Zunehmende Tricksereien bei Oldtimer-Verkäufen

Sensible Gutachter

Zunehmende Tricksereien bei Oldtimer-Verkäufen
Der Opel Kadett C GT/E ist sehr begehrt. © Opel

Der Run auf Young- und Oldtimer ruft auch die Betrüger auf den Plan. Doch die Interessenten können möglichen Betrugsversuchen einen Riegel vorschieben.

Der Opel Kadett C GT/E ist ein Klassiker. Als gepflegter Youngtimer ist er heute so begehrt wie zu seinen besten Zeiten vor fast 40 Jahren, ähnlich wie der VW Golf GTI. Die große Nachfrage nach Klein- und Sonderserienfahrzeugen sowie die zu erwartenden Gewinnmargen bringen auch Verkäufer auf die Idee, diese auf Basis des jeweiligen Standardmodells umzurüsten - ein Original von damals ist das dann nicht mehr. Vor dem Kauf eines Young- oder Oldtimers sollten Interessenten daher wichtige Kriterien überprüfen, um sich vor Betrug zu schützen.

Steigende Fälschzungstendenz bei Youngtimern

«Grundsätzlich lassen sich mit mehr oder weniger großem Aufwand nahezu alle Teile eines historischen Fahrzeugs nachbauen», sagt Frank Reichert, der beim ADAC die Klassik-Abteilung leitet. Papiere, Historie, Ersatzteile und ein paar kleine Umbauten - Ansatzpunkte gibt es viele. Ein manipulierter Originalzustand oder das Hochrüsten auf ein Sondermodell sind oft nur durch einen Gutachter nachzuweisen. Um der Sache auf die Spur zu kommen, lohnt die Anfrage bei einem Markenclub, dort bekommt man meist Hilfe angeboten. Auch Rechnungen früherer Reparaturen und Restaurierungen sollten sich Interessenten vom Verkäufer vorlegen lassen.

«Fälschungen gibt es bei Renn- und Rallyefahrzeugen oder richtig seltenen Vorkriegsoldtimern», sagt Norbert Schroeder, Oldtimer-Experte des TÜV Rheinland. «Doch auch bei Youngtimern ist derzeit eine Tendenz zu entdecken.» Innerhalb der vor 30 Jahren oder früher gebauten gängigen Serien gibt es gefragte Sondermodelle. «Beim Ford Escort oder Capri war das die RS-Version oder beim Opel der GT/E», sagt Schroeder.

Prominenten-Bonus zur Preiserhöhung

Besonders kreativ entpuppen sich die Verkäufer solcher Fälschungen bei der Historie des angepriesenen Fahrzeugs - welcher Prominente es gefahren haben soll oder welches Schicksal sein Vorbesitzer wohl erlitt. Sofern der Oldtimer im frisch restaurierten Zustand und mit neuen Papieren dasteht, wird die Täuschung schwer zu entlarven sein.

«Wir Gutachter sind so sensibel geworden, dass wir immer zuerst einmal alles identifizieren», beschreibt TÜV-Experte Schroeder seine Arbeit. Dazu gehört nicht nur der Abgleich der Fahrgestellnummern. «Wir eignen uns vorab die Produktkenntnis des entsprechenden Modells an, was sehr aufwendig ist.

Markenclubs unterstützen beim Kauf

Oft sind es nur Spiegel, Felgen oder Stoßstangen, die den Unterschied zwischen Serien- und Sondermodell ausmachen. Dann wird es laut Norbert Schröder schwierig, Original von Fälschung zu unterscheiden. «Bei den Herstellern besteht die Möglichkeit, anhand der Fahrgestell- oder Briefnummer den Auslieferungszustand zu erfragen.» Viele Nummern könnten auch im Internet recherchiert werden.

Auch die Mercedes-Benz Interessen Gemeinschaft (MBIG), einer der größten Mercedes-Clubs Deutschlands, bekommt es mitunter mit schwarzen Schafen zu tun. «Wenn ich einen W 111 mit Flachkühler, aber ohne klare Historie sehe, schaue ich mir den schon genau an», sagt Günter Lehmann, einer der Restaurierungsexperten der MBIG. «Wäre der umrestauriert und somit gefälscht, würde ich das an bestimmten Details schnell feststellen können.»

Große Betrugsfälle eher bei hochpreisigen Oldtimern

Im besten Fall übernehmen gewerbliche Händler die Gewährleistung, bei Privatverkäufen entfällt diese bekanntlich. Auf juristischem Wege einen Vorsatz nachzuweisen, kann schwierig sein, denn viele Betrüger gehen verschlungene Pfade. Oft kommen die seltenen Preziosen aus den USA über die Niederlande nach Deutschland und finden über Zwischenhändler ihre neuen Besitzer. Rechtliche Ansprüche dann im Ausland geltend zu machen, ist so gut wie aussichtslos.

Die großen Betrugsfälle spielen sich nach wie vor in den Sphären der hochpreisigen Oldtimer ab. Bei Alltagsklassikern ist die Gefahr, einem Betrüger auf den Leim zu gehen, eher gering, schätzt ADAC-Mitarbeiter Reichert. Im einfachsten Fall können schon die im Originalbrief eingetragenen Vorbesitzer Auskunft über Zustand und Ausstattung des Autos vor der Restaurierung geben. (dpa/tmn)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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