«Alle haben den Wunsch anders zu sein»

Interview mit Saab-Deutschland-Chef Willi Fey

Saab Deutschland rechnet ab dem Sommer mit einem deutlichem Aufschwung bei den Absatzzahlen. Im Interview mit der Autogazette spricht Geschäftsführer Fey über das Image der Marke, neue Modelle und die Konkurrenz im Premiumsegment.

Saab will in diesem Jahr auf dem deutschen Markt ein deutliches Wachstum erzielen. Nach 4167 verkauften Fahrzeugen in 2007 sollen in diesem Jahr 5000 Fahrzeuge abgesetzt werden, wie Deutschland-Chef Willi Fey im Interview mit der Autogazette sagte.

Aufschwung ab Sommer

«Wir werden in diesem Jahr mehr Autos verkaufen als im Vorjahr. So haben wir sehr, sehr erfolgreich den neuen TTiD eingeführt. Die Orders für diese Motorisierung sind höher als die Produktionskapazitäten. Eine Verbesserung sehen wir ab Sommer. Dann werden unsere Verkaufszahlen nach oben gehen», fügte Fey hinzu.

«Es war für Saab ein Übergangsjahr»

Autogazette: Herr Fey, Saab hat 2007 in Deutschland nur 4167 Fahrzeuge verkauft. Ist die Marke auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit?

Willi Fey: Nein. Wenn Sie sich anschauen, wie viele Fahrzeuge wir in den letzten 25 Jahren im Durchschnitt verkauft haben, dann liegt diese Zahl immer bei rund 5000. Zudem war das Jahr 2007 nicht nur von der sehr schwierigen Absatzlage auf dem gesamten Markt geprägt, sondern es war für Saab auch ein Übergangsjahr: so haben wir beispielsweise mit der kompletten Überarbeitung des 9-3er auch einen wichtigen Modellwechsel gehabt.

Autogazette: Trotz eines hohen Marketingaufwandes mussten Sie im Vorjahr Absatzeinbußen von 21 Prozent hinnehmen. Warum gelingt es nicht, die Kunden an die Marke zu binden?

Fey: Das stimmt so nicht: Die Kundenbindung ist sehr gut. Sie ist wahrscheinlich besser als bei anderen Herstellern. Sie müssen jedoch sehen, dass wir mit dem 9-3er und dem 9-5er bisher nur über zwei Modelle verfügen. Damit eine hohe Kundenbindung zu erreichen ist natürlich schwieriger als mit einer kompletten Produktpalette.

«Zwei neue Bioethanol-Motoren»

Saab 9-4X BioPower Concept Foto: AG/Mertens

Autogazette: Muss sich Saab nicht den Vorwurf gefallen lassen, eine schlechte Modellpolitik betrieben zu haben? Erst im kommenden Jahr bringt Saab mit dem 9-4 X die dritte Modellreihe.

Fey: Man könnte es so interpretieren. Ich sehe das aber anders. Vor zwei Jahren haben wir den 9-5er renoviert, im zurückliegenden Jahr den 9-3er nicht nur einem komplette Facelift - also innen und außen - unterzogen, sondern ihn auch mit neuen Motoren ausgestattet. So verfügt er jetzt zusätzlich über zwei komplett neue Bioethanol-Motoren und einen neuen starken Doppelturbo-Dieselmotor mit 180 PS. Zudem gibt es ihn ab sofort mit dem hochmodernen Allradsystem XWD mit elektronischem Sperrdifferenzial.

Autogazette: Aber es wurde versäumt, sich früher breiter aufzustellen...

Fey: ...diese Entscheidung haben wir ja getroffen. Wir tun das natürlich auch, um neue Zielgruppen anzusprechen. Der neue 9-4 X, der nächstes Jahr im Spätherbst kommen wird, stellt die erste Ausdehnung der Marke da.

«Marke wird komplett neu aufgestellt»

Saab 9-3 Aero XWD Foto: AG/Mertens

Autogazette: Der 9-5er rollt seit mittlerweile zehn Jahren mehr oder minder unverändert über die Straßen. Verprellt man damit nicht Kunden?

Fey: Wir stellen den neuen 9-5er auf der IAA im nächsten Jahr vor. Damit wird die Marke Ende des nächsten Jahres komplett neu aufgestellt sein.

Autogazette: Welches Fahrzeug kann die Marke wieder zum Leben erwecken, der neue 9-5er oder der 9-4 X?

Fey: Es sind sicher beide Fahrzeuge, wobei natürlich der 9-5 für Saab ein besonders wichtiges Auto ist. Er wird einfach fantastisch sein und die Marke wieder im Herzen der Premiumkunden verankern.

Autogazette: Derzeit entfallen zwei Drittel aller Verkäufe auf den 9-3er. Wird sich diese Verteilung mit dem neuen 9-5er ändern?

