Komfort und Alltagstauglichkeit sind nachgeordnete Kategorien im Porsche Boxster Spyder. Für ein puristisches Fahrgefühl geht er wenige Kompromisse ein.
Von Sabine Stahl
Roadsterfahrer bezeichnen sich gerne als Puristen und pfeifen dem Fahrspaß zuliebe auf jeglichen Komfort. In diesem Geist erdachte Porsche einst den Boxster Spyder stellte ihn kompromisslos auf die Räder. Wer sich einen Boxster Spyder zulegt, muss süchtig sein, nach Sonne, frischer Luft und Geschwindigkeit. Denn der 64.118 Euro teure Zweisitzer ist genau dafür geschaffen worden: Selbst Tempo 200 ist ohne Verdeck ein Genuss.
Arbeitsintensiver Dachaufbau
Rein äußerlich betrachtet, sieht der Hecktriebler jedoch am spektakulärsten aus, wenn er seine minimalistische Stoffmütze aufgesetzt hat, die wirklich nur das Nötigste bedeckt. Das Aufsetzen verlangt zwar jede Menge Arbeit und am besten gelingt dies mit vier Händen - denn das Verdeck muss an verschiedenen Stellen eingerastet, verhakt und gespannt werden. Aber auch mit ausgezogenem Oberteil ist der Boxster Spyder ein echter Hingucker. Die beiden lang gezogenen Wölbungen auf dem Heck versprechen Sinnlichkeit, die seitlichen Lufteinlässe demonstrieren Heißblütigkeit.
Gas antippen genügt
Neben den rein äußerlichen Reizen verfügt der Porsche auch über jede Menge Qualitäten unterm Blech: Der 3,4-Liter-Sechszylinder-Boxermotor leistet 235 kW/320 PS und damit 10 PS mehr als beim Boxster. Doch die Extra-Power ist noch nicht alles. Durch konsequenten Leichtbau wiegt der Spyder gerade einmal 1.275 Kilogramm und kommt so auf ein Leistungsgewicht von knapp unter 4 Kilogramm je PS - damit toppt er sogar den 911 Carrera. Kein Wunder also, dass bereits ein Antippen des Gaspedals genügt und ab geht die Post in Richtung Horizont. Dabei kann der kernig tönende Motor nach Lust und Laune belastet werden, denn der Boxer im Boxster dreht ohne spürbare Anstrengung bis 6.000 Umdrehungen.
Nur beim Kuppeln muss man kräftig und entschlossen sein, will man zwischen den sechs Gängen wechseln. Überraschend zurückhaltend geht der Spyder mit dem Super Plus im Tank um. 9,8 Liter sind mit etwas Beherrschung drin und damit liegt man nur 0,1 Liter über den Herstellerangaben. Wer sich dem Roadster jedoch hingibt, der muss dafür mit einem Durchschnittswert deutlich jenseits der zehn Liter bezahlen. Bei der Steuer werden 284 Euro pro Jahr fällig.
Sport- oder Schalensitze?
Beim Material ist Porsche kompromisslos. Das hat neben der Verwendung von leichtem Aluminium für Türen und Klappen auch zur Folge, dass zugunsten des Leichtgewichts ab Werk kein Radio an Bord ist - es kann aber natürlich geordert werden. Keine Kompromisse gibt es bei den Sitzen: Der Kunde wählt, ohne Aufpreis, zwischen Sportsitzen und Sportschalensitzen. Letztere sind eine durchaus harte Angelegenheit und für den bequemen Langstreckentrip völlig ungeeignet. Hat man sich erst einmal in den Spyder geschlängelt und auf den Schalen Platz genommen, punkten sie mit hervorragendem Seitenhalt. Der mittig platzierte Motor sorgt für eine ausgewogene Gewichtsverteilung und das um 20 Millimeter tiefer gelegte Fahrwerk für eine zum Fahrzeugkonzept passende harte Straßenlage. Die Bremsen sind äußerst feinfühlig und reagieren prompt auf jeden Verzögerungswunsch.
Keine Frage der Alltagstauglichkeit
Mit seinem Fliegengewicht und der großzügig bemessenen Leistung ist der Boxster Spyder als reine Spaßmaschine konzipiert. Von Alltagstauglichkeit will der Schwabe nichts wissen - auch wenn die beiden Kofferräume vorn und hinten genügend Raum für einen Wochenendtrip zu zweit bieten. Kein Wunder, dass das Dach - wenn auch schön anzusehen - nur ein notdürftiger Schutzschirm gegen Regen oder Sonne ist. Beim Testwagen lag die Stoffkapuze an der Beifahrerseite allerdings schlecht an und verursachten unangenehme Windgeräusche. Der Boxster Spyder will eben von "Firlefanz" wie Komfort nichts wissen. (mid)