Am Donnerstag ist es soweit. Dann wird Opel-Chef Stracke dem Aufsichtsrat seinen Sanierungs-Plan vorlegen. Wird es einen radikalen Sparkus geben?
Karl-Friedrich Stracke hat einen Knochenjob. Seit gut einem Jahr steht der Ingenieur an der Spitze von Opel, seit Monaten arbeitet er fieberhaft an einem Sanierungsplan. Das Dilemma: Einerseits muss er es dem US-Mutterkonzern General Motors recht machen, der die milliardenschweren Verluste in Europa endgültig satt hat. Andererseits dürfte es Stracke nicht leicht fallen, den Rotstift anzusetzen. Schließlich ist der Hesse nach mehr als drei Jahrzehnten beim Traditionshersteller Opelaner durch und durch. Und er muss die Arbeitnehmer ins Boot holen, um den Sparplan durchsetzen zu können.
Das alles riecht eher nach Kompromissen als nach Befreiungsschlag. Der chronische Verlustbringer Opel leidet unter kostspieligen Überkapazitäten, weil der Absatz lahmt - der Markt ist schwach, das Image im Keller. Zudem drücken immer neue Konkurrenten in den Markt.
Bei Opel müssen Kosten runter
Die Kosten müssen runter, der Absatz rauf. Das wissen Vorstand und Betriebsrat. Wie das geschehen soll, will Stracke am Donnerstag (28. Juni) im Aufsichtsrat erklären. Auch wenn GM-Manager das Gaspedal gerne durchdrücken würden: Der große Wurf ist nicht zu erwarten.
Zwar setzte an den Standorten das große Zittern ein, als im Februar Gerüchte um Werkschließungen bei Opel gestreut wurden. Die Angst nahm auch nicht ab, als Stracke betonte: «In einem Hochlohnland wie Deutschland müssen Sie jeden Stein umdrehen.» So sah Strackes erstes Konzept für die Opel-Sanierung Lohnverzicht, Werksschließungen und Stellenstreichungen vor. Der Plan fiel im Aufsichtsrat durch.
Inzwischen ist klar: Weil die Belegschaft im britischen Ellesmere Port zu Einschnitten bereit ist, läuft dort - und im polnischen Gleiwitz - künftig der Astra vom Band. Das Aus des zweiten Wackelkandidaten Bochum hat die Adam Opel AG zwar fest im Blick, dem Standort soll aber eine Gnadenfrist bis Ende 2016 eingeräumt werden. Bis dahin sollen in Deutschland betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden. Damit wird Stracke große Kostenblöcke nicht los. Dabei mahnen Autoexperten wie Stefan Bratzel: «Die Kapazitäten müssen reduziert werden, damit Opel nicht immer nur der Entwicklung hinterherläuft.»
Betriebsräte mit ins Boot holen
Doch Stracke muss auf die Bremse treten, um Betriebsräte und Gewerkschaften auf seine Seite zu holen. Nur Betriebsratschef Rainer Einenkel in Bochum bleibt außen vor. Er habe noch nicht begriffen, dass das Schicksal des Werks besiegelt sei, wird gespottet. GM-Boss Dan Akerson muss sich in Geduld üben - und die Aktionäre bei Laune halten. Kürzlich versprach er, in Europa Kapazitäten abzubauen, «wo und wann wir das können». Daraus wird wohl erstmal nichts.
Auch Gewinne wird Akerson so schnell nicht aus Europa verkünden können, glaubt Bratzel. Bis die Sparpläne greifen, dürften Jahre vergehen. Stracke setzt dem Vernehmen nach vor allem auf Synergien aus der Allianz mit Peugeot-Citroën (PSA), die die Konzerne mit etwa 1,5 Milliarden Euro angeben - allerdings erst nach rund fünf Jahren, wenn Fahrzeuge gemeinsam entwickelt und gebaut werden können. Zunächst soll der gemeinsame Einkauf Kosten drücken. «Das ist ein halbherziger Plan», schimpft ein Insider: «Weil er auf einem ebenfalls Fußkranken Partner aufbaut.»
Wie Stracke den Trend umkehren will, erkläre er im Sanierungsplan nur am Rande, ist zu hören. Es sei nur wenig ehrgeizig davon die Rede, mehr Autos in Exportmärkten wie China zu verkaufen, oder Wagen der Schwestermarke Chevrolet bei Opel zu bauen. Es gibt Zweifel, ob dieses Ziel realistisch ist. «Chevrolet produziert deutlich kostengünstiger in Korea», sagt Experte Ferdinand Dudenhöffer. Warum solle GM Millionen investieren, um höhere Kosten zu realisieren.
Aus amerikanischer Sicht ist Opel das schwarze Schaf im Konzern. Das Europageschäft hat nach Daten des Finanzdienstleisters Bloomberg seit 1999 Verluste von 16,4 Milliarden Dollar angehäuft (aktuell 13,1 Mrd Euro). Die roten Zahlen wurden zur Belastung, als GM 2009 am Abgrund stand. Die Regierung pumpte 50 Milliarden Dollar in die GM-Rettung, bis heute ist der Staat der größte Anteilseigner. Gerade jetzt im Wahlkampf dürfte es den Politikern in Washington schwer fallen, das Verlustgeschäft in Europa den Steuerzahlern beizubringen. (dpa)