Porsche Taycan 4S: Ein Fall für Sparfüchse

Porsche Taycan 4S: Ein Fall für Sparfüchse
Der Porsche Taycan 4S in finnischer Winterlandschaft. © Porsche

Mit einem Listenpreis von 105.607 Euro ist der neue Porsche Taycan 4S kein Schnäppchen. Dennoch könnte er die Wahl der schwäbischen Hausfrau sein, denn die ist legendär preisbewusst.

Nachdem Porsche reichlich Verwirrung gestiftet hat, indem das elektrische Spitzenmodell den Beinamen „Turbo S“ übergeholfen bekam, scheint die Marken-Nomenklatur an der Basis der Baureihe Taycan wieder in Ordnung. Aus der Bezeichnung „4S“ ergibt sich zwingend, dass es sich um ein allradgetriebenes Fahrzeug handelt.

Analog zum zunächst vorgestellten Turbo gibt es auch hier die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Leistungsstufen – eine mit 390 kW (entsprechend 530 PS) und eine mit 420 Kilowatt (571 PS).

Driften bei Eiseskälte

Gerade ist Porsche dabei, die Wintertauglichkeit seiner Stark-Stromer der Fach-Öffentlichkeit vorzuführen. In der Kälte, das ist jedem bekannt, der schon mal bei Frost auf die Ladung eines Akkus zurückgreifen wollte, lässt die Leistung der Elektrizitäts-Speicher spürbar nach. Für ein E-Sportwagen bedeutet dies weniger Power, weniger Reichweite und notfalls den Verzicht auf Heizung. Auf einer Eisfläche nahe dem lappländischen Ski-Ort Levi driften die Testfahrer um die Wette, stets mit der Herausforderung konfrontiert, das enorme Drehmoment der Elektromotoren im Zaum zu halten.

Mambagrün heißt die Lackierung des Porsche Taycan 4S. Damit fällt man auf. Foto: Porsche

Nicht nur die Produkte der Firma Porsche sind bekannt für ihre Sportlichkeit, sondern auch deren Preise. Der Begriff „Einsteigermodell“ will deshalb nicht recht passen für einen viertürigen Wagen mit sechsstelligem Preis, und doch scheint der Taycan S in der Modellriege eine pekuniäre Sonderstellung einzunehmen. Im Preisgefüge der Marke liegen zwischen dem Klassiker 911 Carrera und dem High-Tech-Neuling Taycan 4S kaum 1000 Euro Preisunterschied. Dieser Betrag reicht gewöhnlich nicht einmal aus, um für den Carrera eine Metallic-Lackierung zu bestellen.

50:50 Lastverteilung

Nun ist der 911 Carrera eine Sportwagen-Ikone besonderen Kalibers, was aus Sicht des Herstellers allein schon eine Ausdehnung der Marge rechtfertigen dürfte. Andererseits repräsentiert er trotz steter Anpassung an das technisch Mögliche ein betagtes Konzept sportlichen Autofahrens, dem es durch Verbrennungsmotor im Heck und Hinterradantrieb schwerfällt, eine ausgewogene Achslastverteilung darstellen kann. Der zwischen den Achsen platzierte Leistungsakku des Taycans garantiert eine 50:50-Verteilung und damit beispielhafte Balance.

Ist der Taycan 4S womöglich der bessere 911er – wie es vor Jahren schon einmal vom Modell Cayman behauptet wurde? Die Tatsachen scheinen zugunsten des Elektro-Neulings zu sprechen. Für den besagten Preisunterschied bekommt man beim Taycan 107 Kilowatt Leistung mehr, das sind umgerechnet 6,90 Euro pro Pferdestärke – ein für Porsche-Verhältnisse geradezu sensationell günstiger Wert. Zusätzlich, also praktisch als Dreingabe, bekommt man mehr Platz. Ein Vergleich zwischen den Rücksitzen des Taycans und den Kindermulden im 911er kann eindeutiger kaum ausfallen.

Verzicht auf Bauteile

Der Porsche Taycan 4S ist natürlich mit Allrad unterwegs. Foto: Porsche

Das ultra-moderne Antriebskonzept, das smarte Lademanagement, die ausgewogene Gewichtsverteilung sowie der Allradantrieb sprechen ebenfalls für den Taycan. Obendrein entlastet er das Umwelt-Gewissen. Als komplett emissionsfreie Limousine, idealer Weise geladen mit 100 Prozent Öko-Strom, kann sich jeder Fahrer und jede Fahrerin von vermeintlichen Umweltfrevlern unter Sportwagen-Liebhabern absetzen. Dass der Taycan durch Verzicht auf Abgasanlage. Kurbelwelle, Einspritzanlage oder Ladeluftkühler auch Arbeitsplätze in der Zuliefer-Industrie überflüssig machen dürfte, ist eine andere, eine volkswirtschaftliche Rechnung.

Die sprichwörtliche schwäbische Hausfrau könnte jedenfalls unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten zu der Erkenntnis gelangen, dass der Taycan 4S für einen bescheidenen Mehraufwand einen erheblichen Mehrwert bietet. Die Fans des „ehrlichen“ Sportwagens, wo explosionsbedingte Kraftentfaltung für physisches und akustisches Vergnügen sorgt, wird dies wohl nur wenig beeindrucken. Eine Ikone ist eine Ikone ist eine Ikone.

Vorheriger ArtikelAlkohol-Wegfahrsperre kommt ab 2022
Nächster ArtikelLand Rover Defender: Gemacht fürs Abenteuer
Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

Keine Beiträge vorhanden

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein
Bitte geben Sie Ihren Namen ein