«Opel bringt 2011 ein Elektrofahrzeug»

Vorstandschef Hans H. Demant

«Opel bringt 2011 ein Elektrofahrzeug»
Hans Demant © Foto: dpa

Der Rüsselheimer Autobauer Opel peilt in den nächsten fünf Jahren wieder einen Marktanteil von zehn Prozent an. Im Interview mit der Autogazette spricht Opel-Chef Hans H. Demant über die C02-Debatte, das Image der Marke und den Marktstart eines Elektroautos.

Opel wird im Jahr 2011 ein Elektroauto auf Basis der Studie Flextreme auf dem deutschen Markt anbieten. «Wenn der Chevrolet Volt in 2010 auf den US-Markt kommt, dann wird Opel 2011 ein Elektrofahrzeug auf den Markt bringen», sagte Opel-Chef Hans H. Demant der Autogazette.

Architektur wie der Flextreme

Wie Demant hinzufügte, werde das Auto über «eine ähnliche Architektur wie der Flextreme» verfügen. «Die Reichweite wird mindestens 60 Kilometer betragen», fügte Demant hinzu.

Mit Blick auf die Entwicklung der Marke rechnet Demant damit, dass Opel in Deutschland wieder deutlich zulegen kann. «Wir wollen in Deutschland über 400.000 Autos verkaufen. Bei einer normalen Marktentwicklung entspräche das einem Marktanteil von über zehn Prozent in fünf Jahren.»

«Marktanteil künstlich generiert»

Opel Corsa Hybrid Foto: Opel

Autogazette: Herr Demant, Opel hatte 1995 einen Marktanteil von 17 Prozent, 2007 sind es gerade noch 9,1 Prozent. Droht Opel in Deutschland der Abstieg in die Importeurs-Liga?

Hans H. Demant: Nein, das glaube ich nicht. Natürlich ist es richtig, dass wir über viele Jahre einen höheren Marktanteil hatten, doch er wurde auch künstlich generiert, insbesondere in Deutschland. Damit meine ich das unprofitable Flottengeschäft, aus dem wir in den vergangenen Jahren nach und nach ausgestiegen sind.

Autogazette: Ist die Profitabilität von Opel dadurch denn gestiegen?

Demant: Ja, natürlich. Entsprechend können wir mit Blick auf unsere Profitabilität auch zufrieden sein.

Autogazette: Dennoch können Sie mit dem Marktanteil nicht zufrieden sein...

Demant: ...natürlich bin ich mit dem Marktanteil nicht zufrieden. Doch wir werden Initiativen ergreifen, um den Marktanteil wieder zu steigern. Aber das Geschäft in Deutschland ist schwierig und wird schwierig bleiben.

«Zehn Prozent Marktanteil»

Der Kleinwagen Opel Agila Foto: Opel

Autogazette: Ihr Vertriebschef Thomas Owsianski sagte gerade, dass auch Opel nicht um Tageszulassungen herumkommen werde. Profitabel ist das aber nicht.

Demant: Wir müssen uns Monat für Monat unseren Marktanteil anschauen. Er ist ein wichtiges Indiz für die Entwicklung eines Unternehmens. Bei der gegenwärtigen Situation auf dem deutschen Automobilmarkt muss jeder Hersteller bei solchen Aktionen einfach mitmachen. Wir werden in diesem Bereich äußerst zurückhaltend vorgehen.

Autogazette: GM investiert in den nächsten fünf Jahren neun Milliarden Euro in die Marke Opel. Bei welchem Marktanteil wollen Sie in fünf Jahren stehen?

Demant: Wir wollen in Deutschland über 400.000 Autos verkaufen. Bei einer normalen Marktentwicklung entspräche das einem Marktanteil von über zehn Prozent in fünf Jahren. Das ist ein Marktanteil, den wir mit vernünftigen Maßnahmen erreichen können und der einhergeht mit unserem Produktportfolio, für das die Investitionen vor allem vorgesehen sind.

Autogazette: Welche Zielsetzung haben Sie für dieses Jahr, wieder rund neun Prozent?

Demant: Wir haben uns klare Ziele gesetzt. Als Mindestziel für unsere Vertriebsorganisation gilt: wir wollen nicht darunter liegen.

«Keine nachhaltige Entwicklung mehr»

Hans Demant im Juni 2008 mit Kanzlerin Angela Merkel Foto: Opel

Autogazette: Opel konnte bis Mai 118.000 Fahrzeuge verkaufen. Das entspricht einem Marktanteil von 8,9 Prozent bzw. einem Plus von 1,7 Prozent zum Vorjahr. Ist das bereits ein nachhaltiger Aufwärtstrend?

Demant: Auf dem Automobilmarkt gibt es keine nachhaltige Entwicklung mehr; sie schauen von Monat zu Monat. Der Kampf der Vertriebsorganisation ist immer ein Bergauf-Kampf.

Autogazette: Wird sich der Gesamtmarkt in diesem Jahr leicht erholen?

