Greenpeace wirft Merkel «zynisches Spiel auf Zeit» vor

Greenpeace wirft Merkel «zynisches Spiel auf Zeit» vor
Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Bundespressekonferenz. © dpa

Kanzlerin Merkel will per Gesetz die Verhängung von Fahrverboten erschweren. Kritik erntet die CDU-Politikerin dafür von der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

„Wenn der Schutz der Menschen vor schlechter Luft per Gesetz verboten werden soll, schraubt das den Dieselskandal auf ein bislang unerreichtes Niveau“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stepfan. „Der Versuch wird zwangsläufig vor Gericht landen, entsprechend wirkt Merkels Versuch wie ein zynisches Spiel auf Zeit“, fügte Stephan hinzu.

Greenpeace reagierte damit auf eine Ankündigung von Merkel nach einer Sitzung der CDU-Spitzengremien. Ihre Partei glaube, dass Fahrverbote in der Regel nicht verhältnismäßig seien, wenn die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nur in geringem Umfang überschritten werden, hatte Merkel am S9onntagabend gesagt. Entsprechend wolle ihre Partei die Gesetze dazu ändern.

In mehreren Städten drohen Fahrverbote

In vielen Städten wie Frankfurt, Berlin oder Stuttgart ist die Luft zu stark mit Schadstoffen belastet. An vielen Stellen wird der Grenzwert für Stickstoffdioxid überschritten. Es kann Atemwege und Augen reizen, die Lungenfunktion stören oder zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Dieselautos sind eine Hauptursache für die schlechte Luft. In mehreren Städten drohen nach Gerichtsurteilen Fahrverbote für ältere Diesel.

Mit Blick auf manipulierte Abgastests, den Umstieg auf sauberere Autos und den Einbau neuer Katalysatoren in ältere Diesel-Pkw sagte Merkel, sie stehe an der Seite der Autobesitzer. Ihnen solle kein finanzieller Schaden entstehen. Sie sehe „in ganz wesentlichem Maße“ die Autoindustrie in der Verantwortung. „Denn die Automobilindustrie hat wirklich massiv Vertrauen zerstört, und daher muss sie auch einen Beitrag leisten, dieses wieder herzustellen“.

Diesel-Paket für 14 Städte

Die große Koalition hatte sich kürzlich auf ein Paket mit neuen Maßnahmen für 14 stark belastete Städte geeinigt, das Fahrverbote wegen zu schmutziger Luft abwenden soll. Es sieht unter anderem Anreize zum Kauf neuer Wagen vor, damit mehr alte Diesel von den Straßen kommen. Daneben sollen Motor-Nachrüstungen bei älteren Wagen ermöglicht werden – dafür fehlen aber noch grundlegende Zusagen der Autobauer.

„Die Bundesregierung lehnt Hardwarenachrüstungen ab, sie ist gegen die blaue Plakette, nun will sie Fahrverbote verbieten – doch wie die Menschen in den Städten schnell saubere Luft atmen können bleibt weiter völlig unklar. Was verhältnismäßig ist, lässt sich nicht gesetzlich regeln“, sagte Stephan und ergänzte: „Natürlich dürfen nicht Dieselkäufer ausbaden, was betrügerische Hersteller und untätige Politiker ihnen eingebrockt haben. Aber der Abgasbetrug darf auch nicht auf Kosten der Gesundheit von Hundertausenden Stadtbewohnern gehen.“ Für die Umweltschutzorganisation könne die Bundesregierung die Unsicherheit der Verbraucher „nur mit einer Verkehrswende weg von Diesel und Benzinern“ verhindern. (FM/dpa)

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