Erst kam der Renault 5, bald kommt der Renault 4. Der Retro-Stromer hat das Zeug , der Marke weitere Absatzimpulse zu verleihen. Wir waren mit ihm bereits unterwegs.
Dieses Auto ist legendär – und war ein Sympathieträger seiner Zeit: der Renault 4. Pierre Dreyfuss, einstiger CEO von Renault, hat den R4 seinerzeit mit einer Jeans verglichen. Er sei robust, nützlich und immer gutaussehend. Von diesen Attributen ließen sich von Sommer 1961 bis zum Produktionsende 1994 mehr als acht Millionen Kundinnen und Kunden weltweit überzeugen. Damit prägte der kleine Franzose das Straßenbild auf fünf Kontinenten und über 100 Ländern auf der Welt.
Nun lässt Renault seine automobile Ikone aufleben. Im Herbst dieses Jahres kommt der neue R4 in Deutschland ausschließlich als rein elektrische Variante zu einem Preis von 29.400 Euro als Urban Range mit kleiner Batterie (40 kWh/Reichweite 308 Kilometer) und einer Leistung von 120 PS auf den Markt. Mit großer Batterie (52 kWh/409 Kilometer) und einem 150 PS starken Elektromotor kostet er mindestens 32.400 Euro.
R4 soll für Freude beim Absatz sorgen

Absatzahlen im hohen einstelligen Millionenbereich wie sein Vorgänger wird der neue Renault 4 E-Tech Electric – so seine komplette Modellbezeichnung – sicherlich nicht erreichen. Aber eines dürfte als sicher gelten: der R4 wird seine Kundinnen und Kunden finden. „Wir gehen davon aus, dass uns auch der R4 viel Freude bereiten wird“, sagte Renault-Deutschlandchef Florian Kraft bei der Vorstellung des neuen Modells in Portugal. Ein Land übrigens, wo man im Hinterland noch einige betagte R4 im Straßenbild zu sehen bekommt.
Und was bedeutet „Freude bereiten“ in Absatzzahlen? Dazu mag Kraft nichts sagen, auch nichts zu den bestehenden Auftragseingängen des bereits seit März bestellbaren Modells. Er verweist dafür auf die gute Nachfrage nach dem Renault 5, dem zweiten reanimierten Modell mit Retro-Charme der Franzosen. „Pro Monat haben wir für den R5 durchschnittlich um die 750 Bestellungen“, so Kraft. Ein Blick in die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) weist für den R5 im April 686 Neuzulassungen auf. Seit Jahresbeginn sind es bereits 2759 Neuzulassungen. Damit ist er nach den ersten vier Monaten des Jahres nach dem Clio (3875/Anteil 21,4 Prozent) das zweiterfolgreichste Modell mit einem Zulassungsanteil von 15,2 Prozent vor dem Austral (2665/14,7 Prozent).
Modellstrategie geht auf
Nun kommt mit dem R4 im Herbst das zweite Retro-Modell auf den Markt. Hat es das Zeug dazu, erfolgreicher unterwegs zu sein als der R5? In Frankreich ist der R5 im B-Segment übrigens der erfolgreichste Stromer. „Das ist eine gute Frage“, sagt Kraft. „Wir werden sehen.“ Eines ist aber klar: die Strategie von Renault geht auf. Der R5 sorgt für ein zunehmenden Showroom-Traffic. Die Kundinnen und Kunden kommen zum Händler, um sich dort den R5 anzuschauen, berichtet der Deutschlandchef. „Auch wenn sie sich dann vielleicht nicht für einen R5 entscheiden, sondern für einen Clio, sorgt der R5 für ein zunehmendes Interesse an der Marke.“ Das lässt sich auch an den Absatzzahlen ablesen. 2024 musste Renault mit 54.349 Neuzulassungen noch ein Minus von 20,4 Prozent hinnehmen, in diesem Jahr weist die KBA-Statistik mit 18.137 Neuzulassungen per April ein Plus von 32,4 Prozent aus.
Man muss den Franzosen zu ihrer Modellstrategie gratulieren. Mit dem 4,14 Meter langem R4 füllen die Verantwortlichen um Markenchef Fabrice Cambolive gekonnt die Lücke zwischen dem Technikbruder R5 (3,92 Meter) und dem Megane (4,20 Meter) in ihrem Elektroauto-Angebot. Im nächsten Jahr rund der neue Twingo das Angebot dann nach unten ab.
