Magna: E-Beam beschleunigt Elektrifizierung

Lösung für Nutzfahrzeuge

Magna: E-Beam beschleunigt Elektrifizierung
Magna hat seine Etelligent-Force-Technik in einem Pick-up verbaut. © Magna

Magna hat auf der IAA Transportation die E-Beam-Technologie vorgestellt. Im Interview spricht Magna-Manager Walter Sackl über die Elektrifizierung bei Nutzfahrzeugen.

Die Elektromobilität spielt mittlerweile auch beim Zulieferer Magna eine herausragende Rolle. Natürlich produziert auch Magna nach wie vor ein hohes Volumen an verbrennungsmotorischen Antriebslösungen, aber die Investitionen in die Elektromobilität seien mittlerweile ungleich höher als die beim Standardantrieb, sagt Walter Sackl, bei Magna Direktor für das globale Produktmanagement.

In dieser Position muss Sackl zusammen mit seinem Team herausfinden, was die Kunden in den Jahren 2030 bis 2035 erwarten. Und was erwarten Sie? Angesichts der politischen Vorgaben ist man schnell bei der Dekarbonisierung des Verkehrs und der E-Mobilität angekommen. Das konnte man Ende September auch bei der IAA Transportation sehen, der weltweit größten Nutzfahrzeugmesse in Hannover.

E-Beam-Technologie auf IAA präsentiert

Dort zeigten die Hersteller unter anderem Lkws mit Elektro- bzw. Brennstoffzellenantrieb. Das Thema E-Mobilität ist nicht nur bei den Pkws angekommen, sondern auch bei den Nutzfahrzeugen. Wir haben einen Kipppunkt erlebt, sagt Sackl. Bereits im Jahr 2020 sei dieser Tipping-Point eingeleitet worden, „als ein Großteil der Entscheidungen Richtung Vollelektrifizierung der Antriebsstränge getroffen wurden“.

Das hat auch Magna getan – und verfolgt den Weg in die E-Mobilität mit aller Konsequenz. In Hannover hat der Konzern seine so genannte E-Beam-Technologie präsentiert, eine Lösung für Nutzfahrzeuganwendungen, wie Sackl erklärt.

Magna-Manager Walter Sackl. Foto: Magna

Wer Lösungen für die Nutzfahrzeugbranche anbietet, der muss neben den Kosten vor allem die Aspekte „Robustheit, längere Lebensdauer und hohe Laufleistungen“ im Blick haben. „Ganz entscheidend bei den Überlegungen sind die Betriebskosten, die sogenannten Total Cost of Ownership“, so der Magna-Manager. Die E-Beam-Technologie erfüllt alle diese Aspekte, auch die mit Blick auf höhere Zuladungen und Anhängelasten. Mit E-Beam könne die Elektrifizierung der beliebten Pick-up-Fahrzeuge in den USA vorangetrieben werden – und dafür müssen sie auch nicht über eine spezielle E-Plattform verfügen. E-Beam lässt sich ohne Probleme auch bei Fahrzeugen mit einer Starrachse verbauen.

Basis des Fahrzeugs bleibt nahezu unverändert

Wie Sackl sagt, würde E-Beam den Vorteil bieten, „dass die sehr robusten rahmenbasierenden Fahrzeugkonzepte sich bestmöglich damit verbinden lassen“. Die Basis des Fahrzeugs mit einer Starrachse könne damit nahezu unverändert bleiben.

Würde man in diesen Rahmen das Batteriesystem integrieren und die E-Beam-Technologie als Antriebssystem, dann würden sich „Anhängelast, Zuladung und Robustheit auf demselben Niveau befinden“. Einschränkungen würden nicht entstehen. Dass Fahrzeugarchitekturen wie die von Pick-ups mit ihrer Starrachse so gewählt wurden, habe sich über Jahrzehnte mit Blick auf ihre Robustheit und die Möglichkeiten der Zuladung bewährt. „Neue Architekturen, die beispielsweise aus dem Sedan-Bereich kommen, sind nur schwer auf das Niveau dieser Zuladungswerte zu bringen, die wir im Nutzfahrzeugbereich benötigen.“

Geringere Batteriekosten

Die Integration der Technologie erfolgt dann auch ohne ein größeres Mehrgewicht. So verweist Sackl darauf, dass der Ersatz des Verbrenner-Antriebsstrangs an den Pick-up-Demonstrator-Fahrzeugen von Magna mit einem Etelligent Force-Antriebsstrang an der Vorderachse, E-Beam an der Hinterachse und einem Batteriesystem nur zu einem unwesentlichen Gewichtsanstieg geführt hätten.

