Der Golf im Löwenkäfig

Das Ziel ist fest definiert. Peugeot will mit dem neuen 308 europaweit die Nummer eins sein. In Deutschland wird es noch schwieriger. Hier muss sich der neue Franzose mit dem ewigen Bestseller Golf auseinandersetzen.

Von Stefan Grundhoff

Nicht erst seitdem Benzin- und Dieselpreis nahezu nebeneinander im Gleichschritt Rekordhöhen erklimmen, entscheiden sich in der Kompaktklasse zahlreiche Kunden für Benzintriebwerke. VW und Peugeot wurden lange Jahre für ihre Dieselkompetenz gerühmt, doch für viele Kunden lohnt die vergleichsweise teure Anschaffung von Triebwerken Marke TDI oder HDI nicht. Hier haben Volkswagen und Peugeot in den letzten Jahren nachgelegt und echte Alternativen zu den Spardieseln entwickelt. VW setzte mit großem Kostenaufwand und viel Eigeninitiative auf die neuen kleinenvolumigen Benziner mit Direkteinspritzung und Turboaufladung. Peugeot, nicht gerade Vorreiter modernster Benzinertechnologien, ließ sich von BMW leiten, die Volumenabnehmer für die neuen, selbst entwickelten Mini-Motoren suchten.

Optische Vorteile für 308

Franzose oder Deutscher? Bewährt oder frisch? Lebensart oder Leberwurst? Welche Wahl ist die bessere? Kann der 308 den Golf auf eigenem Platz schlagen? Und hat der Franzose mit dem deutschen Herz den modernen VW-Vierzylinder in seine Schranken weisen? Optisch wirkt der neue Peugeot 308 größer und präsenter als der Golf, an den man sich seit Jahren gewöhnt hat. Man sieht ihn an jeder Straßenecke, bei der Autovermietung, in Einfahrten von Villen und vor Reihenhäusern. Auch wenn der Golf in seiner fünften Generation unterwegs ist; es hat nichts daran geändert, dass der Golf ein nahezu klassenloses Auto ist. Ein Stand, von dem der Peugeot 308 bisher nur träumen kann. Er ist neu und auf den Straßen allemal noch auffällig. Auch wenn der Trend derzeit anders aussieht, die Franzosen behielten beim Nachfolger des Peugeot 307 das Van-Styling und entschieden sich bewusst gegen optische Sportlichkeiten.

Wenn man die neue, zunehmend starke Konkurrenz aus Kia Cee’d, Opel Astra, Fiat Bravo oder Hyundai i30 sieht, sicher keine schlechte Wahl. Zumindest ist der 308 erst einmal anders und gefällig allemal. Dabei präsentiert sich das Fahrwerk des üppig dimensionierten Peugeot 308 sportlicher denn je. Die Abstimmung von Federn und Dämpfern liegt auf dem Niveau des Golf. Der Franzose ist eine Spur komfortabler, die Lenkung des Golf direkter. Zudem merkt man dem Peugeot nicht nur im Kurvengeschlängel an, dass er rund 200 Kilogramm mehr als der VW auf den Rippen hat. In Sachen Gewichtsreduzierung ist Peugeot nach wie vor auf der Schlafcouch. In den Kategorien Geräuschdämmung, Bremsen und Seitenneigung gibt es jedoch ein nahezu totes Rennen.

Bei Benzinern auf Augenhöhe

Auf Augenhöhe bei den Motoren Foto: press-inform

Das ist bei den Triebwerken nicht anders. Gerade in der Benzinerriege ist man nahezu auf Augenhöhe. Den Peugeot 308 gibt es mit einem 120 PS starken 1,6 Liter-Triebwerk. Der Vierzylinder aus dem Hause BMW hat ein maximales Drehmoment von 160 Nm und schafft 197 km/h Spitze. Peugeot verspricht einen Durchschnittsverbrauch von 6,7 Litern Super und ein Spurtpotenzial 0 auf 100 km/h in 10,8 Sekunden. Mit Turboaufladung gibt es einen nennenswerten Nachschlag von 30 Pferden und ein Plus an Fahrspaß.

