Hype um Elektroautos geht zurück

Unsicherheiten um Reichweite

Hype um Elektroautos geht zurück
Der Zuspruch auf den Nissan Leaf ist eher verhalten. © Nissan

Der Hype um Elektroautos nimmt spürbar ab. Der Markt entwickle sich deutlich langsamer als erwartet, sagte BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson. Ähnlich sieht das auch Autoexperte Dudenhöffer.

Von Frank Mertens

Der Hype um das Elektroauto hat sich bislang eher in Diskussionen als in den Verkäufen der auf dem Markt befindlichen Modelle abgespielt. Dass sich das kurzfristig ändern wird, ist eher unwahrscheinlich. „Der Hype um Elektroautos flacht deutlich ab“, stellte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer am Montag zu Beginn der Peking Auto Show fest.

Ähnlich ernüchtert zeigte sich auch BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson in Peking. Der Markt würde sich weltweit deutlich langsamer entwickeln als ursprünglich erwartet, wurde Robertson von der Nachrichtenagentur dpa zitiert. Der Kunde würde aufgrund mangelnder Erfahrungen mit der Elektromobilität noch ängstlich sein, weil es beispielsweise Unsicherheiten mit der Reichweite geben würde. BMW selbst wolle seine Elektroauto-Pläne für den chinesischen Markt mit seinem Joint Venture-Partner Brilliance noch im Laufe dieses Jahres präsentierten.

Daimler stellt Elektroauto Denza vor

Der Daimler-Konzern ist dort bereits ein Schritt weiter und zeigte in Peking das zusammen mit seinem Partner BYD (Build Your Dreams) entwickelte Konzeptfahrzeug des Elektroautos Denza. Es soll 2013 zu einem Preis von rund 30.000 Euro vom Band rollen. Der Denza wurde komplett in China entwickelt, dort gebaut und auch dort vertrieben. Wie Daimler-China-Chef Ulrich Walker sagte, käme die Arbeit in diesem Joint Venture gut voran. „Wir sind mit unseren Plänen für Denza voll auf Kurs.“ Die ersten Prototypen dieses E-Autos seien bereits unterwegs.

„Ein neues Kapitel der Elektrofahrzeuge wird mit dem Denza, jedenfalls in technischer Sicht, nicht aufgeschlagen. Der Denza ist eher eine preisgünstige Variante für Elektroautos“, lautet die Einschätzung von Dudenhöffer, der darauf hinweist, dass im Denza keine leistungsfähigen Lithium-Ionen-Batterien verbaut seien. Für den Wissenschaftler dürften die Verkaufszahlen ohne staatliche Unterstützung überschaubar bleiben. „Es ist sicher eher ein Testpilot, der zeigt, wie jetzt China mit dem Elektroauto weiter macht.“

Opel mit Resonanz auf Ampera zufrieden

Der Opel Ampera kommt bei den Kunden gut an Opel

Weltweit seien die Verkaufszahlen für Elektroautos selbst dort schwach, wo es staatliche Zuschüsse gibt. So wurden laut Dudenhöffer etwa in Europa im Jahr 2011 gerade mal 1730 Nissan Leaf verkauft, in den USA lagen im zurückliegenden Jahr die Verkaufszahlen bei 9674 Einheiten des Nissan Leaf. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden 1733 Einheiten abgesetzt. Angesichts einer Produktionskapazität für den Leaf von jährlich 250.000 Fahrzeugen ein überschaubarer Absatz. „Der Nissan Leaf ist eines der wichtigsten Elektroautos. Also die Welle hat nur niedriges Niveau erreicht und flacht schon ab“, so Dudenhöffer.

Besser schaue es auch nicht für das Elektroauto Chevrolet Volt aus. In den USA seien laut Dudenhöffer im ersten Quartal gerade mal 3915 Volt verkauft worden, insgesamt habe GM aber 608.300 Fahrzeuge abgesetzt. „Im Jahr 2011 wurden 7671 Volt verkauft. Ein Hype sieht anders aus.“

Zufriedenstellend laufe aus Sicht von Opel indes die Nachfrage nach dem Ampera. Anfang März lagen europaweit 7000 Bestellungen für das Fahrzeug der Rüsselsheimer vor, das über einen Range Extender verfügt und damit im Gegensatz zum reinen E-Auto kein Reichweitenproblem aufweist. Ein Aspekt, der bei den europäischen Kunden anzukommen scheint. Einen weiteren Absatzschub erwartet sich Opel bei den Verkäufen zudem durch die Auszeichnung "Car of the Year". Für dieses Jahr rechnet die GM-Tochter europaweit mit einem Absatz von 10.000 Einheiten.

Dass Incentives durchaus den Absatz befördern können, zeigt das Beispiel Niederlande. Beim Kauf eines E-Autos entfällt hier beispielsweise die Luxussteuer, die bis zu 35 Prozent des Kaufpreises betragen kann. Allein im Nachbarland dürften voraussichtlich ein Viertel aller Amperas abgesetzt werden. Die Stückzahlen mögen zwar auch hier noch überschaubar sein, doch Unterschiede beim Absatz in Ländern mit und ohne Förderung sind offensichtlich: es werden dort mehr E-Autos abgesetzt, wo es eine wie auch immer geartete Incentivierung gibt.

E-Autos mit hohen Batteriekosten

Der Peugeot iOn Peugeot

Die derzeit hohen Kosten für die E-Autos werden primär durch die Batterie hervorgerufen. Sie machen diese Autos deutlich teurer als konventionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Der VW-Konzern rechnet unterdessen mit schnell sinkenden Batteriepreisen. Sie könnten für Lithium-Ionen-Akkus auf etwa 100 Euro sinken, wie kürzlich Rudolf Krebs sagte, der bei Europas größtem Autobauer die Elektromobilität verantwortet. Die Auffassung von schnell sinkenden Batteriepreisen – Krebs sprach von einem Zeitraum ab 2015 - wird indes nicht von jedem Experten geteilt. Derzeit kostet die Kilowattstunde noch rund 500 Euro.

Für Dudenhöffer jedenfalls müsse sich in den kommenden zwölf Monaten etwas tun, wenn das reine E-Auto nicht wieder vom Markt verschwinden solle. „Sollte die Politik keine Rahmenbedingungen festlegen, ist die Gefahr groß, dass das Elektroauto in der Industrie wieder weg gepackt wird“, stellt der Wissenschaftler fest.

Doch öffentliche Programme zur Förderung der E-Mobilität zeichnen sich in Deutschland derzeit nicht ab. „Wenn man wirklich die Elektroautos zum Laufen bringen will, muss man deutlich mehr machen als bisher.“ Das Ziel der Bundesregierung, die bis zum Jahr 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen haben will, bleibt unter den derzeitigen Rahmenbedingungen wohl nichts weiter als Wunschdenken.

Vorheriger ArtikelHyundai Genesis Coupé V6: Günstiger Ursprung
Nächster ArtikelSchwacher Automarkt: Ford beantragt Kurzarbeit
Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

Keine Beiträge vorhanden