Daimler hat die neue Mercedes S-Klasse in einer absolut stilvollen Präsentation enthüllt. Das neue Modell fußt zwar formaljuristisch auf der nunmehr abgelegten Generation, weißt aber den Weg in die Zukunft.
Von Thomas Flehmer
Und immer wieder Adenauer. Ja, mit dem ehemaligen Bundeskanzler begann auch die Erfolgsserie von Mercedes – besonders mit dem Flaggschiff, dass sich mittlerweile S-Klasse nennt und immer noch eine Sonder-Stellung einnimmt - wenn auch nicht so unumstritten wie vor 40 Jahren. "Jede neue S-Klasse ist ein Meilenstein für den Automobilbau überhaupt", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der sehr stilvollen Präsentation der neuen Generation vor 750 Gästen in den Airbus-Hallen in Hamburg-Finkenwerder.
Drei Bausteine für neue Mercedes S-Klasse
Natürlich war damals zu Adenauer-Zeiten, die in einem Video stark betont wurden, Mercedes das Aushängeschild deutscher Ingenieur-Kunst, der so genannte "Adenauer-Mercedes" ist das beste Beispiel dafür. Heute haben die Vorderen der Republik weiterhin den Stern auf oder über dem Kühlergrill, doch die Konkurrenz von BMW oder Audi hat aufgeholt, in vielen Märkten sogar überholt. Nach acht Jahren wurde es Zeit, das Flaggschiff der Marke der Moderne anzupassen – und setzt das Unternehmen auch unter Druck. Denn nur prägnante Stückzahlen bringen dem Konzern Gewinne.
Zu Klängen eines Teils der Hamburger Philharmoniker, später unterstützt von Superstar Alicia Keys, soll das nicht nur laut Zetsche "beste Auto der Welt" einen weiteren Meilenstein beim Automobilbau setzen. Drei Bausteine waren für die Ingenieure dabei besonders wichtig: Leichtbau, Sicherheit und Aerodynamik.
20 Assistenzsysteme in neuer Mercedes S-Klasse
Nach dem Aerodynamik-Champion CLA mit einem Wert von gerade mal cW 0,22 fährt die neue S-Klasse mit einen für das Luxussegment geradezu phänomenalen Wert von 0,24 vor. "Vor zehn Jahren hätten wir diesen Schritt für unmöglich gehalten", sagte Entwicklungs-Chef Thomas Weber, der für die dann folgende S-Klasse überhaupt keine Prognosen wagen möchte. "Ein Techniker ist nie zufrieden."
Zufrieden können die potenziellen Kunden aber mit dem aktuellen Modell schon sein, soweit das Portemonnaie mitspielt. 20 bereits vorhandene, überarbeitete oder neue Assistenzsysteme machen aus dem bis zu 5,25 Meter langen Luxusmobil ein absolut sicheres Fahrzeug. So kommen sechs Kameras und Sensoren zum Einsatz, die den Fahrer soweit entlasten, dass das Auto bis zu 60 Stundenkilometer autonom fahren kann. Die Gefahren, die dabei lauern – seien es Fußgänger, Fahrradfahrer oder andere Autofahrer – werden genauso observiert, damit kein Unfall passiert. Die Zukunft für das autonome Fahren ist eingeläutet.
Mercedes auf Überholspur gegenüber Audi
Und wie bei allen Mitbewerbern hat auch die neue S-Klasse dank Leichtbauweise bis zu 100 Kilogramm Gewicht verloren. Der Mix zwischen Alu und Stahl – seit Jahren eine Domäne von Audi – hat sich jetzt auch Daimler angeeignet. "Wir sind dabei, Audi zu überholen", sagt Weber.
Aerodynamik und Leichtbau führen dazu, den Verbrauch zu senken. So soll der S 300 Bluetec-Hybrid lediglich 4,4 Liter Diesel schlucken und 115 CO2 pro Kilometer ausstoßen. Insgesamt stehen ein V6-Diesel mit 190 kW/258 PS, ein V8-Benziner mit 335 kW/455 PS und zwei Hybrid-Versionen zur Auswahl. Ob die angegebenen Werte auch im Alltag auf der Borduhr stehen, will Weber gerne mit der eloquenten Moderatorin und Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers austesten.
Mercedes S-Klasse mit fliegendem Teppich
Doch auch die so genannte Hot-Stone-Massage oder der so genannte "Fliegende Teppich" Magic Body Control, der schon im vornherein Fahrbahnunebenheiten erkennt und das Fahrwerk darauf einstellt, stehen auf der Liste der Luxuslimousine, die mehr für den Markt in den USA oder China konzipiert wurde. In China gibt es nur die Langversion der S-Klasse. Weitere Varianten werden folgen, insgesamt sind laut Weber fünf Derivate vorgesehen - erst einmal
Für alle ist Parfümspender optional installiert. Sicher edles Parfüm, aber in Deutschland floppte der Versuch beim Citroen C4 – vor gut zehn Jahren. Und auch sonst ist nicht alles neu bei der neuen S-Klasse. Dank der Freigabe des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) läuft die neue Generation aufgrund vergleichbarer Bodenstruktur auf dem Fahrzeugtypen des Vorgängers, wie die Autogazette bestätigt bekam. Somit kann das alte Kältemittel für Klimaanlagen R134a, das vom neuen EU-Recht als schädlich angesehen wird, auch bis 2016 in der neuen S-Klasse verwendet werden.
Mercedes S-Klasse ab 76.519 Euro
Dafür ist der Sprung beim Preis recht gewaltig. Startete das aktuelle Modell bei knapp 72.00 Euro, müssen nun mindestens 76.519 aufgetrieben werden. Den Fahrern oder Chefs als Beifahrern ist dieser Preis egal. Aufgrund der zahlreichen Optionen – sogar mit dem Smartphone können Sitzeinstellungen oder andere Parameter gesteuert werden – pendelt sich der Preis im sechsstelligen Bereich ein. Adenauer ist es egal, den Nachfolgern auch. Und selbst der frühere Politiker würde eine Hot-Stone-Massage im Liegesessel zwischen Komfort und Sportlichkeit nach einem Arbeitstag bestimmt nicht ablehnen.