Mit dem Sport SV präsentiert Range Rover die Krönung ihrer Geländewagen-Legende. Mit Vernunft hat das wenig zu tun – dafür viel mit Geld.
Natürlich passt so ein völlig überpowerter Range Rover nicht mehr wirklich in die heutige Zeit. Natürlich muss ein sündhaft teures SUV nicht mit 290 km/h über die linke Spur der Autobahn heizen und dabei pro Kilometer 282 Gramm CO2 in die Atemluft entlassen. Und natürlich muss die britische Traditionsmarke Jaguar-Land-Rover all die Fragen über die Sinnhaftigkeit eines Geländewagens mit 635 PS über sich ergehen lassen.
Da wird der Hinweis kaum verfangen, dass der Range Rover Sport SV kein Massenprodukt ist und nur selten in freier Wildbahn entdeckt werden wird. Die hauseigene Teststrecke des Firmensitzes in Gaydon ist durch Zäune gut gegen Neugierde geschützt. Unser Pilot darf die Schranke passieren, rollt noch verhalten in Richtung einer dreispurigen Piste. Die niedrigen Drehzahlen reichen für ein wohliges Blubbern aus dem Motorraum, erzeugt vom neuen Achtzylinder-Herz mit 4,4 Litern Hubraum – aufgeladen von zwei Turbos. Der Motor stammt von BMW, tut dort in diversen Hochleistungsmodellen bereits seinen Dienst.
Atemberaubender Antritt
Wenn Gary, wie der angestellte Testfahrer genannt werden will, das rechte Pedal tritt, wird schnell klar: Die Mutterfirma Land Rover wird wohl alles richtig gemacht haben, wenn sie auf die betuchten Enthusiasten setzt und deren Hunger mit souveräner Durchzugskraft, einem atemberaubenden Antritt und der passenden Geräuschkulisse stillt. Der Tribut an die handverlesene Kundschaft, die bei alledem auf exklusivem Luxus setzt.
Wie viele der künftigen Besitzer bereits das Vormodell in der Garage haben, verraten die Briten nicht. Schon der Range Rover Sport SVR und sein Fünfliter-Achtzylinder mit Kompressor lieferte 575 PS, war also keineswegs untermotorisiert. Jetzt steigert sich die Leistung um 60 PS und das Drehmoment auf 750 Newtonmeter. Das „R“ wurde gestrichen. Übrig bleibt das Kürzel „SV“, was für „Special Operation“ steht und ähnlich wie das „M“ bei BMW oder das „RS“ bei Audi besondere Varianten eines Serienmodells verrät.
Auf der Testbahn katapultiert sich der Neuling wie erwartet energisch vorwärts. Nach deutlich unter vier Sekunden fällt die 100er-Marke. Die möglichen 290 km/h werden bei dieser Mitfahrt nicht erreicht. Während der identisch motorisierte BMW X5 M bei 250 km/h abriegelt, der Porsche Cayenne Turbo S bei 284 km/h, sichert sich der Range Rover Sport SV die Pole – ist von allen Zwängen, auch denen der Vernunft, entfesselt.
Allradantrieb und Allradlenkung
Viel eindrucksvoller die Art und Weise wie sich das 2,5-Tonnen-Monster um die Ecken bewegt. Vollgaskurven meistert er ohne sichtbare Lenkbewegung. Werden die Biegungen enger, kommt die Luftfederung ins Spiel. Keine Seitenneigung der Karosserie, auch wenn die Zentrifugalkraft ihre Wirkung an die Insassen weiterreicht. Natürlich ist der neue Überflieger mit Allradantrieb und Allradlenkung gesegnet.
Die ausgeklügelte Technik wirkt auch dem Aufbäumen beim Kavaliersstart und dem Eintauchen beim Bremsen entgegen. Erstmals in einem Range Rover sorgt eine Karbon-Keramik-Bremsanlage des Spezialisten Brembo für sicheres Verzögern. In Summe ist all das für die Fans sicher der ultimative Kick. So ganz nebenbei: Der Range Rover kann wie seine Stallgefährten auch Gelände, gehört in dieser Disziplin seit jeher zu den Besten. Unser Testwagen blieb diesmal aber sauber.
Äußerlich ist der König der Range Rover nur dezent verändert. Größere Lufteinlässe, dazu ein schmalerer Grill und ebensolche LED-Lichtbänder als Scheinwerfer. Auf Wunsch können 23-Zoll-Räder aus Karbon bestellt werden, die in Summe 76 Kilo einsparen. Die feine Ausstattung im Innenraum im Kontrast zur Fähigkeit auf der Piste und im Gelände steht, hat der „SV“ von anderen Range Rover Varianten geerbt.
Die erste Jahresproduktion, die üppig ausgestattete „Edition One“, ist ausverkauft. Nur ausgewählte Kunden hatten eine Chance, wurden zuvor handverlesen zum Kauf eingeladen und haben gut 220.000 Euro locker gemacht. Wenn die Serienproduktion angelaufen ist und weniger Extras an Bord sein werden, wird sich der Preis wohl unter 200.000 Euro einpendeln. (SP-X)