Weiter Weg zum autonomen Fahren

Teilautonome E-Klasse

Weiter Weg zum autonomen Fahren
Die fünf Stufen zum autonomen Fahren © Mercedes

Die neue Mercedes E-Klasse übernimmt teilweise Fahrten selbst. Bis sich der Fahrer jedoch mit der Zeitung auf den Rücksitz setzt und das Fahrzeug freien Lauf lässt, dauert es noch einige Zeit.

Von Thomas Flehmer

Das voraus fahrende Fahrzeug setzt sich wieder in Bewegung, die Mercedes E-Klasse schaltet den Motor ein und folgt dem Wagen spurgetreu – der Fahrer der Business-Limousine verfolgt das Geschehen nur ohne selbst eingreifen zu müssen. Mit der neuen E-Klasse hat Mercedes einen weiteren Meilenstein beim automatisierten Fahren gesetzt, bis zum autonomen Fahren werden aber noch Jahre vergehen.

Das Jahr 2020 wurde von vielen Herstellern als das Jahr angegeben, in dem das autonome Fahren Serienreife erlangen könnte. Thomas Binder erteilt diesem Ansinnen eine Absage. „Wir werden 2020 nicht soweit sein, dass sich der Fahrer mit der Zeitung auf den Rücksitz setzt und das Auto machen lässt“, sagt der für die Assistenz-Systeme bei Daimler Zuständige im Gespräch mit der Autogazette.

Fünf Etappen zum autonomen Fahren

In fünf Etappen sind die Automatisierungsstufen nach dem Verband der Automobilindustrie (VDA) eingeteilt. Bei den Stufen Null und Eins handelt der Fahrer selbst und verfügt über Assistenten oder auch nicht. Teilautomatisierte Fahrzeuge sieht die Stufe Zwei vor, bei der der Fahrer die automatisierten Funktionen überwacht.

Hochautomatisiert geht es bei Stufe Drei zu. Hier überwacht das System seine Funktionsgrenzen und gibt an den Fahrer ab, wenn diese erreicht werden. Auf dieser Stufe wäre erstmals eine Nebentätigkeit für den Fahrer denkbar, wenn es der rechtliche Rahmen hergeben würde.

Mercedes mit E-Klasse auf Stufe 2

Die Mercedes E-Klasse fährt teilweise autonom.
Die neue E-Klasse bewältigt manches im Alleingang Mercedes

Voll automatisiert und sogar Fahrerlos sind die höchsten Stufen erreicht. Das Auto übernimmt alle Aufgaben und der Fahrer kann sich anderen Aufgaben widmen oder sich halt mit der Zeitung auf den Rücksitz begeben.

Allerdings wird der Weg bis in die Stufen Vier und Fünf noch ein langer sein. „Mit der neuen E-Klasse haben wir Stufe Zwei erreicht“, sagt Binder, „auch weil der Fahrer jederzeit verantwortlich ist.“ Bis 2020 kann sich Binder vorstellen, dass es „ein Serienauto der Stufe 3“ geben könnte. Die Entwicklung dabei wird aber in einem schleichenden Übergang vonstatten gehen. Allerdings ist auch bei dieser Vermutung die Glaskugel sehr nah. Allein in den letzten vier, fünf Jahren hat die Technik der Assistenz-Systeme eine rasante Entwicklung hingelegt.

Warten auf Versuchsstrecken

Daimler darf autonom fahrende Lkw testen.
Auch der Mercedes Future Truck kann autonom fahren Mercedes

Dass der autonome Weg technisch bereits möglich sei, hat Daimler bereits mit der Bertha-Benz-Fahrt vor zweieinhalb Jahren sowie mit dem Future Truck vor eineinhalb Jahren unter Beweis gestellt, bei dem Fahrer immer dabei waren, um die Verantwortung zu übernehmen. Mit den Lkw-Kollegen sei man deshalb auch immer in Gesprächen, um sich beim technischen Fortschritt auszutauschen.

Doch die beiden autonomen Fahrten zeigen auch auf, dass nicht nur die Technik bereit stehen muss. „Es müssen Strecken geschaffen werden, auf denen gefahren werden kann“, sagt Binder. Bisher gibt es nur ein Versuchsfeld in Bayern, Gespräche laufen aber, damit auch in Baden-Württemberg – in der Nähe von Daimler – autonom gefahren werden kann.

Höchstes Ziel: Ohne Gaspedal und Lenkrad

Und neben den Strecken muss auch das Kartenmaterial Millimertergenau gestaltet werden. Hier hat Daimler gemeinsam mit Audi und BMW den Kartendienst Here von Nokia erworben, um auf diesem Gebiet letzte Zweifel zu verscheuchen.

Die bereits fahrerlos fahrenden Googles-Autos sieht Binder übrigens nicht als Gefahr für die Autohersteller an. Nachdem Versuche in höheren Geschwindigkeitsbereichen gescheitert waren, lässt Google seine Autos im niedrigen Geschwindigkeitsbereich pilotieren. Die neue E-Klasse kann dagegen bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h teilautomatisiert fahren. Die Vision von fehlenden Lenkrädern und Gaspedalen, die in deutschen Landen zum Teil sehr heftig abgelehnt werden, schwebt aber auch Binder vor. „Das ist sicher das Ziel, aber keiner weiß, wann wir es erreichen werden.“

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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