Diese Vorteile würden dazu führen, dass die Elektrifizierung im Nutzfahrzeugbereich durch E-Beam deutlich beschleunigt wird. Und das durch „den obersten Anspruch, den wir im Nutzfahrzeugbereich finden – und das ist das Thema der Betriebskosten, also der TCO“, sagt Sackl. Zwar mögen die Investitionskosten für elektrifizierte Nutzfahrzeuge höher sein, aber die Betriebskosten seien deutlich geringer. „Das zieht den Markt Richtung E-Mobilität.“

Unter Etelligent-Force versteht Magna eine Antriebsstranglösung, die sämtliche Produkte und Lösungen in einem Paket beinhaltet – und dazu gehört die E-Beam-Technologie. Durch das Zusammenspiel der zwei Antriebe können Effizienz und Reichweite optimiert werden. Wie Sackl erklärt, würde durch Etelligent-Force ermöglicht, den Premiumantriebsweg über die Hinterachse – hier über E-Beam – laufen zu lassen. „Die Vorderachse wird bedarfsgerecht über ein Kopplungssystem zugeschaltet oder auch weggeschaltet.“ In Situationen, wo es niedrige Lastanforderungen gibt, könne die zweite Achse komplett entkoppelt werden, um die Reichweite zu schonen, berichtet Sackl.

Braucht man 585 PS?

Doch braucht man eine Leistung von bis zu 585 PS, die Etelligent Force bereitstellt? Ja, so Sackl und verweist darauf, dass die Leistungsanforderungen bei Nutzfahrzeugen in erster Linie auf Dauerleistung ausgelegt sind. Man rede hier von Fahrzeugen, die auch mit schweren Anhängern über Berge fahren müssen – und das mit einer relevanten Geschwindigkeit und auch mit einem entsprechenden Drehmoment. Hier stellt das System bis zu 4950 Nm parat.

Im Mittelpunkt der Entwicklung steht bei Magna mittlerweile der E-Antrieb. Foto: Magna

Und, ist es ein Problem, soviel Drehmoment selbst mit Allrad auf die Straße zu bringen? Nein, sagt Sackl. „Mit den Anwendungen für die schweren Fahrzeuge gehen wird sogar noch drüber hinaus. Grundsätzlich sei das nur eine Frage der Getriebe-Übersetzung.“ Hier könne man für bestimmte Anwendungen natürlich auch in eine Mehrgängigkeit beim Getriebe gehen. Eine wichtige Rolle spielt bei all dem die Software. Ihre Bedeutung sei erheblich, da sie das Zusammenspiel der Antriebe regelt. „Die Ablaufsteuerung, die Regelung der Aggregate selbst, nimmt beim Entwicklungsaufwand mehr als 50 Prozent der Umfänge ein.“

Brennstoffzelle wird Nischendasein führen

Und was hält Sackl von der Brennstoffzelle bei Nutzfahrzeugen? „Wir sind vor allem am Antriebsstrang, dem Antriebssystem interessiert. Also jenem Teil, der die Leistung auf die Straße bringt. Da ist es eigentlich unerheblich, ob davor ein Batteriesystem steht oder ein Batteriesystem mit einem Range Extender mit einer Brennstoffzelle.“ Das Thema Brennstoffzelle spiele indes beim Thema Infrastruktur eine Rolle – die derzeit nur in einem geringen Maße vorhanden ist. Magna geht perspektivisch dann auch davon aus, dass Wasserstoffantriebe global in Vergleich zu einem Batteriesystem nur ein Nischendasein führen werden.

Mit seinen Lösungen zielt Magna derzeit auf das Segment der leichten Nutzfahrzeuge ab. Das geht hinauf bis zu sieben Tonnen Gesamtgewicht der Fahrzeuge. „Hier haben wir bereits Lösungen im Angebot. Wir untersuchen aber auch Lösungen bis zu den obersten Segmenten, den 40 Tonnern.“ Und auch hier könne „die Elektrifizierung mit E-Beam eine sehr attraktive Lösung sein“, so Sackl.

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