir werden alles dafür tun, um zu verhindern, dass sich diese zusätzlichen Abgaben auf den Preis des Cupra Tavascan auswirken, denn das ist Teil unserer Verpflichtung gegenüber unseren Kundinnen und Kunden und Partnern. Als erster Beweis dafür wird der Preis des Fahrzeugs im Jahr 2024 unverändert bleiben.
Wir analysieren weiterhin die verschiedenen Szenarien. Gemeinsam mit dem Volkswagen Konzern ergreifen wir alle verfügbaren Maßnahmen und werden das auch weiterhin tun, um die Höhe der vorläufigen Zölle und deren Auswirkungen zu reduzieren. Der Cupra Tavascan ist im Grunde ein europäisches Projekt, das in Europa von einem europäischen Unternehmen mit europäischer Technologie entwickelt wurde und in Europa verkauft werden soll. Dieses Auto ist der Schlüssel für die Transformation der Seat S.A. und spielt eine wichtige Rolle bei der Erfüllung der Emissionsziele. Diese Art von Schutzmaßnahmen trägt nur dazu bei, die Transformation hin zur Elektromobilität zu untergraben, bei dem der Cupra Tavascan eine entscheidende Rolle spielt.
«Sollten nicht immer auf den Verkaufspreis schauen»
Autogazette: Der Preis für den Cupra Tavascan liegt bei 56.210 Euro. Ist das nicht arg teuer?
Bauer: Wir erachten das als einen attraktiven Preis. Und ja, die E-Mobilität ist nach wie vor teuer und noch haben wir nicht die Skaleneffekte, die zu niedrigeren Preisen führen. Die werden wir hoffentlich bei den kleineren Fahrzeugen haben. Aber wir sollten nicht immer auf den Verkaufspreis schauen, sondern auf die Leasingrate.
Autogazette: Wie wird denn das Leasing ausschauen?
Bauer: Wie gesagt: Der Verkaufspreis ist längst nicht mehr das A und O, es geht um den Leasingpreis. Die Kunden entscheiden sich im Privatkundengeschäft bei beiden Marken schon jetzt zu 70 Prozent für das Leasing, bei Cupra ist es noch mehr. Bei den E-Autos liegt die Rate sogar bei mehr als 90 Prozent.
Autogazette: Und wo liegt die Leasingrate beim Tavascan?
Bauer: Bei der Einstiegsversion liegen wir bei 499 Euro. Ich glaube, mit dieser Rate wird es gut funktionieren.
Autogazette: Lange galt der Plug-in-Hybrid als Auslaufmodell, jetzt wird er wieder verstärkt nachgefragt? Sehen Sie eine Renaissance für diesen Antrieb?
Bauer: Ja, absolut, Wir sehen das bei unseren neuen Plug-in-Hybriden mit einer Reichweite von über 100 Kilometer. Es reduziert nicht nur den Verbrauch deutlich, sondern steigert auch noch einmal das Fahrvergnügen. Wir sehen es bereits an der Nachfrage, dass das bei den Kunden ankommt. Auch der neue Cupra Terramar kommt mit einem Plug-in-Hybrid mit über 100 Kilometer Reichweite. Die Technologie ist eine hervorragende Alternative für die Menschen, die noch nicht rein elektrisch unterwegs sein wollen. Zudem kommt man noch in den Genuss des reduzierten Steuersatzes von 0,5 Prozent.
Das Interview mit Bernhard Bauer führte Frank Mertens