Auch bei Nutzfahrzeugen mehrt sich der Wunsch nach Kraft an beiden Achsen. Mercedes bietet je nach Modell zwei unterschiedliche Systeme.
Ob Ford, VW, Fiat oder Mercedes, alle Volumenhersteller bieten ihre großen Transporter auch mit Allradantrieb an. Nicht ohne Grund: Vor allem bei Camper-Vans und Wohnmobilen liegen 4×4-Modelle im Trend, aber auch im Handwerk und in der Baubranche wächst die Nachfrage nach geländegängigen Modellen. Noch bis vor einigen Jahren waren Transporter mit Allradantrieb echte Exoten. Heute gehört Mercedes zu den Marken mit einer großen 4×4-Auswahl für Gewerbekunden.
Mittlerweile begnügen sich die Schwaben beim Sprinter aber nicht mehr mit der einfachen Lösung früherer Versionen, bei denen man den Allradantrieb noch zuschalten musste. Stattdessen verbaut Mercedes ein sogenanntes Torque-on-Demand-System mit einer im Verteilergetriebe integrierten, elektronisch geregelten Lamellenkupplung. Auf rutschigem Untergrund verteilt sie die Antriebskraft bedarfsgerecht zwischen Vorder- und Hinterachse. Ist kein Drehmoment mehr nötig, schaltet sich der vordere Antriebsstrang ab. Droht der schwere Transporter unter Last auszubrechen, verteilt die Technik das Antriebsmoment so, dass sich das Fahrzeug stabilisiert. Erst wenn das nichts hilft, greift das ESP ein.
Sprinter mit größerer Bodenfreiheit
Das Ganze geschieht vollautomatisch. Der Fahrer kann lediglich noch eine Bergabfahrhilfe dazuschalten. Außerdem unterscheidet sich der Sprinter von vielen anderen Modellen durch seine größere Bodenfreiheit. Gerade deshalb ist er bei den Wohnmobilherstellern beliebt. Die Technik hat allerdings ihren Preis: Der nur in Kombination mit einem 190-PS-Diesel und Automatik erhältliche Allradantrieb kostet netto gut 5.000 Euro extra.
Günstiger wird’s beim kleineren Vito, für den das etwas einfachere 4×4-System nur knapp 3.500 Euro kostet, dafür aber mit drei Dieselmotoren erhältlich ist. Außerdem hat er keine erhöhte Bodenfreiheit. Beides aus gutem Grund: So ist der Midsize-Van stärker bei budgetorientierten Gewerbetreibenden verwurzelt, zum anderen spielt in diesem Segment die Fahrzeughöhe eine wichtige Rolle: Mit knapp unter zwei Metern darf auch der Vito 4ETS in die meisten Parkhäuser einfahren.
Vito arbeitet mit Bremseingriffen
Auch im Vito verteilt die Lamellenkupplung des Zentraldifferenzials das Antriebsmoment bedarfsgerecht, jedoch nur zwischen den beiden Achsen. Mechanische Differenzialsperren werden durch elektronisch gesteuerte Bremseingriffe der Antriebsschlupfregelung ersetzt. Baut ein Rad Schlupf auf, wird es also gezielt abgebremst und die Antriebskraft auf das andere Rad der Achse geleitet.
Für normale Einsätze auf Schnee, Eis oder ebenem, matschigem Untergrund genügt die einfachere 4×4-Version in der Regel. Die Unterschiede zeigen sich erst am Berg und im tiefen Schnee. Dort baut der große Kastenwagen spürbar schneller Traktion auf als der Vito, den die vielen Bremseingriffe im Extremfall sogar ganz ausbremsen. Dann hilft nur: ESP abschalten und sich mit durchdrehenden Rädern freigraben. (SP-X)