Leistung und italienisches Lebensgefühl soll das Maserati GranCabrio Folgore zusammenfügen. Das klappt gut, hat aber seinen Preis.
In ihrem zweiten Jahrzehnt kehrt die Großserien-Elektromobilität wieder dorthin zurück, wo sie 2008 mit dem Tesla Roadster startete: zum Cabrio. Mit dem GranCabrio Folgore wird die Marke zum Vorreiter eines neuen Segments, denn E-Autos mit Luft nach oben sind bisher Mangelware. Allerdings wartet mit dem MG Cyberster schon der zweite offene Stromer.
Innen lockt der mindestens 210.000 Euro teure Viersitzer mit dem Preis angemessenem Luxus – bis hin zum Nackenföhn, der an kalten Tagen auf allen vier Plätzen warme Luft um den Hals bläst. Ein optisches Highlight sind sicher die sportlich geformten Alcantara-Sitze, in die Laser filigrane Muster gefräst haben. Laut Maserati mit einer weltweit einmaligen Technik. Darüber hat Designer Klaus Busse ein mehrfach isoliertes Textilverdeck entworfen, das in fünf Farben geliefert wird. Wenn es sich ins Heck faltet – was bis Tempo 50 funktioniert – bleibt bei 151 Litern Kofferraum allerdings kaum mehr Platz als für zwei kleine weiche Taschen.
Auf Tempo 200 in unter zehn Sekunden
Dass die Marke ihre Rennsport-Tradition auch beim E-Antrieb treu bleibt, zeigt der Blick ins Datenblatt: Die Systemleistung der drei je 300 kW starken E-Motoren summiert sich zwar nicht aufs Dreifache, aber im Boost kommen immer noch 830 PS und im Standardmodus 751 PS an den Rädern an. 290 km/h sind als Topspeed möglich und die 200 km/h-Marke knackt das GranCabrio in unter zehn Sekunden. Die nach WLTP versprochenen 420 Kilometer Reichweite sind so natürlich nicht machbar.
Beim Druck aufs Strompedal übertragen die nicht starr mit den Hinterrädern verbundenen E-Motoren ihr Drehmoment variabel dorthin, wo es benötigt wird. Dieses Torque-Vectoring funktioniert wie eine Differenzialsperre und stabilisiert die Fuhre in schnellen Kurven, aber auch beim plötzlichen Gas-Wegnehmen. Jeder Motor wird zudem unabhängig angesteuert, so dass der Sportler mit Heck- und bei Bedarf mit Allradantrieb fährt.
Batteriezellen nicht flach im Boden
Herz des E-Antriebs ist die 800-Volt-Technologie. Im Optimalfall steigt die Ladeleistung am Power-Booster bis auf 300 kW. Dann wird in fünf Minuten Strom für 100 Kilometer ins Auto gepumpt. Oder anders gesagt: In nur 18 Minuten füllt der DC-Lader die 83 nutzbaren kWh des insgesamt 92,5 kWh fassenden Bordakkus von 20 auf 80 Prozent. Zusätzlich hat das GranCabrio einen speziellen Ladebooster an Bord. Damit kann der Maserati Strom mit 50 kW auch an alten Stationen zapfen, die nur mit 400-Volt-Technik arbeiten.
Anders als beim Gros der E-Autos sitzen die Zellen der Batterie nicht flach im Boden, sondern türmen sich da, wo beim Verbrenner der V6-Motor sitzt. Die restlichen Pakete ziehen sich wie ein eckiger Schlauch am Mitteltunnel entlang bis ins Heck. T-Bone nennen die Italiener diese Anordnung. So sitzen die Passagiere auch im E-Modell sportlich tief. Vor allem aber soll es das Fahrzeuggewicht in der Längsachse konzentrierten und jegliches seitliche Rollmoment verhindern. Der Kurvendynamik des 2,3 Tonnen schweren Cabrios sollte das sicherlich guttun. (SP-X)