Am Sonntag begeht Porsche den 60. Geburtstag der Sportwagenproduktion. Innerhalb der sechs Jahrzehnte stieg das familiengeführte Unternehmen zu einem der bedeutendsten Sportwagenhersteller der Welt auf.
Porsche feiert Jubiläum. Am 8. Juni 1948 erhielt der erste Porsche Sportwagen-Prototyp mit der Fahrgestellnummer 356-001 seine Straßenzulassung. «Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen», sagte Ferry Porsche und begann eine neue Ära in der Automobilgeschichte.
52 Exemplare per Hand
Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges begann Ferry Porsche in Gmünd/Kärnten - dem einzig verbliebenen Firmensitz - mit der Konstruktion des Prototypen, von dem 52 Exemplare von Hand gebaut wurden. Ein Jahr später kehrte Ferry als Geschäftsführer nach Zuffenhausen zurück, um die Serienfertigung anzugehen.
Da die ehemaligen Gebäude noch von den Amerikanern besetzt waren, wurde 1950 der erste 356 unter provisorischen Bedingungen in den angemieteten Räumen der Karosseriefirma Reutter fertig gestellt. Dabei übernahm der Sohn genau die Konstruktionsprinzipien des luftgekühlten Boxermotors im Heck, die sein Vater Ferdinand zuvor bei Volkswagen angewandt hatte.
Aufstieg zum Familienimperium
Die Kontakte zu Volkswagen wurden dabei durch einen Liefervertrag der benötigten Teile für das Sportwagenprogramm durch VW sowie Verträge mit den VW-Großhändlern weiter intensiviert. Den Aufstieg zum Imperium sicherte Heinrich Nordhoff ab, der in den Kriegsjahren das Opel-Werk Brandenburg als Wehrwirtschaftsführer leitete und anschließend als Generaldirektor das Volkswagenwerk in Wolfsburg leitete und den Käfer wieder auflegen ließ.
Nordhoff fand Ferrys Vater und Käfer-Entwickler Ferdinand sowie den Rechtsanwalt und Porsche-Schwiegersohn Anton Piech - in der NS-Zeit Werksleiter und Geschäftsführer der Volkswagen GmbH - großzügig ab. Bis 1972 erhielten die beiden pro verkauften Käfer fünf Mark sowie die Exklusivrechte, VW-Produkte in Österreich zu vertreiben. Über 15 Millionen Käfer wurden in dieser Zeit produziert, macht über 75 Millionen Mark.
Dynastie bestimmt weiter
Den beiden Familien war es egal. Bis zur Umwandlung der Porsche KG in eine Aktiengesellschaft 1972 führte Ferry das Unternehmen als Geschäftsführer und war danach bis 1990 Vorsitzender des Aufsichtsrates, dem er bis zu seinem Tod 1998 als Ehrenvorsitzender angehörte.
Anton Piechs Sohn Ferdinand - gleichzeitig Enkel von Ferdinand Porsche - zieht auch heute noch als 71-Jähriger in beiden Unternehmen die Strippen, nachdem er sich wie alle Familienmitglieder aufgrund eines Familienbeschlusses aus der Geschäftsführung bei Porsche zurückziehen musste.
1983 mit Doppelkupplungsgetriebe
Da war der Weg aber schon vorgezeichnet. Vom 356 über den 911, der 1963 zum ersten Mal vom Band rollte, den Boxster, Cayenne und Cayman hat sich der ehemals kleine Sportwagenspezialist in rasantem Tempo zu einem der erfolgreichsten und profitabelsten Automobilhersteller der Welt entwickelt. Natürlich wurde nicht nur für die Straße produziert, sondern auch für die Rennstrecke. Dabei wurden zahlreiche technische Innovationen eingesetzt. So war 1983 der Rennwagen 956 schon mit einem Doppelkupplungsgetriebe unterwegs.
«Porsche ist heute stärker denn je. Wir verfügen über die breiteste und attraktivste Modellpalette in der Geschichte unseres Unternehmens. Wir haben unsere Kosten und Prozesse im Griff und unsere Unabhängigkeit damit langfristig abgesichert. Wir haben uns immer als David gesehen, der sich gegen die Goliaths der Branche behaupten muss. Dieses Selbstverständnis hat uns in all den Jahren geprägt - es hat uns aber auch erfolgreich gemacht», so Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.
Wiedeking übernimmt in höchster Not
Wiedeking selbst übernahm das Unternehmen in seiner schwersten Krise. 1992 war Porsche ein Übernahmekandidat. Wiedeking und seine Vorstandskollegen sorgten mit Maßnahmen für den wirtschaftlichen Turnaround. Unter den Oberbegriffen «Lean Management» und «Lean Production» wurden neue Organisations- und Produktionsabläufe eingeführt sowie sämtliche Hierarchie- und Prozessebenen grundlegend verändert.
Die internen Anstrengungen zur Produktivitätsverbesserung sowie das neu entwickelte Modellprogramm zeigten schnell Wirkung: Schon 1995 schrieb Porsche wieder schwarze Zahlen und begann, sich mit jährlich neuen Rekorden bei Umsatz, Absatz und Ertrag eine Spitzenposition in der Automobilbranche zu erobern. Knapp 100.000 Fahrzeuge werden pro Jahr mittlerweile verkauft.
Machtkampf mit VW
Und auch die Kontakte zu VW sind geblieben. Seit September 2005 ist Porsche mit knapp 31 Prozent des stimmberechtigten Kapitals der größte Einzelaktionär in Wolfsburg. Noch im Laufe dieses Jahres soll der Anteil auf über 50 Prozent erhöht werden. Dass diesem Schritt ein Kampf um Machtverhältnisse einhergeht, trübt das Jubiläum, auch wenn Wiedeking jedem Unternehmen seine Unabhängigkeit verspricht. «Porsche wird auch in Zukunft Porsche bleiben. So wie Volkswagen Volkswagen bleiben wird. Das ist das Erfolgsrezept.» (AG)