Eigentlich sollte das Opel-Werk in Bochum seinen Betrieb erst 2016 einstellen. Nun könnte der Produktionsstopp bereits 2015 erfolgen, sollte die Belegschaft nicht auf Tariferhöhungen verzichten
Der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel hat die Drohung des Managements mit einem vorzeitigen Produktionsstopp als «Kriegserklärung» gewertet. Bei den Verhandlungen seien die Fronten verhärtet, sagte Einenkel am Dienstag in Bochum. Die Belegschaft werde sich jedoch nicht erpressen lassen. Man werde die Tariferhöhungen einfordern.
Girsky mahnt Lösung an
Opel-Aufsichtsratschef Steve Girsky verlangt einen Verzicht auf die Auszahlung von Tariferhöhungen, solange Opel rote Zahlen schreibt. «Wir haben klar gemacht, dass wir das nicht akzeptieren werden», sagte Einenkel. "Ich habe darum gebeten, dass die Opel-Geschäftsleitung und die Sozialpartner noch im Februar zu einer Lösung kommen. Unser Deutschland-Plan muss dann stehen", schrieb Girsky in einem Brief an die Mitarbeiter. Sollte bis dahin keine Lösung erzielt werden, werde die Zafira-Produktion in Bochum zum 1. Januar 2015 enden.
Die zähen Verhandlungen zur Zukunft der deutschen Standorte sollten ursprünglich im Oktober 2012 abgeschlossen werden. Bislang hatte Opel angekündigt, die Produktion in Bochum 2016 einzustellen. In dem Werk könnten bis zu 3000 Stellen wegfallen.
Einenkel sagte Hunderten Opelanern nach Gesprächen mit dem Management in einem nahe gelegenen Hotel, dass sie nun für die Schließung noch zusätzlich bluten sollten. Dieser Strategie habe er eine klare Absage erteilt: «Wir bezahlen nicht noch unsere eigene Beerdigung.» Er gehe weiter davon aus, dass auch nach 2016 in Bochum Autos gebaut werden.
Kritik an Einenkel
In Verhandlungskreisen wird Einenkel wegen seiner Haltung eine Blockadetaktik vorgeworfen. Denn das Management hat längst entschieden: Nach dem Zafira wird kein Opel mehr in Bochum gebaut. Girsky wetterte daher auch in Richtung Einenkel: «Wir dürfen hier keine Zeit verlieren und müssen die Weichen für eine profitable Zukunft stellen. Immerhin sind wir bereits seit Juni vergangenen Jahres in Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern über den Plan.»
Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug schob den Schwarzen Peter dem Management zu: «Die Ursache der langen Verhandlungen liegt nicht an einer Blockadehaltung der Arbeitnehmerseite, sondern daran, dass die Geschäftsleitung über viele Monate nicht in der Lage war, substanzielle Sicherheiten und Zukunftspläne für Opel und die Beschäftigten vorzulegen.» Bei den Verhandlungen sollen Möglichkeiten gefunden werden, den kriselnden und seit Jahren defizitären Autobauer wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. Die Geschäftsführung will von 2013 bis 2015 die Fixkosten um weitere 500 Millionen Dollar (375 Millionen Euro) senken. Im Gegenzug würde der Standortsicherungsvertrag, der Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2014 ausschließt, bis 2016 verlängert.
Die erhoffte Markterholung, die den Absatz ankurbeln und die Werke besser auslasten würde, bleibt jedenfalls aus. «Es ist nicht nur unrealistisch, sondern auch illusorisch zu glauben, dass sich der Markt rasch erholt und uns aus dieser Situation hilft», betonte Girsky. Deshalb müssten die Kosten runter: «An allen deutschen Standorten und in allen Unternehmensbereichen müssen wir Lösungen finden, um flexibler zu werden, Bürokratie abzubauen und Kosten zu senken.»
Probleme liegen nicht in Personalkosten
Girsky erwartet, dass jeder Mitarbeiter einen Beitrag leistet: «Solange wir Verluste erzielen, können wir uns beispielsweise keine Tariferhöhungen leisten.» Diese bittere Pille will Einenkel nicht schlucken: «Wir haben klar gemacht, dass wir das nicht akzeptieren werden.» Auch Schäfer-Klug stellte klar: «Die Probleme von Opel sind nicht durch Lohnkosten verursacht und können nicht darüber gelöst werden.» Girsky ignoriere die jahrelangen Opfer der Belegschaften: «Darüber hinaus würde dies bedeuten, dass Opel dauerhaft den Tarifvertrag unterschreitet und faktisch aus der Tarifstruktur der Automobil- und Metallindustrie aussteigen würde.» Dem werde die IG Metall niemals zustimmen.
Die Arbeitnehmer in Bochum gelten als besonders kämpferisch. In den vergangenen zehn Jahren hatten die Opelaner dort nicht nur einmal die Bänder stillgelegt. Zeitweise war das Werk über viele Tage blockiert. (dpa)