Angesichts des Längenunterschieds mit einem Plus von 22 Zentimeter wollen die Franzosen mit dem R4 gerade auch Familien ansprechen. Dazu bietet man zum ein Kofferraumvolumen von 420 Litern (davon 55 Liter im Unterbodenfach), wobei dieser aufgrund einen niedrigen Ladekante ausgesprochen gut zu beladen ist. In der Topversion lässt sich die Heckklappe übrigens elektrisch öffnen, übrigens auch mit einem Schwenk des Fußes. Aufgrund der umlegbaren Rückbank und auch des umlegbaren Beifahrersitzes lassen sich so auch Gegenstände mit einer Länge von bis zu 2,20 Meter transportieren.
Bekanntes Cockpit-Design
Der wie der R5 auf der AmpR Small Plattform basierende R4 hat einen Radstand von 2,62 Meter, eine Breite von 1,80 Meter und eine Höhe von 1,57 Metern. Damit ist für Fahrer und Beifahrer auf jeden Fall für ein gutes Raumgefühl gesorgt. Platz nehmen können sie übrigens auf gut konturieren und bequemen Sitzen, die zudem ausreichend Seitenhalt bieten. Und wie schaut es im Fond aus? Wer nicht größer als 1,77 Meter ist, der kann auf der Rückbank auch angenehm sitzen, mit einer Größe von 1,90 Meter sollte die Fahrt indes nicht wirklich länger dauern.
Vor dem Fahrer gibt es das bereits aus dem R5 bekannte Cockpit mit seinem doppelt ausgelegten Display. Während das Instrumentendisplay eine Dimension von 10,1 Zoll aufweist, hat das Multimediasystem eine Größe von 10 Zoll. Es bietet Zugriff auf OpenR Link samt den bekannten Google Diensten samt Sprachassistent und Google Maps. Es funktioniert tadellos. Für die, die es in einem Auto brauchen, gibt es auch eine ChatGPT-Anbindung.
Reichweite bis zu 409 Kilometer
Wie bereits gesagt: Der neue R4 wird mit zwei Batteriegrößen angeboten, wobei wir mit dem größeren Akku unterwegs waren, der für eine Reichweite von bis zu 409 Kilometer gut sein soll. Der E-Motor bietet eine Leistung von 150 PS, die für den R4 mehr als ausreichend sind. Sie sorgen dafür, dass der Sprint von 0 auf 100 Kilometer in 8,2 Sekunden erfolgt, die Spitzengeschwindigkeit ist bei 150 km/h erreicht. So unterwegs hinterlässt der R4 einen sehr stimmigen Eindruck. Das Fahrwerk ist zwar straff, aber ausreichend komfortabel.
Selbst bei etwas flotterer Kurvenfahrt liegt der R4 souverän auf der Straße. Und wie schaut es mit dem Verbrauch aus? Der soll laut WLTP bei 15,4 kWh/100 Kilometer liegen. Bei den Testfahrten haben wir diesen Wert bei sogar flotterer Fahrweise mit 14,2 kWh/100 Kilometer unterboten. Ach ja, und die Ladeleistung? Sie liegt bei 100 kW. Ist der Akku leer, braucht man so für die Ladung von 15 auf 80 Prozent 30 Minuten. An der heimischen Wallbox lädt man mit 11 kW in 4:30 Stunden von 10 auf 80 Prozent auf. Das ist alles mehr als ordentlich. Erstmals in einem Renault gibt es auch One-Pedal-Drive. Es soll nach wie vor per Software-Update auch in andere Stromer einziehen.
Um auch im Sommer etwas Open-Air-Feeling zu genießen, wird es auch ein elektrisch zu öffnendes Faltdach geben. Wer dann noch statt dem Ikea-Regal auf der rechten Fahrzeugseite ein Surfbrett transportiert, der kann im R4 auch ein wenig auf Lifestyle machen. So wie der R5 bringt der R4 auf jeden Fall alles mit, um für die Franzosen zu einem Absatzerfolg zu werden – und das nicht nur wegen des Retro-Charmes.