Opel und PSA: Harmonische Beziehungen fördern die Motivation. Das scheint nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich zu gelten, sondern auch zwischen beiden Unternehmen.
Natürlich knarzt es in einer Beziehung auch einmal, wie gerade die Diskussion um die Zukunft des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim zeigt. Doch seit der Trennung von General Motors und der Übernahme durch den französischen Autokonzern im vorigen Jahr herrscht geradezu eine befreiende Aufbruchstimmung in Rüsselsheim.
Neue Verantwortlichkeiten, neue Plattformen, neue Modelle. „Paris liegt uns jetzt schon näher, als Detroit es jemals war“, sagt ein leitender Entwicklungs-Ingenieur. Es gilt, viel aufzuräumen und strukturelle Veränderungen auf den Weg zu bringen.
Opel setzt nur noch auf zwei Plattformen
Eine der Hauptaufgaben ist es, die technische Basis für zukünftige Modelle zu legen. Bislang jonglierte Opel mit neun Plattformen herum, auf denen 13 Modelle stehen. Man leistete sich zehn Motoren- und zwölf Getriebefamilien, die 47 Kombinationen erlaubten. Logistisch und kostenmäßig ein Wahnsinn.
Die neue Ausrichtung lautet: Sämtliche Modelle basieren auf nur noch zwei Plattformen. Sie wurden bereits von PSA entwickelt und nennen sich CMP (Compact Modular Platform) und EMP2 (Efficient Modular Platform). Dabei wird CMP für das Kompakt-Segment und EMP2 für die größeren Klassen genutzt. Zusammen sollen darauf innerhalb der PSA-Gruppe jeweils 13 Modelle entstehen. CMP wiederum erlaubt den Einsatz von herkömmlichen Antrieben, dient aber auch als Träger von elektrischen Varianten.
Corsa ist der erste Profiteur
Davon profitieren wird 2019 als Erster der nächste Corsa. „Wir konnten 50 Prozent der üblichen Entwicklungskosten einsparen“, sagt CEO Michael Lohscheller. 2020 bringt Opel den Corsa auch als reines BEV (Battery Electric Vehicle), also Elektroauto auf die Straße. Beide laufen in Saragossa in Spanien vom Band. Die dreitürige Version fällt weg, ebenso eine OPC-Variante, wie überhaupt deren Abteilung im Hinblick auf künftige CO2-Anforderungen geschlossen wird. Diesen Part sollen GSi-Versionen übernehmen, die nur optisch, aber nicht motorisch getunt werden.
Auf EMP2 können konventionelle Motoren – egal, ob Benziner, Diesel, Flüssig- oder Erdgas – und Plug-in-Hybride gesetzt werden. Ein Beispiel hierfür ist der Grandland X. Ihn wird es 2019 auch als PHEV geben, Opels dann erster Teilzeit-Stromer. Über dem Grandland X soll 2020 ein weiteres SUV platziert werden, mit siebensitziger Konfiguration analog zum Peugeot 5008 und ebenfalls mit Plug-in-Hybridantrieb.
Wasserstoff mit Perspektive
Das heißt im Umkehrschluss, Opel wird keine großen Elektroautos mit längeren Reichweiten im Portfolio haben. Für dieses Kundenprofil reaktivieren die Rüsselsheimer ihre Brennstoffzellen-Aktivitäten. Sie reichen, mit Unterbrechung, bis ins Jahr 1998 zurück. Der zuständige Leiter, Lars Peter Thiesen, sieht bei der Wasserstoff-Technik großes Potenzial. „Der Kunde kann letztlich sein gewohntes Verhalten bei Reichweite und beim Tanken beibehalten.“ Ausgelegt für die Brennstoffzelle wird die Nachfolge-Plattform von EMP2. Vor 2024 ist da jedoch nichts zu erwarten. Bis dahin will Opel sämtliche Modelle in einer elektrifizierten Variante anbieten, inklusive der leichten Nutzfahrzeuge. Der Vivaro macht 2019 den Anfang.
Innerhalb der PSA-Gruppe gehen insgesamt 15 Entwicklungskompetenzen nach Rüsselsheim. Unter anderem konzipiert Opel die nächste Generation des 1,6-Liter- Vierzylinder-Benziners, natürlich 48-Volt-Hybrid-fähig. Serienstart: 2022. Die Integration in den Markenverbund der Franzosen erfordert zwingend die eine oder andere Modelleinstellung, um so manche Verflechtung mit der ehemaligen Mutter GM zu lösen. Betroffen davon werden die Kleinwagen Adam und Karl sein. Ob sich Opel einen neuen Mini im Verbund mit PSA und Toyota leistet, ist ungewiss.
Ende für Cascada
Das Dach für immer zu geht auch beim Cascada. Das Ende des Zafira leitet 2020 bereits erwähntes Siebensitzer-SUV ein. Weiterleben darf dagegen der Mokka X. Das Bestseller-SUV hat enorm auf das Image der Marke eingezahlt. Der Nachfolger steht wie der Corsa auf der CMP-Plattform. Bis zum Ende ihres Lebenszyklus bleiben Astra, Insignia und wohl auch der Ampera-e im Programm. Spätestens 2024 wird für Opel das Kapitel General Motors zur Vergangenheit gehören.
Dann soll sich auch die neue Designlinie voll entfalten. Einen Ausblick darauf gibt im Herbst ein Konzeptfahrzeug. Kennzeichen des neuen Opel-Markengesichts ist ein prominenter platziertes Blitzlogo. Das Markenzeichen steht quasi im Zentrum eines Fadenkreuzes, dessen vertikale Teile aus Falzen in der Motorhaube und im Stoßfänger bestehen, während die Horizontale von charakteristischen Tagfahrlichtern gebildet wird. Insgesamt will das Design mutig und klar wirken, was kombiniert mit traditionellen „deutschen Tugenden“ bei Technik und Qualität das Markenimage prägen soll – „New Germanness“ nennt Opel den Stil.
(SP-X)