Fey: In Deutschland werden wir mit dem neuen 9-5er wieder unsere Stammkundschaft bedienen und seinen Anteil steigern können. Vom Volumen her wird der 9-3er aber stabil bleiben, da das Cabrio nach wie vor ein begehrtes Auto ist. Zudem bringen wir den Turbo X, wir erweitern das XWD-Angebot mit neuen Motoren und werden ebenfalls ab Herbst 2009 einen 9-3 X haben, ein Cross-Over-Fahrzeug.

«Lassen uns die Zeit, die es braucht»

Der Saab 9-3 SportCombi Foto: AG/Mertens

Autogazette: Sie sprechen das Cross-Over-Modell an: Wieso dauert es bei Saab so lange, ein paar Anbauteile ans Auto zu bauen?

Fey: Wir bringen unsere Autos erst dann auf den Markt, wenn es in seiner Gesamtheit stimmig ist. Das erwarten unsere Kunden von uns! Entsprechend lassen wir uns die Zeit, die es braucht.

«Saab ist eine Philosophie»

Saab 9-5 Aero SportCombi Foto: Saab

Autogazette: Warum soll sich ein Kunde angesichts der Konkurrenz zu einem BMW X3 oder Audi Q5 oder Volvo XC60 für einen Saab 9-4 X entscheiden?

Fey: Saab ist nicht nur eine Automarke, Saab ist eine Philosophie. Wer einen Saab fährt, will anders sein, er will nicht Mainstream sein. Der 9-4X mit seinen Proportionen wird nicht vergleichbar sein. Wir bauen das Auto nicht auf einer SUV-Plattform auf, sondern auf einer, die mehr in Richtung Pkw geht.

Autogazette: Saab verkauft sich als Marke der Individualisten, Akademiker und Selbstständigen. Ist es nicht an der Zeit, sich von diesem Image zu verabschieden, um aus der Nische herauszukommen?

Fey: Das sehe ich anders: Die Individualisten werden mehr und mehr, auch die Akademiker finden sie auch bei anderen Marken. Alle haben den Wunsch, anders zu sein, sie wissen es nur noch nicht. Wir werden diesen Wunsch im Laufe der Jahre wecken und entsprechend Kunden unserer Mitbewerber für die Marke Saab begeistern.

Autogazette: Wie soll zukünftig die Vertriebsstruktur von Saab aussehen? Es ist zu hören, dass die Struktur auf 100 exklusive Vetriebspartner gestrafft werden soll.

Fey: Straffen ist die falsche Bezeichnung: Ende Dezember hatten wir 106 Vertriebspartner und 55 Servicepartner. Nun planen wir mit 100 Vertriebs- und 100 Servicepartnern.

«9-X hat unglaubliches Potenzial»

Saab 9-X BioHybrid Foto: press-inform

Autogazette: Saab hat auf dem Autosalon Genf das Concept-Car 9X BioHybrid vorgestellt, der frühestens 2013 kommen wird. Ist das nicht zu spät?

Fey: Wenn wir ein solches Auto für ein solches Segment anbieten, dann muss es anders sein als das, was es heute auf dem Markt gibt. Wenn Sie sich das Auto anschauen, dann hat es unglaubliches Potenzial. Es hat soviel Potenzial, dass man auch getrost über einen Markteintritt in drei oder vier Jahren sprechen kann. Natürlich wäre es für das Volumen schön, ein solches Auto schon heute zu haben.

Autogazette: Ist es richtig, dass der 9 X auf der Plattform des neuen Astra basieren wird?

Fey: Dazu können wir heute verständlicherweise noch nichts sagen. Eine solche Entscheidung ist noch nicht gefallen. Es würde jedoch sicherlich Sinn machen, dass sich Saab einer bestehenden Fahrzeugarchitektur im GM-Konzern bedient. Das muss aber nicht zwangsläufig die Astra-Plattform sein.

Autogazette: Wie sieht Ihre Zielsetzung für dieses Jahr aus? Sie kann eigentlich nur heißen, nicht weiter einzubrechen, oder?

Fey: Wir werden in diesem Jahr mehr Autos verkaufen als im Vorjahr. So haben wir sehr, sehr erfolgreich den neuen TTiD eingeführt. Die Orders für diese Motorisierung sind höher als die Produktionskapazitäten. Eine Verbesserung sehen wir ab Sommer. Dann werden unsere Verkaufszahlen nach oben gehen.

«Rechne 2008 mit 5000 Fahrzeugen»

Autogazette: Mit welcher Absatzzahl liebäugeln Sie in diesem Jahr?

Fey: Ich rechne mit 5000 Fahrzeugen.

Autogazette: Wir schaut es mit der Profitabilität von Saab Deutschland aus? Hat Sie sich aufgrund des geringen Absatzes verschlechtert?

Fey: Ganz im Gegenteil. Das vergangene Jahr war sogar von der Profitabilität her besser als 2006.

Das Interview mit Willi Fey führte Frank Mertens

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