Opel-Sanierung: IG Metall wirft PSA Erpressung vor

Opel-Sanierung: IG Metall wirft PSA Erpressung vor
Die Opel-Zentrale in Rüsselsheim. © dpa

Der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber ist erbost über den französischen PSA-Konzern: «Das ist eine Erpressung, die hier läuft», sagt der Gewerkschafter, der bei den bislang ergebnislosen Sanierungsverhandlungen für die deutschen Opel-Werke auf der Arbeitnehmerseite die Fäden führt.

Tausende Arbeitsplätze stehen in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern auf der Kippe, weil ein halbes Jahr nach Vorstellung des Sanierungsplans «Pace» immer noch unklar geblieben ist, wo und mit wie vielen Leuten Opel künftig welche Autos bauen will.

Am Freitag erklärte die IG Metall in Frankfurt noch einmal, warum sie erste Produktionsversprechen ausgeschlagen hat. Für die Sicherung von höchstens 1800 Arbeitsplätzen hätten die Franzosen den Verzicht auf Lohnerhöhungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld von fast 20.000 Beschäftigten verlangt, ohne eine klare und auf Zahlen basierte Zukunftsperspektive für das Unternehmen zu belegen. Einen solche Aufweichung des Flächentarifs wollte die Gewerkschaft aus übergeordneten Gründen nicht dulden. «Es liegt uns kein zukunftsfähiges Angebot vor. Das ist Fakt», schimpft der von der IG Metall entsandte Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug.

Opel-Werk Eisenach drohen Einschnitte

Beispiel Eisenach, einstiges Leuchtturmprojekt der deutschen Einheit: Opel hat laut Huber vorgeschlagen, an das Werk einzig den Geländewagen «Grandland» als neues Modell in einer Stückzahl nach Eisenach zu vergeben, die noch nicht einmal die Hälfte der Kapazität ausgefüllt hätte. In der Konsequenz sollte ungefähr die Hälfte der noch 1800 Beschäftigten gehen, zurück bleibe ein kostenmäßig niemals konkurrenzfähiges Werk im Einschichtbetrieb. «Das Angebot wäre der Tod auf Raten für Eisenach», befindet Huber. Am kommenden Dienstag will die IG Metall bei einer Betriebsversammlung in Thüringen Geschlossenheit demonstrieren.

Opel-Chef Michel Lohscheller beharrt im Gegenteil darauf, mit seinen Angeboten die übernommenen Zusagen des alten Eigentümers General Motors sogar zu übertreffen. Längst findet beim einstigen deutschen Auto-Marktführer aber eine Abstimmung mit den Füßen statt. Der Personalabbau läuft schneller, als es den Arbeitnehmervertretern lieb ist.

4000 verlassen Opel bis 2020

Nach Berechnungen Schäfer-Klugs ist bereits sicher, dass mehr als 4000 Beschäftigte das Unternehmen bis zum Jahr 2020 früher verlassen werden. Damit würden die ursprünglich intern geäußerten Forderungen des neuen Mutterkonzerns mehr als erfüllt, der angeblich rund 3700 Leute vorzeitig loswerden wollte.

Opel lockt mit Abfindungen, Altersteilzeit und Vorruhestand und sorgt sich offenbar wenig darum, dass Leute mit Schlüsselqualifikationen das Unternehmen verlassen könnten. Allein den Vorruhestand hätten bereits mehr als 2500 Beschäftigte gewählt, sagt der Betriebsrat. Weitere rund 2000 kämen dafür in Frage und eine unbekannte Zahl weiterer Beschäftigte könnte anderweitige Abfindungen von bis zu 275 000 Euro wählen. «Es stellt sich langsam die Frage, was mit der Arbeit passiert, wenn keiner mehr da ist», sagt der Betriebsratschef.

Betriebsrat bangt um Zukunft

Während die Menschen massenhaft die Abfindungsangebote wahrnehmen, bangt Schäfer-Klug um die Opel-Zukunft. Nach seinem Eindruck und internen Vorgaben zu den Personalkosten wolle PSA die anstehende Sanierung vor allem mit Abbaumaßnahmen in den deutschen Werken erreichen.

Während in Spanien, Polen und zuletzt Großbritannien nach gewerkschaftlichen Zugeständnissen bereits Investitionszusagen verteilt wurden, die teils sogar mit Produktionsausweitungen verbunden sind, kommen PSA und IG Metall in Deutschland nicht voran. «Da ist unwahrscheinlich viel grauer Nebel, in dem wir stochern», meinte Schäfer-Klug. Die Franzosen seien es einfach nicht gewohnt, ihre Planungen mit den Arbeitnehmern zu diskutieren. «Und ein Kompromiss wird im französischen System als Niederlage verstanden.»

Die Metaller ließen durchklingen, dass sie einen Abbau von 450 Jobs in Eisenach und rund 1200 Ingenieuren am Stammsitz Rüsselsheim akzeptieren könnten. Auf der anderen Seite wollen sie aber wissen, wohin die Opel-Fahrt geht. «Man kann den Eindruck gewinnen, dass sich PSA nur eine paar Billigstandorte und eine deutsche Marke gekauft hat», sagt Schäfer-Klug. Die verliere ihren Wert, wenn den Produkten nur noch ein deutscher Hut aufgesetzt werde, mahnte Huber. «Man muss sich entscheiden, ob man Hüte oder Automobile kreieren will.» (dpa)

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