Mercedes EQV: Mit dem S-Camper elektrisch auf Reisen

Mercedes EQV: Mit dem S-Camper elektrisch auf Reisen
Der S-Camper basiert auf dem Mercedes EQV. © Daimler

Camping boomt. Doch elektrische Reisemobile sind Mangelware. Doch bei Mercedes ist man überzeugt, dass auch in dieser Branche die Zukunft elektrisch ist.

Während sich die Autoindustrie in Sachen Elektromobilität mit ihren Ankündigungen regelrecht überbietet, wer als erster die Verbrennungsmotoren endgültig aufs Abstellgleis schiebt, steckt das Thema Elektrifizierung in der Reisemobilbranche noch in den Kinderschuhen.

Der Wohnmobil-Urlauber zählt in der Regel zu den Langstrecklern, und da hat sich der Dieselmotor als idealer Antriebspartner bewährt. Doch für Klaus Rehkugler, Vertriebs- und Marketingleiter bei den Mercedes-Benz Vans, steht trotz begrenzter Reichweiten und langer Ladezeiten fest: „Die Zukunft ist elektrisch, auch in der Reisemobilbranche.”

S-Camper basiert auf Mercedes EQV

Deshalb starten die Stuttgarter jetzt mit dem S-Camper, der eigentlich auf der Freizeitmesse CMT seine Deutschland-Premiere feiern sollte, als Wegbereiter in die vollelektrische Camper-Zukunft. Auf Basis des V-Klasse-Vans EQV ist das stromernde Wohnmobil im Van-Format in Kooperation mit der Sortimo Walter Rüegg AG entstanden.

Der Schweizer Umbauspezialist, dessen Kerngeschäft bislang vor allem Werkstatt- und Serviceumbauten betraf, verlagert seine Aktivitäten mehr und mehr ins Camping-Umfeld und bietet für den EQV S-Camper ein Aufstelldach sowie für das Heckabteil eine Multifunktionsbox als Schlaf- und Kücheneinheit an.

Modulares Umbaukonzept

Der Schweizer Umbauspezialist Sortimo bietet für den EQV S-Camper ein Aufstelldach. Foto: Daimler

Für die von der Heckklappe aus zugängliche Kücheneinheit sieht das modulare Umbaukonzept von Sortimo ein Schubladensystem vor, das neben Verstaumöglichkeiten für Besteck, Kochutensilien und Vorräten auch eine Spüle, zwei gasbetriebene, herausnehmbare Kochfelder sowie eine Kühlbox umfasst. Über der Kücheneinheit ist das Schlafsystem montiert, das mit wenigen Handgriffen zu einer Liegefläche über die gesamte Fahrzeugbreite ausgeklappt werden kann. Wichtig: Im zusammengefalteten Zustand können die Fondsitze uneingeschränkt genutzt werden.

Trotz des hohen Leergewichts des Vollformat-Stromers von knapp 2.700 Kilogramm sollte die Zuladung für den Van in der 3,5-Tonnen-Klasse auch mit allen Einbauten noch genug Luft lassen. „Unsere Module sind um Kilos leichter als die der Konkurrenz. Das zahlt sich gerade bei E-Vans aus, denn jedes gesparte Kilo bedeutet mehr Reichweite“, weist Roger Mosimann von Sortimo auf die besondere Leichtbauweise der Multifunktionsbox und der optional ebenfalls erhältlichen Solarpanels hin. Letztere sorgen mit rund 400 Watt Leistung für zusätzliche Autarkie. Sie laden sowohl die Starterbatterie als auch die Zusatzbatterie für den Campingbetrieb.

Keine Eingriffe bei der Technik

An der Fahrzeugtechnik des Mercedes EQV nimmt Sortimo keinerlei Veränderungen vor. So hat der Kunde die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Batterie-Varianten. Der EQV 300 kommt mit einer 90 kWh-Batterie auf eine WLTP-Reichweite von 326 bis 363 Kilometer, die sich aus einem Normverbrauch von 27,1 bis 26,3 kWh/100 km ergibt. Der EQV 250 mit einer 60-kWh-Batterie schafft emissionsfreie 213 bis 236 Kilometer (27,6 – 26,9 kWh/100 km).

Beide Modelle sind in der „normalen“ 5,14 Meter langen sowie in einer extralangen 5,37 Meter messenden Variante bestellbar. An der Schnellladesäule mit maximal 110 kW Ladeleistung lädt der EQV 300 in etwa 45 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Über das Infotainmentsystem MBUX als zentrale Steuereinheit lässt sich der EQV in ein System aus intelligenter Navigation mit aktivem Reichweitenmanagement sowie Cloud-basierten Diensten und Apps einbinden.

Saftige Umbaukosten

Allerdings müssen die Freunde nachhaltigen Campings für den Mercedes EQV S-Camper deutlich tiefer in die Tasche greifen. Die stromernde V-Klasse schlägt alleine schon mit mindestens 71.400 Euro zu Buche, kommt aber noch für die Umweltprämie von 7.500 Euro in Betracht, weil der maßgebliche Nettobetrag mit rund 57.000 Euro unter der roten Linie von 65.000 Euro liegt.

Keinerlei Fördergelder gibt es dagegen für die Umbauten, und die fallen bei den Schweizern mit umgerechnet rund 4.600 Euro für das Schlaf- und Küchensystem sowie gar mindestens 9.600 Euro für das Aufstelldach saftig aus. Und das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Langversion, große Batterie, Solarzellen und und und. Das alles treibt den Preis in die Höhe. Das jüngst auf dem Berner Caravan-Salon präsentierte, voll ausgestattete Fahrzeug kostet umgerechnet rund 135.000 Euro. Erschwerend kommt hinzu, dass sämtliche Umbauten ausschließlich in der Schweiz bestellbar sind.

Schweizer Engagement

Die von der Heckklappe aus zugängliche Kücheneinheit beim S-Camper. Foto: Daimler

Ob es der überschaubaren Landesgröße liegt, die Inlandsurlaube in der Schweiz auch mit einem Elektro-Camper unproblematisch ermöglichen, sei einmal dahingestellt. Die Eidgenossen beweisen jedenfalls großes Engagement für entsprechende Camper-Umbauten. Denn fast schon in der Nachbarschaft hat auch Yellowcamper gemeinsam mit der Lorenz Nutzfahrzeug AG ebenfalls einen EQV zum Campingbus umgerüstet und für knapp 100.000 Schweizer Franken (ca. 96.000 Euro) auch bereits das erste Exemplar verkauft. Der Yellowcamper ist nahezu gleich konzipiert wie der S-Camper, nutzt ein ähnliches modulares System mit der Küche unter der Heckklappe.

Nachhaltiger Urlaub mit einem E-Camper ist nichts für schmale Geldbeutel. Dennoch: Ein Anfang mit halbwegs praktikablen Reichweiten ist gemacht – zumindest in der Schweiz. (SP-X)

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