Saab kämpft weiter um seine Existenz

Insolvenz oder China-Boom

Saab kämpft weiter um seine Existenz
Für die schwedische Traditionsmarke Saab gibt es einen Käufer. © dpa

Der Wettlauf um das Überleben von Saab geht in die entscheidende Phase: Weil Zulieferer wegen unbezahlter Rechnungen wieder die Produktion zum Erliegen gebracht haben, steigt die Insolvenz-Gefahr. Langfristig winken China-Investoren mit Kapital und neuen Märkten.

Von Thomas Borchert

Das Aus durch ungeduldig auf Geld wartende Lieferanten oder neue Zukunft mit Kapital aus China: Beim schwedischen Autohersteller Saab spitzt sich der Kampf um die Existenzsicherung zu. Obwohl die Bänder im Stammwerk Trollhättan auch diese Woche wegen unbezahlter Rechnungen und damit fehlender Komponenten wieder komplett stillstehen, sieht Unternehmenssprecherin Gunilla Gustavs den jüngst vereinbarten Einstieg von zwei China-Partnern als Verheißung besserer Zeiten: «Das zeigt das enorme Potenzial unseres Unternehmens.»

245 Millionen Euro als Investition

245 Millionen Euro wollen der chinesische Autohersteller Zheijang Youngman Lotus und der seit Mai als Partner vorgesehene Autogroßhändler Pang Da als neue Eigner investieren. Fernost könnte als neuer Markt und auch als Produktions-Standort für die Schweden-Autos der gehobenen Klasse die Rettung aus chronisch roten Zahlen und stetig rückläufiger Produktion bringen.

Aber das ist im Augenblick nur unverbindliche Zukunftsmusik aus einer gemeinsamen Absichtserklärung mit dem niederländischen Saab-Eigner Spyker Cars. Nach Saab-Angaben nennt er sich seit Mittwoch «Swedish Automobile N.V». Die Gegenwart für die seit über einem Jahr um ihre Jobs bangenden 3700 Beschäftigten sieht weit trister aus als die schöne Zukunft Made in China: Ganze 10.888 Autos konnten sie im ersten Quartal fertigen. Im zweiten sogar nur einen Bruchteil davon, weil sieben Wochen am Stück wegen fehlender Zulieferungen keine Produktion möglich war. Seit letzter Woche und mindestens bis Ende dieser Woche läuft wieder nichts, weil Komponenten von Zulieferern fehlen.

Ungeduldige Gläubiger

Auf aktuell rund 500 Millionen Kronen (54,7 Millionen Euro) schätzt die Zeitung «Dagens Nyheter» den Saab-Schuldenstand. Im Rundfunk äußerten Sprecher aus der Zulieferbranche erstmals, dass immer ungeduldigere Gläubiger demnächst Insolvenzantrag einreichen könnten. Unternehmenssprecherin Gustavs wollte weder die Zahl noch die Insolvenzgefahr kommentieren: «Wir tun alles, um die Produktion schnellstmöglich wieder in Gang zu bekommen.»

Wenn sie denn wieder anlaufen sollte, wartet ein Auftragsbestand von 10.000 Wagen auf die 1400 Beschäftigten in der Produktion. Die Gewerkschaften haben grünes Licht für die Halbierung der Sommerferien von vier auf zwei Wochen gegeben. Aber erst muss ganz schnell Geld her.

Es könnte vom Verkauf der eigenen Fabrikanlagen an schwedische Immobilien-Investoren kommen, die nach Medienangaben 900 Millionen Kronen hinblättern und danach Miete einstreichen wollen. Aber wann? «Es gibt keine Deadline, wir tun, was wir können,» sagt die Saab-Sprecherin. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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