Schaeffler: Elektro-Basis für fast jeden Zweck

Schaeffler: Elektro-Basis für fast jeden Zweck
Die Batteriepacks in den Rolling Chassis sind nur so groß, wie es der Einsatzzweck verlangt. © Schaeffler

Mit einer Art variablem Skateboard will Zulieferer Schaeffler die Grundlage für autonome E-Autos nach Kundenwunsch schaffen.

Vor langer Zeit gab es Tüftler, die ihren wohlhabenden Kunden Automobile angeboten haben, oder eigentlich eher: die Basis. Aus den Manufakturen der Hersteller wurden damals nämlich häufig nur Motor, Getriebe, Achsen und Räder sowie deren mechanische Verbindungen bestellt, alles auf einem Rahmen montiert. Die gewünschte Form gestaltete ein Carrossier. Wendler, Graber oder Michelotti hießen die Gestaltungs-Künstler der Goldenen Zwanziger des 20. Jahrhunderts.

Derzeit leben wir wieder in den Zwanzigern. Und die Ideen der Carrossiers haben gute Chancen auf eine Wiedergeburt. Dafür sorgen will Matthias Zink. Der Vorstand Automotive Technologies beim Zulieferer Schaeffler setzt nämlich genau auf solche Konzepte aus der Frühzeit des Automobils. Allerdings nicht für märchenhaft reiche Privatkunden; „Unsere Zielgruppe sind Ride-sharing-Firmen wie Uber oder Lyft, Paketversender wie DHL oder die guten alten Stadtwerke mit ihren großen Busflotten.”

Für solche Großkunden mit massenhaftem Bedarf hat Schaeffler sein sogenanntes Rolling Chassis zur Serienreife entwickelt. Schon in den kommenden Jahren rechnet Zink mit dem Einsatz in der ersten Busflotte einer skandinavischen Metropole. Was wie ein dickes Brett auf Rädern aussieht, beherbergt dabei eine Masse an technischen Innovationen.

Kommunale Fahrzeuge oft mit eigenen Spuren

Die Technikplattform des Schaeffler Mover ist für unterschiedlichste Zwecke flexibel ausgelegt. Foto: Schaeffler

„Zwei Drittel der Kosten bei einem Kleinbus oder Taxi muss der Betreiber für den Fahrer aufbringen“, erklärt Zink. Deswegen lohnt es sich zum Beispiel nicht, solche Angebote in dünn besiedelten Gebieten oder zu nächtlichen Stunden zu machen. Schaeffler und sein Partnerunternehmen Paravan haben sich deshalb mit dem Sensorik-Spezialisten Mobileye verbündet, um autonome Möglichkeiten auch im Zusammenhang mit dem Rolling Chassis anzubieten. Gerade kommunale Betriebe haben da oft gute Voraussetzungen, weil ihre Fahrzeuge zum Beispiel in der Stadt eigene Fahrspuren benutzen können. In einer Schaltzentrale sitzt – wie beim Tower am Flughafen – aber weiterhin ein Lotse, der bei Problemfällen das autonome Auto leiten kann.

Zudem gestalten die Schwaben ihre Komposition aus Motor, Batterien, Achsen und Sensorik wie einen Baukasten. Mit Ausmaßen von knapp unter drei Metern bis zu sechs Metern Länge können die Karosseriebauer je nach Einsatzzweck, Reichweite oder Platzbedarf individuelle Fahrzeuge kreieren. Auch die Batteriepacks in den Rolling Chassis sind nur so groß, wie es der Einsatzzweck verlangt. Von 90 Kilometern Reichweite für den City-Paketdienst bis zu mehreren hundert bei Überland-Kleinbussen ist alles machbar. Und auch Wechselakkus ließen sich in die Plattform integrieren. Mit neuartigen Antrieben lässt sich zudem noch deutlich Energie beim Verbrauch minimieren.

Was Autos gerade im dichten City-Verkehr dringend brauchen, ist Gelenkigkeit. Da bietet der E-Antrieb der Zukunft ebenfalls revolutionäre Möglichkeiten: Das Schaeffler-Chassis hat dazu seine Motoren in den Radnaben verbaut. Hinzu kommt eine rein per Software gesteuerte Lenkung ohne mechanische Verbindung zur Achse. So lassen sich die Räder um bis zu 90 Grad einschlagen. Selbst ein sechs Meter langer Bus könnte so auf der Stelle wenden. (SP-X)

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