Neues Denken für die Mobilität der Zukunft

Gasoline Technology Car II

Neues Denken für die Mobilität der Zukunft
Das Gasoline Technology Car II von Schaeffler und Continental. © Schaeffler

Dass im Jahr 2020 auf deutschen Straßen eine Million Elektroautos unterwegs sind, bleibt ein Wunschdenken der Regierung. Doch welche Lösungen für die Mobilität der Zukunft gibt es? Die Zulieferer Schaeffler und Continental haben mit ihrem Gasoline Technology Car II nun interessante Ansätze präsentiert.

Von Frank Mertens

Der Weg in die Elektromobilität ist kein Selbstläufer. Schon gar nicht in Deutschland. Das stellen die Autobauer gerade mit Ernüchterung fest. Trotz einer Kaufprämie von 4000 Euro bleibt die Nachfrage nach reinen E-Autos verhalten - und eine Änderung ist so lange nicht in Sicht, bis der Preis deutlich sinkt und die Reichweite deutlich steigt. Doch das wird dauern.

So erwarten Autobauer wie beispielsweise Daimler oder BMW bis zum Jahr 2025 einen Anteil von gerade einmal 15 bis 25 Prozent an Elektroautos am Gesamtabsatz. Diese Spannbreite zeigt: Niemand weiß genau, wie sich der Markt entwickelt. Weder die Autobauer, noch die Zulieferer. Doch eines ist klar: Wer jetzt nicht in die Mobilität der Zukunft investiert, der gehört morgen zu den Verlierern. Entsprechend investiert beispielsweise der Zulieferer Schaeffler bis zum Jahr 2020 eine Milliarde Euro in die Elektromobilität - und das ist nur der Anfang.

Antworten für urbane Mobilität

Eines ist klar, sagt dann auch Peter Gutzmer, Entwicklungsvorstand von Schaeffler. "Unsere Welt wird in fünf Jahren eine andere sein als die, in der wir heute leben". So werden beispielsweise immer mehr Menschen in die Stadt ziehen, die Urbanisierung schreitet voran. Bereits heute lebt 60 Prozent der Bevölkerung in der Stadt - und das wird die Mobilität verändern wie auch die Anforderungen an die Zulieferer. Neue Konzepte sind erforderlich. Das reicht von der Elektrifizierung, Digitalisierung, Mobilitätsdienstleistungen wie Car- oder Ridesharing, über das autonome Fahren bis hin zur Micromobilität.

Darauf gilt es Antworten zu finden - die allerdings auch für 40 Prozent der Menschen passen müssen, die noch im ländlichen Bereich leben. Es müssen Antworten sein, dessen Umsetzung auch bezahlbar ist. "Wir müssen Lösungen anbieten, die preislich für den Massenmarkt geeignet sind", sagt Christopher Breitsameter, bei Continental in der Division Powertrain für die Geschäftsentwicklung verantwortlich. Wie eine diese Lösungen ausschauen kann, zeigte Schaeffler zusammen mit Continental an diesem Mittwoch auf dem ADAC-Fahrsicherheitszentrum in Schlüsselfeld bei der Vorstellung des Gasoline Technolgy Car II, kurz GTC II genannt.

48 Volt-System im Einsatz

Christopher Breitsameter (l.) und Peter Gutzmer. Foto: Mertens
Christopher Breitsameter (l.) und Peter Gutzmer AG/Mertens

Dahinter verbirgt sich ein Ford Focus mit einem Einliter-Dreizylindermotor mit einem 48 Volt-Bordnetz und einem riemengetriebenen Starter-Generator (RSG). Der elektrische Antrieb ist dabei im Vergleich zum GTC I aus dem Jahr 2014 zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe verbaut. Zwei Kupplungen sorgen dafür, dass der Verbrennungsmotor abgekoppelt wird und entsprechend nur der Elektromotor die Arbeit übernimmt. Damit ist nicht nur ein effizientes Segeln möglich, sondern auch eine elektrische Fahrt unter geringer Last, dazu gehört auch ein Anfahren im Stau. Durch die verbauten Technologien sind Effizienssteigerungen von 13 Prozent möglich.

