Der schwedische Batteriehersteller Northvolt hat in den USA Gläubigerschutz beantragt. Welche Auswirkungen das auf den Bau einer Batteriefabrik bei Heide hat, ist noch nicht klar. Der Kreis sieht die Lage nicht dramatisch.
Der finanziell angeschlagene schwedische Batteriehersteller Northvolt hat in den USA Gläubigerschutz beantragt. Das Unternehmen meldete am Abend ein Restrukturierungsverfahren gemäß „Chapter 11“ des US-Insolvenzrechts an, wie es mitteilte. Damit will sich Northvolt vor Forderungen der Gläubiger schützen, während es um seine Zukunft als eigenständiges Unternehmen ringt.
Der Schritt ermögliche Zugang zu neuen Finanzierungsquellen, teilte Northvolt mit. 100 Millionen US-Dollar würden dem Unternehmen von einem Kundenunternehmen im Rahmen einer Art Brückenfinanzierung bereitgestellt. Darüber hinaus erhalte Northvolt von Kreditgebern Zugang zu etwa 145 Millionen US-Dollar (sogenanntes Cash Collateral). Nach dem Antrag auf Gläubigerschutz ist Firmenchef Peter Carlsson zurückgetreten. Er bleibe dem Unternehmen aber als Mitglied des Aufsichtsrates sowie als führender Berater erhalten, teilte Northvolt in Stockholm mit. Carlsson führte Northvolt seit der Firmengründung im Jahr 2016 und zählt zu den Mitgründern des Unternehmens.
VW größter Anteilseigner
Der größte Anteilseigner des Herstellers ist der deutsche Autobauer Volkswagen . Zu den Eigentümern gehören auch die US-Investmentbank Goldman Sachs und BMW . Noch ist nicht abzusehen, was das konkret für Bau einer Northvolt-Gigafabrik im schleswig-holsteinischen Heide bedeutet. Das Unternehmen erklärte dazu am Abend: Die deutsche Tochter werde unabhängig von der Muttergesellschaft finanziert. „Sie ist nicht Teil des Chapter 11-Verfahrens.“
Deutschlandchef Christofer Haux sagte, „in Dithmarschen schreiten die Bauarbeiten derweil weiter voran. Der Standort genießt höchste Priorität.“ Klar ist aber bereits, die Fabrik soll später ihre Arbeit aufnehmen als zunächst geplant. Die Zellmontage soll erst in der zweiten Jahreshälfte 2027 starten statt bereits Ende 2026. Der Kreis Dithmarschen sieht die Lage bei Northvolt als nicht dramatisch für den Bau der Batteriefabrik bei Heide an. Die Firma befinde sich nun in den USA in einem Sanierungsprozess, sagte eine Sprecherin. Für den Standort in Heide ändere sich nichts, außer dass der Produktionsstart erst in der zweiten Jahreshälfte 2027 beginne.
„Am Standort in Heide wird gebaut ohne Ende“, führte die Sprecherin fort. Allerdings könne niemand voraussehen, wie es bei Northvolt im kommenden Jahr weitergehe.
EU genehmigte Fördermittel
Anfang des Jahres hatte die EU-Kommission Fördermittel und Garantien für das Milliarden-Projekt in Heide über 902 Millionen Euro genehmigt. Der Bund und das Land Schleswig-Holstein unterstützen den Bau der Batteriefabrik mit rund 700 Millionen Euro. Hinzu kommen mögliche Garantien über weitere 202 Millionen Euro. Eine Verwaltungsvereinbarung sieht vor, dass zunächst die Landesmittel in Höhe von 137 Millionen Euro fließen sollen. Das ist bislang aber nicht der Fall gewesen. Auf den Bund entfallen etwa 564 Millionen.
Der Batteriehersteller verwies darauf, dass der Bau in Norddeutschland im gemeinsam mit Bundes- und Landesregierung festgelegten Zeitplan liege. „Es wurden bisher keine Fördermittel in Anspruch genommen, und Northvolt Germany wird, solange die Restrukturierung der Muttergesellschaft andauert, auch weiterhin keine Mittel abrufen.“
„Die europäische Batteriezellindustrie befindet sich insgesamt in einer herausfordernden Lage“, sagte Haux. Das Unternehmen wolle dem mit einer strategischen Neuausrichtung gerecht werden. „Wir haben seit dem Sommer zahlreiche Effizienzmaßnahmen umgesetzt, die bereits Wirkung zeigen.“ Der nun erfolgte Schritt verbessere die finanzielle Situation und werbe neues Kapital ein.
Unternehmen galt als Hoffnungsträger
Northvolt galt hinsichtlich der Batterieproduktion für E-Autos lange Zeit als großer Hoffnungsträger der europäischen Automobilindustrie, ringt seit geraumer Zeit aber mit größeren Finanzierungsproblemen. Unter anderem hatte Autobauer BMW im Juni einen Auftrag für Batteriezellen im Wert von zwei Milliarden Euro zurückgezogen.
Im September folgte dann Northvolts Ankündigung, schätzungsweise 1.600 Beschäftigte in Schweden zu entlassen sowie gleich mehrere Expansionspläne auf Eis zu legen. Konzentrieren will sich das Unternehmen nun vor allem auf die Großserienproduktion von Batteriezellen in der Fabrik Northvolt Ett im schwedischen Skellefteå. (dpa)