Den Namen „Rafale“ lieh sich Renaults neuestes SUV-Coupé von einem legendären Rekord-Flugzeug aus den 1930er Jahren. Akustisch sind sich beide näher, als dem Autohersteller lieb sein kann.
Die gute Nachricht vorneweg: Seit etlichen Jahren ärgern sich Renault- aber auch Dacia-Fahrer/innen über einen Autoschlüssel, der an keinem Bund zu befestigen ist und viel zu oft in Kleidung oder Taschen vergessen wird. Neuerdings gibt es für den zirka. acht mal fünf Zentimeter großen Türöffner ein Etui mit einem Metallring zum festclippen. Großer Fortschritt!
„Einzigartige Technologie, Mut, Agilität und Design“ – so preist Renault die Eigenschaften des Modells Rafale. Für Konzernchef Luca de Meo ist der 4,71 lange Fünftürer gar ein Vehikel, „sich erneut am oberen Ende des Marktes zu positionieren“. Neben der Marketing-Lyrik gibt es auch unbestreitbare Tatsachen: Gleich zwei Überflieger aus der Welt der Aeronautik führen den gleichen Namen. Ob die erdgebundene Variante das Zeug hat, hoch hinaus zu kommen, klärt unser Praxistest.
Skulpturale Karosserie-Optik
Bisher spricht nicht viel dafür, dass der Wagen die hoch gesteckten Erwartungen hierzulande erfüllt. Im letzten Quartal 2024 wurden 928 Neuzulassungen amtlich registriert, im ersten Quartal dieses Jahres waren es 713. Die ausgebliebene Frühjahrs-Belebung könnte mit Eigenheiten des Wagens zusammenhängen, die potenzielle Kunden skeptisch auf einen Umstieg in den Rafale blicken lässt.
Das gefällige Äußere des SUV-Coupés ist durchaus zeitgemäß und hat Charme. Das Licht- und Schattenspiel von Kanten und Sicken gibt der Karosserie eine skulpturale Erscheinung. Sie ist nur vier Zentimeter kürzer als die Großraum-Limousine Espace, wirkt aber alles andere als klobig oder unelegant. Dass die stark geneigte Heckscheibe inklusive der nicht abklappbaren hinteren Kopfstützen kaum Sicht auf den nachfolgenden Verkehr erlaubt, merkt man erst, wenn man hinterm Steuer sitzt.
Drei Bedienhebel an der Lenksäule
Hinter diesem Lenkrad verbirgt sich eine der Eigenheiten, mit denen Neu-Einsteiger klarkommen müssen. Der Fahrtrichtungs-Wähler ist nämlich ein filigraner Lenkstockhebel, der so nah am Scheibenwischer-Schalter sitzt, dass feinmotorische Fähigkeiten zur Verhinderung von Fehlbedienungen erst erlernt werden müssen. Weiter unten an der Lenksäule ist noch (renault-typisch) ein weiteres Bedienelement, mit dem die Lautstärke des Unterhaltungs-Programms gesteuert wird. Das scheint ein bisschen viel auf einmal. Der große bezogene Griff auf der Mittelkonsole, der vermeintlich dem Vorwärtskommen dient, hat dagegen nur eine Funktion als Handauflage.
Der zentrale Monitor davor ist Fahrer oder Fahrerin zugeneigt, das Bedienmenü übersichtlich und leicht zu durchschauen. Wer durch das Lenkrad gern auf Rundinstrumente schaut, kommt jedoch nicht zum Zug. Zwar sind die Darstellungen und Informationen auf dem Display konfigurierbar, jedoch gibt es statt einer klassischen Ansicht unnötige Grafik-Animationen und überlappende geometrische Felder. Ein Drehzahlmesser ist gar nicht vorgesehen und ihn wegzulassen, könnte mit einer anderen Eigenheit der gefahrenen 200-PS-Version zusammenhängen.
Dreizylinder mit Eigenleben
Der Testwagen war nämlich mit einem Hybrid-Antrieb ausgestattet, bestehend aus einem 1,2 Liter großen Dreizylinder mit 131 PS und einem Elektromotor mit 51 kW (69 PS). Um für druckvolles Anfahren und abgasfreies Gleiten stets genügend „Saft“ zu haben, ist die Steuerung des Ottomotors so programmiert, dass er bei Unterschreitung eines gewissen Ladelevels anspringt und den Generator mit dem Nachfüllen des Akkus beauftragt. In der Theorie sicher kein schlechtes System, in der Praxis jedoch mit einem Effekt verbunden, den man wohl nur eine akustische Zumutung nennen kann.
Wie hoch der knurrige Dreizylinder tatsächlich läuft, ist mangels Drehzahlmesser zwar nicht zu erkennen, jedoch reicht das Verbrennergeräusch aus, die Ruhe eines entspannten Rollens zwischen 40 und 60 km/h empfindlich zu stören. Der Versuch, mittels Schaltpaddel die Getriebefunktion so zu beeinflussen, dass die Drehzahl sinkt, schlägt fehl. Bei einschlägigen Händlern ist zu erfahren, dass über das Lärmproblem in Technik-Workshops und Mitarbeiter-Schulungen bereits eifrig diskutiert wird, bis es behoben ist, wird aber wohl noch etwas Zeit vergehen. Etwas Trost spendet vielleicht die Tatsache, dass der gemessene Praxisverbrauch von 5,5 Litern/100 km nur 0,8 Liter über dem offiziellen WLTP-Wert lag.
Geräumige Kabine, tiefe Rücksitze
Zwar ist der Rafale stets leiser als das Kampfflugzeug gleichen Namens, doch es liegt auf der Hand, dass die Schall-Absonderungen der Antriebs-Einheit es erschweren, die fraglos vorhandenen Vorzüge des E-Tech-Full-Hybridmodells zu genießen. Dazu gehören eine geräumige Kabine mit 1,48 Metern Breite vorn und 1,43 Meter hinten, hochwertiger Möblierung und sauber verarbeitetem Verkleidungs-Material. Die hinteren Sitzpolster sind auffällig tief angebracht, um unter dem abfallenden Dach für ausreichend Kopffreiheit zu sorgen. Ein Kofferraum-Volumen von 627 bis 1910 Litern ist üppig, kann aber nur über eine Ladekante von 83 Zentimetern Höhe beladen werden.
In der Ausstattung Esprit Alpine glänzt der Wagen mit 20-Zoll-Felgen, Allradlenkung, elektrischer Heckklappe, beheizbaren Vordersitzen und diversen Assistenz-Systemen für 48.300 Euro. Wenn zusätzlich Head-Up-Display, beheizbare Windschutzscheibe, adaptiver Tempomat, Harman-Kardon-Soundanlage sowie weitere Annehmlichkeiten an Bord sind, ist der Rafale noch näher am selbstgewählten Premium-Anspruch und kostet 53.600 Euro.