Volkswagen bietet den Golf TSI mit 1,4 Litern Hubraum hat. Motorelektronik und Turbolader machen den Unterschied, ob 122, 140 oder 170 PS. Der 122 PS starke Basisbenziner hat ein maximales Drehmoment von 200 Nm und schafft 197 km/h Höchstgeschwindigkeit. Bei 0 auf 100 km/h in 9,4 Sekunden und 6,3 Liter Super auf 100 Kilometern lässt der Golf den Peugeot knapp hinter sich. Jedoch zeigen beide Triebwerke, dass es längst nicht immer Dieseltriebwerke sein müssen, die den Kompaktklassemodellen effektvoll Beine machen.

Peugeot nur mit fünf Gängen

Dass der Golf die Motorenwertung letztlich für sich entscheidet, ist nicht nur der etwas bessere Durchzug, sondern insbesondere die Gangschaltung. Hier ist der Peugeot mit seiner schwabbeligen Fünfgangbox nicht auf der Höhe der Zeit. Die fünf Gänge sind unpräzise. Im Vergleich zu dem guten und durchweg standesgemäßen Sechsgang-Getriebe tut einem der 1,4 Tonnen schwere Peugeot fast schon leid. Unverständlich, denn im Mini arbeitet das gleiche Triebwerk mit einer redlichen Sechsgangversion - Marke BMW. Doch im nächsten Jahr soll nachgelegt werden.

Im Innenraum zeigt der Peugeot 308 die deutlichsten Verbesserungen zu seinem Vorgänger. Platz gab es schon immer und davon nun noch etwas mehr. Insbesondere im Fond sitzt man Dank 2,61 Metern Radstand komfortabel. Zudem ist die greifbare Qualität um eine Klasse nach oben gerutscht. Die Sitze sind bequem und gut konturiert. Etwas straffer dürfte es gerne zugehen und mehr Oberschenkelauflage wäre eine feine Sache. Hier erlaubt sich der Golf keine Schwäche. Das neue VW-Navigationssystem zeigt, wie gut eine Routenführung auf in der Kompaktklasse sein kann. Hier hinkt der Peugeot ebenso hinterher wie die überfrachteten Blinkerhebel mit Licht- und Radiobedienung. Hier hätte man ruhig einmal bei der Konkurrenz spicken dürfen. Beim Kofferraumvolumen liegen beide mit rund 350 Litern gleichauf. Wer die Rückbänke umklappt, nutzt mehr als 1.300 Liter.

Knapper Zieleinlauf

Optische Vorteile liegen beim 308 Foto: press-inform

Bei der Sicherheitsausstattung hat der Franzose die Nase vorn. ESP, ABS sowie sechs Airbags bieten beide. Der Peugeot legt noch einen Knieairbag nach und bietet gegen Aufpreis nicht nur Xenonscheinwerfer, sondern auch Kurven- und Abbiegelicht. Das gibt es beim Golf erst in der nächsten und somit sechsten Generation. Das gilt auch für das überdimensionale Sonnendach des Peugeot, das sich zwar nicht öffnen lässt, aber viel Licht in den Innenraum zaubert.

Abschließend liegt der Golf leicht vorn und so muss der Preis entscheiden, wer diesen Vergleich gewinnt. Los geht es bei 18.600 Euro für den Peugeot 308 120 VTi Tendance. Kaum ein Unterschied zum 18.975 Euro teuren Konkurrenten aus Wolfsburg, dem VW Golf 1.4 TSI. Mit einer vergleichbaren Komfortausstattung inklusiv Sitzheizung, Navigationssystem, Alarmanlage, Nebelscheinwerfern und Autotelefon liegen die beiden Zentraleuropäer bei 23.530 Euro (Peugeot) und 24.357 Euro (Golf) eng beieinander. Es ist zwar knapper als zuvor, doch der Golf 1.4 TSI zieht sich aufgrund der besseren Motor-Getriebe-Kombination und des guten Wiederverkaufs gerade noch so aus der Affäre und schlägt den neuen Peugeot 308 um zwei Nasenlängen. Der ist ein echter Konkurrent, braucht eine neue Handschaltung und eine leichte Abmagerungskur.

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