Demant: Die Marktsituation in Europa sieht so aus: Westeuropa stagniert, Ost- und Zentral-Europa weisen zwei- bis dreistellige Wachstumsraten auf. Deutschland indes bleibt einer der schwierigsten Märkte in Europa.

Autogazette: Woran liegt das?

Demant: Die Kundschaft ist schlicht verunsichert. Sie leidet unter steigenden Lebenshaltungskosten und einem stagnierendem Einkommen. Vor allem die Bevölkerungsgruppe in der Mitte, die Opel fährt, hat darunter zu leiden. Zudem wissen viele Kunden nicht, was für ein Auto sie sich aufgrund der Diskussion um C02-Werte zulegen wollen.

CO-basierte Kfz-Steuer als Anreiz

Der Opel Zafira Foto: Opel

Autogazette: Wie sehr lasten die hohen Energiepreise basierend auf dem hohen Ölpreis auf der Autoindustrie?

Demant: Neben den Anschaffungskosten ist natürlich der Aspekt der laufenden Kosten der entscheidende Punkt. Insbesondere die Benzin- und Dieselpreise zeigen sofort Wirkungen im Verkauf. Wenn Benzin noch teurer wird, wovon auszugehen ist, wird sich der Verbraucher fragen, ob er sich ein Auto überhaupt noch leisten kann. Entsprechend wird er sich nach spritsparenden Autos umschauen.

Autogazette: GM investiert Milliarden Dollar in alternative Antriebe wie Hybrid-, Elektro- oder Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Ab wann wird sich diese Investition für Opel auszahlen?

Demant: In Ländern mit einer schadstoffbasierten Kfz-Steuer ist festzustellen, dass sich dort klimafreundlichere Autos deutlich besser verkaufen als bei uns...

Autogazette: ...Sie meinen beispielsweise Spanien...

Demant: ...ja, dort wurde die CO2-basierte Kfz-Steuer im Dezember 2007 eingeführt. Seither sind bis einschließlich Februar die Verkäufe der Mittel- und Kompaktklasse um 30 Prozent zurückgegangen, dafür sind die Verkäufe von Kleinwagen um 30 Prozent gestiegen. Ich gehe davon aus, dass es in anderen Ländern genau so sein wird.

«Erwarte klare Aussage der Politik»

Autogazette: Die C02-basierte Kfz-Steuer soll in Deutschland erst 2010 kommen. Erwarten Sie erst ab diesem Zeitpunkt einen Push bei den Absatzzahlen von kleinen Fahrzeugen?

Demant: Ich warte auf eine klare Aussage der Politik, wohin die Reise gehen wird. Sollte es eine klare Aussage geben, wird es schon früher zu einem Anstieg der Verkäufe von Kleinwagen kommen. Durch die gestiegenen Benzinpreise werden die Kunden ohnehin zu Autos tendieren, die weniger verbrauchen.

Autogazette: Der von Frau Merkel und Herrn Sarkozy getroffene Kompromiss zu den Klimaschutzauflagen für die Autoindustrie sieht vor, dass die Hersteller erst 2015 statt 2012 den strengen C02-Grenzwert erreichen müssen. Freut es Sie, eine Autokanzlerin zu haben?

Demant: Ich freue mich immer, wenn jemand an einer so entscheidenden Stelle weiß, was machbar ist und was nicht.

«Bin gegen Lenkungsaktivitäten»

Autogazette: Umweltverbände kritisieren, dass dieser Kompromiss dazu führen wird, dass sich die Einführung von klimafreundlichen Fahrzeugen verschieben wird. Ein berechtigter Einwand?

Demant: Opel hat bewiesen, dass wir unabhängig von politischem Druck solche Autos bauen können. Wir haben seit Jahren Autos auf dem Markt, die weniger verbrauchen. Wir sind bereits jetzt gut aufgestellt, diese Targets zu erreichen.

Autogazette: Der deutsch-französische Kompromiss sieht zudem eine Absenkung der Strafen für die Hersteller vor, die den Grenzwert nicht erreichen. Braucht es nicht gerade einer solchen Lenkungsfunktion, um Innovationen schnell auf den Markt zu bringen?

Demant: Ich bin gegen solche Lenkungsaktivitäten. Innovationen ergeben sich aus dem Bedarf heraus. Wir werden in Zukunft eine Vielzahl von alternativen Antriebsarten sehen. Es wird nicht die eine Antriebsart sein, es wird eine Vielzahl von Antriebsarten sein. Da wird Erdgas ebenso beteiligt sein wie Bioethanol, Hybrid und Elektrofahrzeuge. Sie werden nach dem Bedarf der Kunden angeboten.

«Bringen Elektroauto 2011»

Der Opel Flextreme Foto: Opel

Autogazette: In 2010 wird der Chevrolet Volt zu einem Preis von 30.000 Dollar auf den US-Markt kommen. Wann wird es ein Elektrofahrzeug bei Opel geben?

Demant: Opel ist bei der Entwicklung des Volts beteiligt. So arbeiten wir in unseren Entwicklungszentrum in Mainz- Kastel seit Jahren an Elektro- und Brennstoffzellen-Fahrzeugen. Entsprechend zeitnah zur Einführung des Volt wird auch Opel ein Elektrofahrzeug auf den Markt bringen.

