Mercedes X-Klasse: Aufbruch in die Pickup-Welt

Nissan Navara als Gen-Spender

Mercedes X-Klasse: Aufbruch in die Pickup-Welt
Van-Chef Volker Mornhinweg (l.) und Personalvorstand Wilfried Porth bei der Premiere © AG/Flehmer

Mercedes fährt in ein neues Segment. Die neue X-Klasse soll den Stuttgartern ebenso eine neue Welt eröffnen wie vor genau 20 Jahren die M-Klasse.

Von Thomas Flehmer

Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt werden können. Am Nachmittag verkündete Daimler-Chef Dieter Zetsche einen Lösungsplan zur Zukunftssicherung des Dieselmotors samt einer neuen emissionsärmeren Motorenfamilie. Nur ein paar Stunden später wurde in Südafrika das Tuch vom ersten Pickup der Marke gezogen – traditionell ein Dieselmarkt.

Und das Segment der mittelgroßen Fahrzeuge mit Ladefläche liegt im Trend. Auch in Deutschland geht die Kurve – wenn auch mit kleinen Stückzahlen – nach oben. Für die Stuttgarter deshalb der richtige Zeitpunkt, dem Trend zu folgen und nicht nur in ein neues Segment einzusteigen, sondern mit der X-Klasse auch eine neue eigenständige Baureihe zu kreieren.

Nissan gibt den Ton an

„Die X-Klasse ist wie ein Cowboy-Hut“, sagte der per Video zugeschaltete Dieter Zetsche bei der Weltpremiere desPickups in der Harbour Hall in Kapstadt, "zuverlässig bei der Arbeit und elegant am Abend." Der Daimler-Chef erinnerte dabei an eine Premiere vor genau 20 Jahren. "Mit der X-Klasse werden wir dieses Segment für neue Kundengruppen öffnen, so wie wir vor über 20 Jahren mit der M-Klasse das Offroad-Segment neu definiert haben. Unser Pickup überzeugt als Arbeitstier genauso wie als Familien- und Lifestyle-Fahrzeug. Kurz gesagt: Die X-Klasse ist der Mercedes unter den Pickups.“

Dabei ist die neue Baureihe ein Produkt der Partnerschaft mit der Renault-Nissan-Allianz, die auch schon den Citan sowie den neuen Smart hervorgebracht hat. Während Renault in den kommenden Wochen mit dem Alaskan ebenfalls neu in das Pickup-Segment einsteigt, gibt Nissan mit dem Navara mit der jahrzehntelangen Erfahrung den Ton an und fungiert nicht nur als Teilespender. So werden die Pickups von Mercedes auch im Nissan-Werk in Barcelona sowie im Renault-Werk im argentinischen Cordoba gefertigt.

Sechszylinder im kommenden Jahr

Auch die Motoren zum Marktstart im November kommen von den Allianzpartnern. Die beiden Diesel sind mit 163 und 190 PS ausgestattet, der Benziner kommt auf 165 PS und befeuert unter anderem den Renault Espace.

Doch Mercedes muss vom Antrieb her noch weiterdenken und auch in Konkurrenz zum VW Amarok treten. Die Wolfsburger hatten im letzten Jahr ihren erneuerten Pickup mit einem potenten Sechszylinder ausgestattet. Ein solches Aggregat bietet Mercedes ab dem kommenden Jahr in der X-Klasse an.

Mercedes X-Klasse ab 37.294 Euro

Wie im Segment seit Jahren üblich, soll der Nutzfahrzeugcharakter der Lastesel zugunsten einer Pkw-Atmosphäre weichen. Im Innern haben je nach Ausstattung bis zu fünf Personen Platz, die mit den von Mercedes-Pkw bekannten Komfortelementen verwöhnt werden. Mit drei Ausstattungslinien sowie einem speziellen Individualisierungsprogramm kann die X-Klasse je nach Gusto und Geldbeutel gestaltet und auch vernetzt werden. Und Fahrassistenzsysteme dürfen gerade bei Mercedes nicht fehlen.

Mercedes will auf diese Weise die Bedürfnisse des Geschäftskunden mit denen der Privatkundschaft verknüpfen, damit der unter der Woche benötigte Pickup am Wochenende als Familientransporter bereit steht. Die Preise für die X-Klasse beginnen bei 37.294 Euro.

Nicht alles ist Premium

Mercedes feiert Premiere mit der X-Klasse
Nicht alles ist im Cockpit Premium AG/Flehmer

Van-Chef Volker Mornhinweg sprach davon, dass die X-Klasse "eine Lücke" im Mercedes-Portfolio schließen werde. "Mit der X-Klasse verfeinern wir einen Pickup zu einem Premium-Fahrzeug." Allerdings sind auch viele Plastikteile an Bord, die nicht ganz an den Premium-Charakter heranreichen, den Gen-Spender Nissan auch gar nicht so betont wie der Partner aus Stuttgart. Abstriche müssen deshalb gemacht werden, was aber in dem Segment der Pickups noch leichter fällt als in den reinen Pkw-Reihen.

Und die Erfahrungen, die Daimler mit der Kooperation beim Bau des Renault Twingo und des Smart beziehungsweise Renault Kangoo und Citan gemacht haben, dürften so schlecht nicht gewesen sein. Sonst hätte die X-Klasse wohl kaum Premiere gefeiert.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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