Und die Kosten? "Sie bewegen sich beim Mehrpreis eines Diesels", so Breitsameter. Für Peter Gutzmer ist die milde Hybridisierung "eine der Schlüsseltechnologien für die Mobilität der Zukunft". Denn Verbrennungsmotoren werden trotz der Diskussion um Fahrverbote für Diesel in den Städten und einem Zulassungsstopp für Verbrenner ab 2030, wie von den Grünen gefordert, die Mobilität auch noch bis weit ins nächste Jahrzehnt bestimmen. Entsprechend gilt es, deren Effizienz weiter zu steigern.

E-Clutch macht aus Handschalter eine Automatik



Das versucht man neben der 48 Volt-Hybridisierung im GTC II bei Schaeffler auch mit dem so genannten E-Clutch, einer elektronischen Kupplung. Es macht aus einem Handschalter quasi eine Automatik. Zwar gibt es noch ein Kupplungspedal, aber betätigen muss man es eigentlich nicht mehr. Es kuppelt beispielsweise automatisch aus, wenn man vom Gaspedal geht und lässt das Fahrzeug segeln und rekuperieren.

Es ist eine kostengünstige Alternative, die Handschalter (über 40 Prozent der Autofahrer ordern ihr Auto mit einem Handschalter) auf der Straße in den Genuss der Vorteile von Segelbetrieb und Rekuperation kommen zu lassen. Das sind einige der Ansätze, die Schaeffler verfolgt. Daneben gehört beispielsweise neben einer elektrischen Achse auch ein Radnabenantrieb zu den Zukunftstechnologien des Konzerns aus Herzogenaurach. Gerade mit dem Radnabenantrieb lassen sich Konzepte für die urbane Mobilität umsetzen, da die komplette Antriebseinheit hinter der Felge verbaut ist. Das schafft den Freiraum für ganz neue Fahrzeugkonzepte, wie Gutzmer betont.

Intermodularer Verkehr

Der Bio-Hybrid von Schaeffler.
Der Bio-Hybrid Schaeffler

Zu diesen neuen Fahrzeugkonzepten gehört auch der Bio-Hybrid von Schaeffler, der auf vier Rädern und mit Dach unterwegs ist und Platz für zwei Personen bietet. Er ist mit einer Länge von 2,10 Metern und einer Breite von 80 Zentimetern eine Mobilitätslösung für volle Innenstädte, für Menschen, die auf individuelle Mobilität trotz drohender Fahrverbote nicht verzichten wollen. Es ist ein Ansatz, der Mobilität neu denkt, sie nicht nur mit der Effizienzsteigerung bestehender Fahrzeugkonzepte (sprich Autos) definiert. Der Bio-Hybrid könnte - denkt man das Konzept weiter - als Lieferwagen auch die Umweltbelastung durch den Lieferverkehr drastisch reduzieren.

Wer eine andere Mobilität will, der darf sie auch nicht mehr allein nur auf das Auto reduzieren. Alle Verkehrsträger müssen in die Betrachtung einbezogen werden, hebt Gutzmer hervor. Es geht um ein ganzheitliches Denken. So wie für urbane Mobilität ein Bio-Hybrid Sinn machen kann,darf man auch Verkehrsträger auf der Schiene, in der Luft oder auch auch dem Wasser nicht außer Acht lassen. Als ein Beispiel nennt Gutzmer die Hochgeschwindigkeitszüge in China.

Bereits heute sind sie mit einer Geschwindigkeit von 320 km/h unterwegs. Perspektivisch sollen sie sogar 600 km/h schnell sein. Ein Bereich, der auch Schaeffler als Lieferant von Wälzlagern vor Herausforderungen stellt. Doch, so Gutzmer, "Wo Probleme sind, gibt es auch Lösungen, es sei denn, die Physik spricht dagegen.”

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