Jeder dritte Autofahrer ein Blinkmuffel

Disziplin lässt nach

Die Blinkmoral auf deutschen Straßen ist schlecht. Besonders im Süden Deutschlands sind viele Blinkmuffel unterwegs und auch die Verkehrspolizei kann nicht gerade als Beispiel vorangehen.

Von Heike Sonnberger

Abknickende Vorfahrtsstraßen und Kreisverkehre gehören zu ihren liebsten Revieren, doch auch an Kreuzungen und Autobahnauffahrten tummeln sich zahlreiche «Blinkmuffel». Die Blinkmoral auf deutschen Straßen ist schlecht - zu dem Schluss kommt eine Studie des Auto Club Europa (ACE), der das Verhalten der Abbieger im Land untersucht hat. Jeder dritte deutsche Autofahrer setzt demnach seinen Blinker nicht vorschriftsgemäß. «Die Disziplin lässt nach», warnt ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner.

Zwischen Mai und Juni an 700 Kreuzungen

394.000 Fahrzeuge beobachtete der Club zwischen Mai und Juni an bundesweit 700 Kreuzungen, Kreiseln und anderen heiklen Stellen im Straßenverkehr. «Bedrohliche Ausmaße» nimmt der Anteil der Blinkverweigerer der Studie zufolge auf abknickenden Vorfahrtsstraßen an: Fast die Hälfte der Fahrer (45 Prozent) setzte dort kein Lichtzeichen. Im Kreuzungsbereich war es immerhin jeder Fünfte.

Der Süden und die Mitte Deutschlands kommen bei der Zählung besonders schlecht weg. «Im Norden und Nordosten herrscht bei der Beachtung von Verkehrsregeln generell eine etwas größere Disziplin», sagt Hillgärtner. In den neuen Bundesländern benutzen 80 Prozent der Autofahrer den Blinker. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen und Hamburg sind es immerhin noch drei Viertel. Weitaus mehr Blinkmuffel steuern über die Straßen Hessens, Baden-Württembergs, des Saarlands und von Rheinland-Pfalz. Dort lag ihr Anteil bei 42 Prozent.

Streifenwagen keine Vorbilder

Streifenwagen fahren laut Hillgärtner nur selten mit gutem Beispiel voran. «In den Reihen der Verkehrspolizei tummeln sich Blinkmuffel derzeit offenbar genauso ungeniert wie anderswo», sagt er. Bessere Ergebnisse können Bus- und Lastwagenfahrer vorweisen: «Das sind geschulte Berufskraftfahrer, die verinnerlicht haben, worauf es ankommt.» Zur «Hochrisikogruppe» gehören laut ACE Fahrer von Transportern, von denen 34,4 Prozent nicht vorschriftsgemäß blinken (Personenwagen: 32,5 Prozent) und auch sonst einen nachlässigen Fahrstil aufweisen. «Das sind oft kleinere Speditionen, die ihre Leute ordentlich unter Druck setzen», sagt Hillgärtner.

Dabei gehe es nicht allein um ein so kleines Vergehen wie das unterlassene Blinken, für das der Fahrer im schlimmsten Fall ein Verwarnungsgeld von zehn Euro zahlen muss. «Wer aus Faulheit, Vergesslichkeit oder aus schlichter Unwissenheit ständig eine kleine aber gleichwohl wichtige Regel missachtet, ist in gewisser Weise auch anfälliger für Verkehrsverstöße anderer Art», mahnt Hillgärtner. Etwa 67.000 Unfälle mit Toten oder Verletzten passieren nach Angaben des ACE jährlich in Bereichen, in denen geblinkt werden muss - etwa beim Abbiegen und Überholen.

Alleinhaftung bei Unfall

Wer aber zum Beispiel beim Linksabbiegen nicht geblinkt hat, haftet laut ACE gewöhnlich allein für die Unfallfolgen. Fährt der Hintermann auf, weil man vor dem Abbiegen zwar gebremst, aber nicht geblinkt hat, haftet der Fahrer bis zu 40 Prozent mit.

Die Forderung an die Polizei, das Blinkverhalten stärker zu kontrollieren, sei mit der Studie aber nicht verbunden, sagt Hillgärtner. Das sei bei den personellen Engpässen auch kaum möglich. Vielmehr wolle man «mit einem Augenzwinkern» den Bürgern einen Spiegel vorhalten. «Wir sind alle selbst gelegentlich Blinkmuffel», sagt Hillgärtner. Laut einem Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums sind keine besonderen Aktionen in dem Bereich geplant. «Die Polizei setzt die Prioritäten da, wo die Auswirkungen gravierender sind», sagt Sprecher Günter Loos.

STVO verständlicher formulieren

Einen Vorschlag hat Hillgärtner, der dazu beitragen könnte, zumindest die Quote der schlecht aufgeklärten Blinkmuffel zu verringern: Die Straßenverkehrsordnung solle verständlicher formuliert werden, fordert er. «Wenn Sie in die Begriffswelt der Verkehrsregeln einsteigen, tränen Ihnen die Augen.» Worte wie Lichtzeichenanlage und Fahrtrichtungsanzeiger seien viel zu abgehoben vom Jargon des Durchschnittsfahrers. (dpa)

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