Keine Absprachen beim Kraftstoff

Marktuntersuchung des Kartellamtes

Das Bundeskartellamt kann keine Preis-Absprachen der Mineralölgesellschaften untereinander feststellen. Preissteigerungen erklären sich aufgrund höherer Nachfragen, sagte Kartellamtssprecherin Silke Kaul.

Der deutsche Benzin-Markt wird von fünf großen Anbietern beherrscht, es gibt aber keine Hinweise auf Absprachen über die Spritpreise. Das ist das Ergebnis einer erstmaligen breiten Marktuntersuchung des Bundeskartellamts, wie die Deutsche Presse- Agentur dpa am Mittwoch in Bonn erfuhr. Das «Fünfer-Oligopol» bestehe aus den marktbeherrschenden Mineralölgesellschaften Shell, BP/Aral, Esso, Total und JET (CONOCO), sagte Kartellamts-Sprecherin Silke Kaul der dpa. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung sei, dass der Markt schrumpfe. «Es scheinen tatsächlich weniger Menschen Auto zu fahren und auch der Verbrauch der Fahrzeuge sinkt.»

Keine Fusion mehr möglich

Die Oligopol-Feststellung bedeutet nach Angaben Kauls, dass diese Unternehmen nun grundsätzlich keine Fusionen oder Übernahmen mehr vornehmen dürfen. Sie stünden jetzt auch stärker im Missbrauchs-Visier der Behörde, wobei sie etwa die Wettbewerbspositionen anderer Unternehmen nicht ungerechtfertigt einschränken könnten.

Wenn fünf Unternehmen zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen, dann gehen die Wettbewerbshüter davon aus, dass sie ein «marktbeherrschendes Oligopol» bilden - sofern sie sich untereinander keinen Wettbewerb machen und auch von außen kein wesentlicher Wettbewerb stattfindet. Nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen verboten.

Keine Hinweise auf Absprachen

In der Untersuchung habe das Kartellamt keine Hinweise auf Preisabsprachen der Mineralölkonzerne erhalten, sagte Kaul der dpa. «Unsere Untersuchung zeigt: Es gibt keinen Anlass anzunehmen, dass ein Preishöhen-Missbrauch betrieben wird.» Der Markt in Deutschland sei «vollkommen transparent». «Da braucht man keine Absprachen im Hinterzimmer.»

In der Vergangenheit war in der Öffentlichkeit und bei Verbraucherschützern bei ungefähr zeitgleichen und parallelen Preisanhebungen immer wieder gemutmaßt worden, dass die Konzerne ihre Preise an der Zapfsäule untereinander absprechen könnten. Dies konnte aber vom Kartellamt niemals bestätigt oder nachgewiesen werden.

Anstieg saisonal bedingt

Für Preisanhebungen sei der Spielraum auch begrenzt, erläuterte Kaul. Allein 60 bis 70 Prozent des Endpreises entfielen auf Steuern und Abgaben - wie Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer. Die Bezugspreise bei den Spotmärkten seien «sehr wettbewerbsintensiv». Daneben gebe es nur sehr geringe Deckungsbeiträge (Kosten etwa für Personal und Fahrzeuge). Außerdem schrumpfe der Markt - und damit verschärfe sich der Wettbewerb.

Würden jetzt zu Ostern etwa die Preise steigen, so sei dies ein mit erhöhter Nachfrage aufgrund von mehr Reisen zu erklärender Vorgang, sagte Kaul. Auch paralleles Preisverhalten als solches sei nicht anfechtbar. «Auch Hotels heben in der Saison ihre Preise an.»

Keine Preiskontrollbehörde

Das Kartellamt sei zwar für eventuellen Preismissbrauch zuständig, es sei aber nicht seine Aufgabe, die Preise generell zu überwachen, sagte Kaul. «Wir sind keine Preiskontrollbehörde.» Deshalb sei allein durch die Tatsache steigender Preise und ohne Hinweise auf missbräuchliches Verhalten und verbotene Absprachen auch der schnelle Ruf nach dem Amt nicht gerechtfertigt. In der Untersuchung über den Benzinmarkt sei es auch nicht direkt um die Preise gegangen, sondern um die Marktstrukturen. Aber dabei habe man auch Hinweise auf die Preisgestaltung bekommen.

Es sei die erste derartige Untersuchung zu dem «komplizierten Markt» und auch die erste derartige Feststellung eines «marktbeherrschenden Oligopols», sagte Kaul. Anlass war die Übernahme von insgesamt sechs Tankstellen durch Shell in Berlin und Ostdeutschland (Go-Tankstellen). Die Behörde entschied sich für eine tiefer gehende Prüfung. Die Übernahme selbst war von sehr geringem Volumen und wurde Ende vergangener Woche vom Kartellamt ohne Einwände genehmigt, wie Kaul bestätigte.

Preise fast auf Rekordniveau

«Das bestätigt, was wir immer gesagt haben», erklärte Barbara Meyer-Bukow, die Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Hamburg zu den Ergebnissen der Untersuchung. «Der Markt ist wettbewerbsintensiv und es gibt keine Preisabsprachen.»

Nachdem in einigen Bundesländern bereits die Osterferien begonnen haben, müssen die Autofahrer in Deutschland im Durchschnitt 1,44 Euro für einen Liter Benzin und 1,35 Euro für einen Liter Diesel bezahlen. Das liegt nur wenig unter den absoluten Höchstständen im November 2007. Sprecher der Mineralölindustrie begründeten das hohe Preisniveau mit den Rekordpreisen auf den internationalen Rohöl- und Produktmärkten.

Der Chef des Shell-Tankstellengeschäfts in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Michael Dopheide, sagte, der Benzinverbrauch in Deutschland werde weiter zurückgehen, aber langsamer als bisher. (dpa)

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