RN 7: Auf der Suche nach den blauen Olivenbäumen

Buchtipp

RN 7: Auf der Suche nach den blauen Olivenbäumen
Mit dem Opel Kapitän von Paris ans Mittelmeer. © Verlagshaus Römerweg

Die Route Nationale 7 wird gerne als europäische Route 66 dargestellt. Die 1000 Kilometer zwischen Paris und Cote d’Azur laden zur Reise zwischen Vergangenheit und Gegenwart ein – und das in einem Opel Kapitän, Baujahr 1956.

Die Bilder aus alten französischen Filmen der 50er und 60er Jahre schwirren schnell im Kopf herum. In endlos langen Blechlawinen quälen sich die Urlauber über die französischen Nationalstraßen Richtung Mittelmeer. Autobahnen gab es damals noch nicht, so mussten die insgesamt 14 Straßen ausreichen. Mittlerweile gibt es auch im Nachbarland Schnellstraßen, sodass die Route Nationales an Bedeutung verloren. Der Journalist Michael Kröher und der Fotograf Wolfgang Groeger-Meier haben sich auf die Spuren der berühmtesten Route Nationale, der RN 7, begeben und das ganz stilecht mit einem Opel Kapitän aus dem Jahr 1956 und haben diese im Buch „In die Sonne, in die Ferne“ dokumentiert.

In zehn Etappen ans Mittelmeer

Die Route Nationale 7 entspringt wie alle 14 Nationalstraßen am sogenannten Point Zero in Paris und führt über rund 1000 Kilometer bis zur Cote d‘Azur. Sie gilt als die europäische Route 66 und wurde – wie auch die amerikanische Variante – in zahlreichen Liedern besungen. Der legendäre Charles Tenet verwandelt in seinem Chanson „Nationale 7“ Paris in einen Vorort von St. Paul de Vence, einem malerischen Ort kurz vor Nizza und besingt dabei die blauen Olivenbäume.

Kröher und Groeger-Meier haben sich auf insgesamt zehn Etappen auf die Suche nach dem Zauber dieser Straße begeben, die zur Reise zwischen Raum und Zeit, zwischen Vergangenheit und Zukunft avancierte. Alte Tankstellen oder Hotels, die schon zur Hoch-Zeit der RN7 müden Urlauber zum Nachschub verhalfen oder ein Bett für die Nacht boten, waren dabei an der Tagesordnung. Zum Teil waren diese erneuert, zum Teil klebte noch die Patina – sprich Werbebotschaften der vergangenen Jahrzehnte an den Wänden.

Auf den Spuren der Rolling Stones

Und natürlich laden die verschiedenen Landstriche auf dem Weg bis zur Grenze nach Italien zum Träumen ein, egal ob an der Loire, in Avignon oder der Provence. Sie schauen sich Proben im antiken Amphit-Theater von Orange ebenso an wie auch die Villa Nellcote in Villefranche-sur-Mer, in der die Rolling Stones einen Sommer residierten und dabei ihr Album "Exile on Main Street" produzierten.

Kröher und Groeger-Meier treffen dabei auf Menschen, die noch von den alten Zeiten schwärmen. Aber auch Menschen, die aus der Vergangenheit Profitables für die mittlerweile abseits der Hauptstrecken liegenden Orte herausholen wollen. In thematischen Einschüben werden dabei nicht die traumhaften Landstriche, die Klischee-erfüllende Lebensart oder das Essen beschrieben.

Groeger-Meier und Kröher setzen auch die rosarote Brille ab und beschreiben die nicht immer gelingende Integration mit den Bürgern aus den ehemaligen Kolonien ebenso wie sie die immer weiter wachsende Zahl der Bettenburgen am Mittelmeer kritisieren.

Aber natürlich überwiegen die Erzählungen und Bilder, die zum Träumen einladen, auch wenn letztendlich die blauen Olivenbäume nicht gesichtet wurden. Geweckt wird aber die Sehnsucht, die RN7 selbst einmal abzufahren – es muss ja nicht mit einem Opel Kapitän, Baujahr 1956 sein. (AG/TF)

(Michael Kroeher/Wolfgang Groeger-Meier; In die Sonne, in die Ferne; Corso Verlag; Hardcover; 172 Seiten; 24,90 Euro)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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