Sechs Konzeptfahrzeuge bereiten die Design-Zukunft bei Renault vor. Die Spezialisten haben dabei nicht nur mit den Tücken am eigentlichen Objekt zu tun.
Von Thomas Flehmer
Zu Beginn stand eine Wette. Eine 13-prozentige Steigerung am Montmartre sollte erklommen werden. Alle wetteten dagegen, doch Louis Renault gewann mit seinem motorisierten Wagen die Wette im Jahr 1898. 113 Jahre später haben sich die Modelle nicht nur der Franzosen verändert, die Steigungen sind heute von anderer Natur.
Ziel der Renault-Studien: Funktional und attraktiv
Neben sparsamen Motoren stellt sich die Industrie auch aufgrund veränderter Strukturen durch kommende Elektroautos auf ein neues Aussehen der Mobile ein. "Der Anspruch besteht, innovativ zu sein", sagt Axel Breun, Design-Direktor für Concept Cars bei Renault, "die Autos müssen dabei angepasst sein an die Anforderungen des Alltags. Diese Funktionalität muss aber attraktiv sein."
Noch immer gilt das Design als einer der Entscheidungsgründe für oder gegen den Kauf eines Autos. So erfüllen die Showcars nicht nur den Zweck, den Automessen einen futuristischen Charakter zu verleihen, sondern das Design der Zukunft zu kreieren.
Sechs Renault-Studien bis 2013
Renault hat 2010 auf dem Autosalon in Paris angefangen mit der Studie DeZir eine neue Designlinie zu legen, die 2011 in Genf mit dem Captur und dem R-Space und dem in Frankfurt vorgestellten Konzeptauto Frendzy fortgesetzt wurde, und der bis 2013 noch zwei weitere Studien folgen werden.
"Diese Modelle geben einen Ausblick auf einen Alpine, bei dem wir im kommenden Jahr entscheiden werden, in welche Richtung es endgültig laufen wird. Zudem haben wir mit dem Frendzy einen Vorschlag für ein neues Modell im Nutzfahrzeugbereich und der R-Space zeigt einen möglichen Scenic oder Espace", so Breun.
Zwölf Monate für eine Renault-Studie
Von den ersten Skizzen bis zum fertigen Modell vergehen dabei rund zwölf Monate. "Die ersten Skizzen sind stark übertrieben, ein bisschen Hollywood", sagt Breun, "doch anschließend werden die Modelle realistischer." Allerdings behalten die Studien zumeist ihren futuristischen Anstrich und führt dann später dazu, dass man über das folgende Serienmodell doch eher enttäuscht ist. Denn zumeist fallen die Extravaganzen weg, lediglich Honda führte seine Linie beim Civic durch – und erntete damit durchaus Beifall.
Bei Renault arbeiten 459 Mitarbeiter mit 27 Nationalitäten und 120 Designer an fünf Standorten auf der ganzen Welt verteilt allein an den Show Cars. Nach den Skizzen wird ein starres Skelett aufgebaut, welches dann mit Styropor verpackt wird und anschließend mit einem speziellen Ton in Form gebracht wird. Dabei stehen die Designer im engen Kontakt mit den Ingenieuren und Technikern, um diverse Voraussetzungen erfüllen zu können, damit auch die Alltagsbedingungen erfüllt werden können.
Verrücktheiten Teil von Konzeptfahrzeugen
Daneben haben auch die Designer mit Finanzen zu kämpfen. "Der Kostendruck ist da. Aber manchmal überschreiten wir das Budget", sagt Breun mit einem gequälten Lächeln. Denn er muss dann den Kopf für die Budgetüberschreitung hinhalten. Und Lob wird er dann wohl eher nicht erwarten können.
Denn neben den Arbeiten am eigentlichen Modell belasten Nebenkosten wie Reisen den Etat. "Unsere Designer werden zum Beispiel auf Möbelmessen geschickt, um sich für eventuelle Sitzkonzepte inspirieren zu lassen", so der Design-Direktor. Die Spielwiese, die im Fond des R-Space entstanden ist, ist ein Ergebnis dieser Inspirationen. Die Sitze bestehen aus vielen Schaumstoffwürfeln. "Viele Verrücktheiten müssen Teil von Konzeptautos sein", so Breun. Die Hoffnungen, die er auf eine Verwirklichung hegt, erscheinen aber recht unrealistisch.
Renault Twingo als erster Vorbote
Anders sieht es beim Frendzy aus, dessen Schiebetür auf der Beifahrerseite eine große Projektwand integriert hat, auf der Werbebotschaften oder andere Hinweise per Blackberry notiert werden können und so zu einem "Büro auf Rädern" mutiert. Die Frontpartie des 2012 erscheinenden neuen Twingo wird soagr die erste Umsetzung der neuen Design-Strategie sein.
Insgesamt haben die Studien einen anderen Charakter als früher angenommen. Die Studien seien mehr auf Serienfertigung konzipiert, sagt Breun. "Denn schließlich möchte jeder Designer sein Auto schon in Serie sehen." Und dann werden intern auch viele Wetten darauf laufen, welches Fahrzeug es schafft und welches nicht.