Verkehrsgerichtstag gegen multifunktionelle Navis

Der Verkehrsgerichttag möchte Navigationsgeräte mit Unterhaltungsfunktion aus dem Verkehr ziehen. Kay Nehm eröffnete zudem in Goslar die Debatte um die Einführung Tempolimit neu.

Der Verkehrsgerichtstag hat ein europaweites Verbot für Navigationsgeräte mit zusätzlichen Unterhaltungsfunktionen gefordert. Die technisch hoch gerüsteten Apparaturen mit ihren vielfältigen visuellen Reizen überforderten Autofahrer und führten zu Ablenkung und Unfällen. Die Geräte sollten nicht zugelassen werden, wenn sie dem Fahrer während der Fahrt derartige Funktionen ermöglichten, heißt es in der am Freitag in Goslar verabschiedeten Empfehlung der Experten. Während des Kongresses hatte der Präsident der Akademie für Verkehrswissenschaft, Kay Nehm, auch eine neue Debatte über ein generelles Tempolimit auf Autobahnen entfacht.

Große Ablenkungsgefahr

Der Forderung nach einem generellen Bedienungsverbot für Navis während der Fahrt, die der Deutsche Anwaltverein (DAV) erhoben hatte, schloss sich der 46. Verkehrsgerichtstag zwar nicht an. Das Gremium forderte allerdings ein Verbot für mobile Navis, die nicht sicher zu befestigen sind.

Zudem dürften Geräte, die eine Warnfunktion vor Verkehrsüberwachungen haben, nicht zugelassen werden. Automobilclubs hatten in Goslar vor multifunktionalen Navis gewarnt, weil sie wegen der Ablenkungsgefahr zum Teil eine noch größere Gefahr für die Sicherheit darstellten als Handys.

Nehm fordert offene Diskussion

Der frühere Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte in Goslar die Debatte über ein Tempolimit auf Autobahnen neu eröffnet. Die Gegner der Geschwindigkeits- Begrenzungen sollten sich einer offenen Diskussion stellen. Die Stimmung innerhalb der Bevölkerung beginne angesichts steigender Benzinpreise zu wackeln. Automobilclubs wie ADAC, ACE und AvD sprachen sich erneut gegen ein flächendeckendes Tempolimit aus.

Die von der EU geplante generelle Haftung des Halters auch für Verstöße anderer Fahrer mit seinem Auto im Ausland hat der Verkehrsgerichtstag abgelehnt. Es solle aber ein effektives Verfahren zum Austausch von Halterdaten und zur Amtshilfe bei der Ermittlung von Fahrerdaten geschaffen werden. Den Haltern müssten Tatvorwurf, ausländische Entscheidung und Rechtsmittelbelehrung in deutscher Sprache zukommen. Zudem müsse ein effektiver Rechtsschutz gewährt werden. Die EU hatte einen Rahmenbeschluss über die gegenseitige Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen vorgelegt, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Schnelle Beseitigung von Unfallschwerpunkten

Unfallschwerpunkte auf deutschen Straßen sollen nach der Empfehlung des Verkehrsgerichtstages künftig schneller beseitigt werden. Die Experten appellierten an Bund, Länder und Gemeinden, mehr Geld dafür bereitzustellen. Die bundesweit rund 500 Unfallkommissionen, in denen Polizei sowie Straßenbau- und Straßenverkehrsbehörden zusammen arbeiten, um Unfallschwerpunkte zu erkennen, sollen zudem einen größeren Stellenwert erhalten und in die Straßenverkehrsordnung (StVO) aufgenommen werden. Die Kommissionen tragen nach Ansicht von Experten mit ihrer Arbeit dazu bei, jährlich Unfallkosten in Höhe von mehreren Milliarden Euro zu verhindern.

Einen verbindlichen Kriterienkatalog forderte der Verkehrsgerichtstag für die Einschätzung psychischer Schäden nach einem Verkehrsunfall. Fälle von Simulation und Übertreibung könnten nur durch standardisierte Untersuchungsverfahren ausgeschlossen werden. Ein frühzeitiger und fachlich qualifizierter Befund sei entscheidend für eine rasche Schadensabwicklung und eine erfolgreiche Therapie.

Fuhrparkmanager für große Firmen

Das Expertengremium forderte auch, dass Unternehmer mit einem großen Fuhrpark die Halterpflicht künftig auf einen leitenden Mitarbeiter übertragen können. Der sogenannte Fuhrparkmanager sei dann für den Zustand der Fahrzeuge, die Eignung der Fahrer und deren Lenk- und Ruhezeiten verantwortlich.

Beim 46. Verkehrsgerichtstag in Goslar haben rund 1500 Experten aus Ministerien, Verbänden, Behörden und Hochschulen drei Tage lang über aktuelle Verkehrsfragen debattiert. Die Empfehlungen des Gremiums hatten in der Vergangenheit oft Gesetzesänderungen zur Folge. (dpa)

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