Mercedes hat bereits mit dem EQS ein Ausrufezeichen unter den Elektroautos gesetzt. Das Flaggschiff fährt mehr als 700 Kilometer rein elektrisch. Nun kommt der Vision EQXX.
Wer glaubt, dass mit dem Mercedes EQS bereits auf längere Zeit das Maß der Dinge erreicht ist, hat sich getäuscht. Mit dem EQXX hat der Stuttgarter Autobauer am Montag gezeigt, dass es mit Blick auf die Effizienz immer noch etwas besser geht.
So soll das neuste E-Modell der Schwaben mit nur einer Batterieladung mehr als 1000 Kilometer weit elektrisch fahren. Rein rechnerisch – und unter Idealbedingungen – entspricht dies einem Verbrauch von gerade einmal 10 kWh auf 100 Kilometer. „Es ist der effizienteste Mercedes aller Zeiten“, sagte Daimler-Chef Ola Källenius am Montag bei der digatal übertragenen Weltpremiere.
Reichweite nicht zertifiziert
Wie Daimler-Entwicklungschef Markus Schäfer am kurz vor der Weltpremiere des EQXX sagte, handele es sich bei diesen 1000 Kilometern zwar nicht um einen zertifizierten Wert. Doch nach den Testfahrten „in der Stadt und auf der Langstrecke“ bei einem Tempo zwischen 120 und 130 km/h handele es sich um eine reale Reichweite, die auch nach dem WLTP-Zyklus bei deutlich über 1000 Kilometer liegen dürfte. Die Spannung des Batteriesystems wird mit über 900 Volt angegeben, liegt damit über dem EQS (400 Volt) und dem den 800 Volt eines Porsche Taycan oder Audi e-tron GT. Der E-Antrieb der viertürigen Limousine hat eine Leistung von 204 PS.
Für solche Verbrauchs- und Effizienzwerte reicht es nicht aus, einfach eine neue, noch größere Batterie zu verbauen. Dafür bedarf es einer komplett neuen Entwicklung und einem Lastenheft, das sich an neuen Bestwerten orientiert. So wurde der EQXX in gerade einmal 18 Monaten entwickelt, wie Schäfer sagte.
Nachdem bereits der EQS bei der Aerodynamik einen neuen cW-Bestwert von 0,20 setzen konnte, geht der EQXX einen Schritt weiter. Mit 0,17 unterbietet er die von Daimler-Aerodynamik-Chef Teddy Woll als „magische Grenze“ bezeichneten Wert von 0,20 signifikant. Ermittelt wurde er im hauseigenen Daimler-Windkanal bei 140 km/h.
Batterie mit 30 Prozent weniger Gewicht
Deutliche Fortschritte erzielte Daimler auch bei der Batterietechnologie. Der Vision EQXX kommt mit annährend 100 kWh fast auf die gleiche Batteriekapazität wie der EQS, spart aber 30 Prozent Gewicht ein und benötigt zudem 50 Prozent weniger Bauraum.
Dass die Batterieexperten den Bauraum derart komprimiert gestalten konnten, habe auch an dem Know-how aus der Formel 1 gelegen, das in die Konzeption eingeflossen ist. Zugleich konnten die Entwickler den Effizienzgrad des Antriebs so gestalten, dass nunmehr 95 Prozent der Batterieenergie auch die Räder erreichen. Bei einem Verbrenner sind es gerade einmal 30 Prozent Auch in diesem Bereich hätte man „einen neuen Benchmark“ gesetzt, wie Schäfer zufrieden feststellte.
Bei den Reifen kommen rollwiderstandsoptimierte Pneus zum Einsatz, die mit ihrer aerodynamischen Optimierung und im Zusammenspiel mit leichten Magnesiumrädern für mehr Reichweite sorgen. Konsequenter Leichtbau findet sich auch sonst am EQXX. Die Bremsscheiben haben eine gewichtssparende Alulegierung und auch digitale Tools haben dazu beigetragen, Gewicht massiv abzubauen. So bringt es der EQXX auf ein Gesamtgewicht von 1,75 Tonnen.
Mehr als ein Showcar
Für Schäfer ist der EQXX mehr als nur ein Showcar. Es stehe für die Transformation des Autobauers auf der technischen Seite als auch unter dem Aspekt der länderübergreifenden Zusammenarbeit. Und ab wann werden Technologien es aus dem EQXX in die Serie schaffen? Hier geht Schäfer vom Jahr 2024/2025 aus. Es ist zugleich der Zeitraum, ab dem auch die neue MMA-Plattform (Mercedes Modular Architecture) an den Start gehen wird. Ob es dann auch Serienfahrzeuge mit einer Reichweite von 1000 Kilometern geben wird, wollte Schäfer nicht sagen.
Allerdings sei es aus Akzeptanzgründen für die E-Mobilität wichtig, dass die Kundinnen und Kunden angesichts eines nach wie vor „löchrigen Ladenetzes“ wie beim EQS Fahrzeuge mit einer hohen Reichweite bekommen. Von daher konzentriere man sich auch weniger auf die Ladeleistung, die bis dahin bei 300 Kilometer in 15 Minuten liegen wird, sondern auf die reale Reichweite. Denn genau diese sei für die Kunden entscheidend.