Die Geschichte der Aerodynamik begann vor knapp 100 Jahren. Seither hat sich viel getan vom Rumpler-Tropfenwagen bis zum heutigen Mercedes CLA mit einem Cw-Wert von 0,22.
Vor knapp 100 Jahren begann die Geschichte der automobilen Aerodynamik. Zwar hatte der Fahrzeugbau zu Beginn der 20er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel, doch der Luftwiderstand spielte zu Beginn noch keine große Rolle. Rund drei Quadratmeter große Stirnflächen wie beim 1901 erschaffenen Mercedes Simplex führten zu einem Cw-Wert von 1,05. Der Wind hatte also mächtig Platz, dem Auto samt Fahrer einiges abzuverlangen.
Vom Flugzeug zum Auto
Doch aufgrund der nicht gerade als optimal zu bezeichnenden Straßensituation blieb das Thema Aerodynamik lange Zeit ein Stiefkind des Automobilbaus, weil die Geschwindigkeiten eh noch nicht hoch waren. Zudem musste auch noch nicht gespart und auf strikte CO2-Grenzwerte aus Brüssel geachtet werden.
Das änderte sich nach dem ersten Weltkrieg und den mit sich ziehenden Reparationsleistungen sowie zahlreichen Verboten für Deutschland, die im Versailler Vertrag verankert wurden. Da auch der Flugzeugbau untersagt war, drangen die Pioniere der Luftfahrt in den Automobilbereich ein und ließen ihre Erkenntnisse mit einfließen.
Mit Rumpler beginnt die Geschichte der Aerodynamik
So ist es nicht verwunderlich, dass mit Eduard Rumplers Tropfenwagen 1921 das erste aerodynamisch produzierte Auto von einem Flugzeugkonstrukteur geschaffen wurde. Der Tropfenwagen besaß eine Stirnfläche von nur noch 2,4 Quadratmetern und kam auf einen Cw-Wert von 0,28 und einen Luftwiderstandswert von 0,67 m² - Werte, die selbst heute noch Maßstäbe setzen. Dass der Rumpler-Tropfenwagen auf eine andere Karosserieform setzte, machte ihn exotischer, gab aber die Vorlage für viele andere Modelle, die folgen sollten.
Zeitgleich arbeitete Paul Jaray an einer Lösung. Der "Vater der Stromlinienform" kam ebenfalls aus dem Flugzeugbau und integrierte die Räder, die bei den Fahrzeugen zuvor immer frei standen, in den Karosseriekörper. Zahlreiche Hersteller folgten nun dem Jarayschen Konzept, am erfolgreichsten probierte sich Tatra mit dem von 1936 bis 1950 gebauten Typ 87. Der Hersteller aus der damaligen Tschechoslowakei nutzte dabei das lang gezogene Heck, um dort den Motor unterzubringen.
Kammwagen kommt auf Cw-Wert von 0,23
Andere dagegen ließen den Raum völlig ungenutzt, weshalb Wunibald Kamm auch eine alternative Lösung kreierte. Der erste Professor für Kraftfahrwesen an der Technischen Hochschule Stuttgart schnitt das Heck einfach ab und schuf so den so genannten K-Wagen. Dabei erreichte der vom Mercedes 170 V abgeleitete K3 einen Cw-Wert von 0,23.
Nach dem zweiten Weltkrieg geriet der Cw-Wert schnell in Vergessenheit. Während die Benzinpreise sanken, stieg der Wohlstand und Sparen stand nicht mehr im Vordergrund. Große Limousinen mit großen Hubräumen und einer Menge PS unter der Haube sollten den Wohlstand dokumentieren und die vergangene Zeit in den Hintergrund drücken. Enzo Ferrari prägte die Zeit mit dem Zitat "Aerodynamik ist etwas für Leute, die keine Motoren bauen können."
Mercedes W124 setzt 1924 neue Maßstäbe
Doch die Zeit der Ölkrisen ab 1972 schärfte das Bewusstsein, Verbräuche zu senken. Der Audi 100 erzielte 1982 mit 0,31 einen ersten Bestwert in der Neuzeit, Mercedes zog zwei Jahre später mit dem W124 und einem Cw-Wert von 0,29 an den Ingolstädtern vorbei, ehe Opel mit dem Calibra sogar 0,26 schaffte.
Danach herrschte im Rennen um den besten Wert erst einmal wieder Ruhe. Die Werte lagen bei vielen Neuwagen zwischen 0,28 und 0,33. Die Hersteller setzten eher auf Leichtbau, um Kraftstoff einzusparen. Dabei wird bis zu einem Zehntelliter Sprit gespart, wenn der Cw-Wert nur um 0,01 verbessert wird.
Mit dem CLA und einem Cw-Wert von 0,22 stellt Mercedes derzeit den Aerodynamik-Weltmeister gefolgt von der S-Klasse, die als Diesel-Hybrid auf einen Wert von 0,23 kommen wird. Und das Ende ist damit noch nicht erreicht. „Vor zehn Jahren“, sagt Mercedes-Entwicklungsvorstand Thomas Weber“, hätten wir auch nicht gedacht, in diese Dimensionen vorstoßen zu können.“ Das Rennen geht weiter. (AG/TF)