
Die EU hat beschlossen, 20235 aus dem Verbrenner auszusteigen. Ursula von der Leyen hat bereits vor ihrer erfolgreichen Wiederwahl zur Kommisionspräsidentin versprochen, sich für Ausnahmen für E-Fuels einzusetzen.
Ab 2035 sollen in der EU nur noch emissionsfreie Fahrzeug neu zugelassen werden. Ursula von der Leyen hat im Streit um das Verbrenner-Aus für den Fall ihrer Wiederwahl zur EU-Kommissionspräsidentin einen Vorstoß für Ausnahmen für sogenannte E-Fuels angekündigt. Am Donnerstag wurde die CDU-Politikerin wiedergewählt.
Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei ein technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem die synthetischen Kraftstoffe eine Rolle spielten, heißt es in den politischen Leitlinien der CDU-Politikerin für die kommenden fünf Jahre. Die EU hat beschlossen, dass ab 2035 nur noch Neuwagen zugelassen werden sollen, die im Betrieb kein klimaschädliches CO2 ausstoßen. Die Bundesregierung hatte sich auf Drängen der FDP dafür eingesetzt, dass es Ausnahmen für E-Fuels geben soll.
Technologieoffener Ansatz wird verfolgt
Von der Leyens Leitlinien heißt es nun konkret, dass sie einen technologieneutralen Ansatz durch eine gezielte Änderung des entsprechenden EU-Gesetzes erreichen will. Der Vorsitzende des Mitte-Rechts-Bündnis EVP, Manfred Weber (CSU), zeigte sich erfreut: «Ich begrüße, dass die neue Kommission das Verbrenner-Aus überarbeiten wird und auf Technologieoffenheit setzt.» Die CDU/CSU hatte im Vorfeld der Europawahlen sich dafür eingesetzt, dass das Verbrenner-Aus gestoppt wird.
E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren theoretisch klimaneutral betrieben werden können. Sie sind aber verhältnismäßig teuer und werden etwa im Luftverkehr dringend gebraucht. Denn es ist schwieriger, Flugzeuge im großen Stil elektrisch zu betreiben als Autos. Nicht nur in der Autoindustrie wird der Einsatz von E-Fuels für den Massenmarkt kritisch gesehen. VW-Markenchef Thomas Schäfer hatte sich in einem Interview mit der Autogazette vor ein paar Wochen gegen E-Fuels für den Einsatz im Volumensegment ausgesprochen. Wie er sagte, hätten auch synthetische Kraftstoffe für bestimmte Anwendungsfälle ihre Berechtigung. „Doch wenn es um das Pkw-Volumensegment geht, führt kein Weg am batterie-elektrischen Fahren vorbei“, so Schäfer.
Wissing begrüßt Vorstoß
Von der Leyen kämpft derzeit um eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin. Dafür muss eine absolute Mehrheit unter den 700 Abgeordneten des Europaparlaments für sie stimmen. Zahlreiche Abgeordnete hatten in den vergangenen Tagen betont, dass ihre Stimme davon abhängt, was in ihren politischen Leitlinien steht.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing zeigte sich erfreut über die Ankündigung von der Leyens. Der FDP-Politiker sagte, er erwarte, dass sie das Vorhaben zur Chefinnensache mache und sich persönlich dafür einsetze, Genehmigungsvorschriften für E-Fuels-only-Fahrzeuge zu schaffen. So könne der Verkehr schneller klimafreundlicher werden.
Vekehrsministerium in Kritik
Das Ministerium von Wissing sieht sich derzeit Kritik im Zuge seines Engagements wegen einer Kampagne für HVO100 ausgesetzt. Nach Vorwürfen gegen den Automobilclub Mobil in Deutschland lässt Verkehrs-Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) die Schirmherrschaft für eine Kraftstoff-Kampagne des Vereins ruhen. Das Bundesverkehrsministerium führte dazu Recherchen des ZDF-Magazins „frontal“ an. Demnach soll der Club in einer Präsentation für die Kampagne „HVO100 goes Germany“ damit geworben haben, gegen Bezahlung Termine mit der Leitungsebene des Ministeriums zu vermitteln. Der Automobilclub wies die Vorwürfe zurück.
Das Ministerium erklärte, man trete „jeglichen Vorwürfen einer unrechtmäßigen Einflussnahme von Interessengruppen und einer Vermittlung von Terminen mit der Hausleitung gegen Bezahlung mit aller Entschiedenheit entgegen“. Die Übernahme von Schirmherrschaften sei grundsätzlich nicht mit Gegenleistungen verbunden. Eine derartige Praxis würde eine Schirmherrschaft von vornherein ausschließen. Das Ministerium forderte Aufklärung von dem Automobilclub. Dieser sprach von falschen Anschuldigungen. „Es gab und gibt selbstverständlich keine bezahlten Terminvermittlungen und diese wurden auch von uns weder erwogen noch mit Dritten diskutiert oder gar angeboten oder durchgeführt“, hieß es in einer Mitteilung des Vereins.
Frontal beruft sich auf interne Präsentationen
Das ZDF-Magazin beruft sich in seinem Bericht auf mehrere ihm vorliegende interne Präsentationen von Mobil in Deutschland: „Darin werden Leistungen genannt, die Unterstützern von „HVO100 goes Germany“ in Aussicht gestellt wurden – und welche Preise der Verein dafür verlangt. Dazu zählt eine „Premium-Kooperation“ für 9.900 Euro pro Jahr mit der „Möglichkeit, sich bei einem exklusiven VIP-Meeting mit Minister oder Staatssekretär vorzustellen und auszutauschen“.“
„Es ist nicht die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern, sich für irreführende Lobbykampagnen einspannen zu lassen“, teilte Christina Deckwirth, Sprecherin des Vereins Lobbycontrol, mit. „Sie machen damit gemeinsame Sache mit der Verbrenner- und Benzinlobby und bieten deren Anliegen einseitige privilegierte Zugänge.“ Ziel dahinter sei es, das in Brüssel beschlossene Verbrenner-Aus zu kippen. Das widerspreche laut Fachleuten sowohl dem Stand der Forschung als auch klimapolitischen Notwendigkeiten. Lobbycontrol, ein gemeinnütziger Verein, hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Machtstrukturen und Einflussstrategien in Deutschland und der EU aufzuklären. (FM/dpa)