Autogazette: Geht es genauer?

Demant: Wenn der Chevrolet Volt in 2010 auf den US-Markt kommt, dann wird Opel 2011 ein Elektrofahrzeug auf den Markt bringen.

Autogazette: Wenn Sie von diesem Elektroauto sprechen, dann sprechen Sie vom Flextreme, den Opel ja bereits als Studie vorgestellt hat?

Demant: Über das genaue Design möchte ich jetzt noch nicht sprechen. Das Auto wird aber eine ähnliche Architektur wie der Flextreme nutzen.

«Reichweite mindestens 60 km»

Der Chevrolet Volt Foto: dpa

Autogazette: Wird die Reichweite wie beim Volt auch 60 Kilometer betragen oder wird Sie höher sein?

Demant: Die Reichweite wird mindestens 60 Kilometer betragen.

Autogazette: Biokraftstoffe der ersten Generation erfüllen keine Nachhaltigkeitsaspekte. Dennoch planen Sie Markenübergreifend E85-Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Ist man sich der Problematik nicht bewusst?

Demant: Ich sehe das anders. Wir haben diese Technologie und bringen sie auf den Markt. Ich bin dagegen, dass man Technologie nur deshalb zurückhält, weil es irgendwelche Einwände gibt. Man muss immer irgendwann beginnen und kann nicht Entwicklungsschritte überspringen, um dann zu sagen, jetzt gehen wir den nächsten, besseren Schritt.

«Image-Werte sind gestiegen»

Autogazette: Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat haben unlängst das Markenimage von Opel kritisiert: es sei unklar, verwässert, die Marke habe schlicht kein Gesicht. Können Sie diese Kritik nachvollziehen?

Demant: Ich verhehle nicht, dass die Marke Opel nach wie vor ein Image-Thema hat. Doch daran arbeiten wir und haben eine Menge Fortschritte gemacht. Ich glaube nicht, dass wir die Marke Opel zunehmend verwässern. Wir werden zukünftig mit Blick auf unser Image aber noch mehr tun. Bereits heute wissen 99 Prozent der Deutschen, was Opel ist. Nach Jahren schlechter Image-Werte sehen wir in 2008 erstmals eine Verbesserung.

Autogazette: Liegt im Marken-Image das Hauptproblem von Opel, nachdem die Qualität längst wieder stimmt?

Demant: Die Diskussion um mangelnde Qualität war lange vorhanden. Doch mittlerweile kann ich sagen, dass wir bei der Fahrzeug-Qualität ganz oben stehen. Wir sind besser als viele unserer Mitkonkurrenten. Wir müssen aber die Leute, die irgendwann von Opel enttäuscht wurden, zur Marke zurückbringen.

«Diskussion verwundert mich»

Der Opel Insignia Foto: Opel

Autogazette: Im November bringen Sie die Mittelklasse-Limousine Insignia auf den Markt, den viele als die letzte Chance für die Marke bezeichnen. Ist es die letzte Chance?

Demant: Diese Diskussion verwundert mich. Der Insignia ist für mich das nächste Fahrzeug nach dem Signum und Vectra. Es ist ein tolles Auto geworden, doch Opel hat ein Portfolio von vielen anderen tollen Autos. Ich bin weit davon entfernt, den Insignia als letzten Rettungsanker zu betrachten. Der Insignia ist ein weiteres Element, die Marke Opel zu stärken.

Autogazette: Der Insignia sieht ohne Frage gut aus, doch allein das reicht nicht aus, um Erfolg zu haben. Welche technischen Innovationen hat das Auto zu bieten?

Demant: Opel ist dafür bekannt, dass es Innovationen demokratisiert. Wir haben immer wieder für breite Käuferschichten Innovationen angeboten, die es sonst nur in Oberklasse-Fahrzeugen gab. Das wird auch beim Insignia der Fall sein.

Autogazette: Was bedeutet das?

Demant: Wir werden einen ganzen Strauß von Innovationen anbieten...

«20.000 Insignia in 2008»

Autogazette:...ich ziele nicht auf eine nett anzuschauende Lichttechnik ab, sondern beispielsweise auf neue, moderne Motoren.

Demant: Richtig, da fängt es an. Wir werden neue, hocheffiziente Motoren haben und der Insignia wird mit Allradantrieb angeboten und es wird auch noch andere interessante technische Neuerungen geben.

Autogazette: Wie viele Autos wollen Sie vom Insignia in Deutschland absetzen?

Demant: Wir streiten uns noch um die Planzahlen; die Planzahlen unserer Marketing-Organisation sind mir derzeit noch zu niedrig. Wir wollen in diesem Jahr aber noch 20.000 Autos auf den Markt bringen. Wir wollen den Insignia von Anfang an im Markt sichtbar machen. Die Leute sollen sofort erkennen, dass es dieses Auto gibt.

Das Interview mit Hans H. Demant führte Frank Mertens

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