Nissan: Auf Weg zum elektrischen Vollsortimenter

Nissan: Auf Weg zum elektrischen Vollsortimenter
Der Nissan Ariya wird auch mit Allrad angeboten. © Nissan

Guillaume Pelletreau verantwortet bei Nissan die E-Mobilität. Es ist kein einfacher Job – doch die Japaner haben sich ambitionierte Ziele gesetzt.

Auf dem Papier hat Guillaume Pelletreau eine Aufgabe, die unmöglich zu schaffen ist: Der Nissan-Manager ist neuerdings für einen Einsatzbereich zuständig, der von den Küsten nahe der neuseeländischen Antarktis über die Weiten des indischen Subkontinents bis zum norwegischen Polarkreis reicht. „Aber ich kann da Gott sei Dank viele Aufgaben am anderen Ende der Welt delegieren – nur mitdenken muss ich eben für das ganze Gebiet“, sagt der Franzose.

Gerade deswegen macht die Verantwortung rund um die Welt wohl auch Sinn. Denn der Job des früheren Deutschlandchefs der Marke ist seit kurzem die Elektrifizierung und das Umweltengagement des japanischen Unternehmens. Das aber kann nur effektiv funktionieren, „wenn man dabei global denkt und handelt“, so Pelletreau. Und vor allem: Gas gibt – oder vielmehr Strom.

Ausbau des Angebots nötig

Denn da hat die Allianz aus Nissan, Renault und Mitsubishi einiges zu tun, wie Pelletreau aus eigener Erfahrung mit den deutschen Händlern und Kunden weiß. Gerade den treuen Besitzern klassischer Nissan-Produkte wie Almera, Pulsar, Pixo, Maxima oder Micra können die Japaner bereits seit einiger Zeit nichts ähnliches bieten – weder konventionell noch elektrisch angetrieben. Den Marktanteilschwund haben die Bestseller der Palette wie Juke oder Qashqai daher nur teilweise aufhalten können. „Einen 3,60 Meter kurzen Pixo für 6.990 Euro wird es so wohl nie wieder geben“, sagt der 51-Jährige.

Für weniger als 20.000 Euro ist aber in wenigen Jahren wohl auch bei Nissan ein Kleinwagen in Sicht – vielleicht auf einer modifizierten Basis, wie sie in Japan der Stadtfloh Sakura oder der Dacia Spring nutzen. Und in anderen Segmenten soll es schon früher Abhilfe geben. Immer umweltfreundlich und elektrisch, versteht sich.

Micra als E-Variante

Der Nissan Micra könnte bereits in ein oder zwei Jahren rein elektrisch vorfahren. Foto:  Nissan

Vor allem der einstige Absatz-Renner Micra dürfte so schon in ein, zwei Jahren auch als E-Auto auf die Straßen kommen: als Schwestermodell des neuen Renault 5 – und auf der gemeinsamen Plattform der Allianz namens CMF-BEV. Das bekannte Micra-Design wird wohl etwas entknuddelt und eckiger, bekommt aber zumindest optisch eine runde LED-Scheinwerfersilhouette. Und ganz wichtig: Weil der Baukasten preiswerter zu produzieren ist als etwa der des Renault Zoe, dürfte auch der Preis deutlich unter 25.000 Euro zu drücken sein.

Billig gemacht sein soll aber auch die neue E-Palette nicht sein. Einen Hinweis darauf liefert schon der Ariya, der auf der etwas größeren Plattform CMF-EV läuft. Das kompakte SUV ist ziemlich edel aufgemacht und zeigt, wohin die Reise gehen soll. Mit Preisen ab 47.490 Euro wird allerdings auch schon klar, dass ein Preisbrecher-Image nicht mehr angestrebt ist. Auf der gleichen Plattform wird es auch noch weitere Nissan-Modelle geben.

Pelletreau betont, dass auch ohne Angebote in der klassischen Form von Kompakt- oder Mittelklasse-Fahrzeugen die Palette jetzt zügig ausgebaut werden soll. Die drei Marken wollen dafür in den kommenden fünf Jahren 23 Milliarden Euro investieren und bis 2030 insgesamt 35 neue Elektromodelle entwickeln.

Weltweite Batterieproduktion aufbauen

Damit die Auto-Armada auch den nötigen Antrieb sicher hat, wollen die Partner zudem weltweit Batterieproduktionen mit einer Kapazität von 220 Gigawattstunden aufbauen. Das ist ungefähr so viel, wie der VW-Konzern das für Europa plant. Zusammen mit einem zentralen Zelllieferanten für alle soll das die Batteriekosten allein in den kommenden drei Jahren um die Hälfte senken, danach noch weiter. Basis für einen Aufbruch in die Regionen, bei denen der Preis im Wesentlichen über den Verkauf entscheidet. „In Griechenland, Rumänien oder gar Indien ist die Energiewende im Auto nur so zu schaffen“, sagt der Manager. Und auch hierzulande ist nur mit erheblich günstigeren Akkus ein Neuwagen für die preissensible Klientel erschwinglich.

Den Befreiungsschlag für kostengünstige E-Mobilität dürfte allerdings auch bei Nissan erst die eigene Festkörperbatterie bringen, an der auch die Japaner arbeiten. Sie soll die Energiedichte gegenüber heutigen Batterien noch einmal verdoppeln, die Ladezeit um zwei Drittel verkürzen, vor allem aber die Batteriekosten auf rund 65 Euro pro Kilowattstunde senken.

Das ist die elektrische Basis für Pelletreau, um für Nissan wieder im Wettbewerb mit den vielen alten und neuen Konkurrenten mehr Kunden dazu zu gewinnen. Elektrisch, nachhaltig und am liebsten überall zwischen Süd- und Nordpol. (SP-X)

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