Lexus LM 350h: Van schon, denn schon

Lexus LM 350h: Van schon, denn schon
Unterwegs zu neuen Dimensionen: der Lexus LM 350h. © Axel F. Busse

Man muss nicht zu den gekrönten Häuptern dieser Welt zählen, um sich königlich chauffieren zu lassen. Im Lexus LM ist es auch Bürgerlichen möglich – allerdings zu einem saftigen Preis.

Der Riesenschnauzer mag ein seltener Vertreter vierbeiniger Hausgenossen sein, doch wo er auftritt, hinterlässt er einen bleibenden Eindruck. So ähnlich verhält es sich mit dem Lexus LM 350h, dessen Ehrfurcht gebietende Frontgestaltung nahezu jedem Passanten Aufmerksamkeit abnötigt. Würden sie ins Innere des Wagens schauen können, dürfte das Staunen noch viel größer sein. Die viersitzige Version ist eine Wellness-Oase, die dem Luxus auf Langstreckenflügen in gehobenen Buchungsklassen nicht nachsteht.

Für Selbstlenker ist dieses 5,13 Meter lange Van nur bedingt geeignet. Hochmögende Geschäftsleute oder die Nutzer von VIP-Shuttle-Services lassen fahren. Wie exklusiv ein Transport mit dem Lexus LM ist, ist schon daran zu erkennen, dass vergangenes Jahr in Deutschland nur 181 Exemplare davon neu zugelassen wurden. Ein knappes Drittel davon waren Viersitzer, deren Listenpreis 154.000 Euro beträgt. In Asien, wo es eine Fülle betuchter Menschen gibt, denen zum Beispiel eine S-Klasse mit langem Radstand zu beengt erscheint, ist der Absatz weitaus größer. Allein in Japan, wo es nur etwa ein Drittel mehr Pkw gibt als in Deutschland, waren die Verkäufe zuletzt rund 32-mal höher als hierzulande.

Bedarf an High-End-Luxus

So lässt es sich auf lange Tour gehen: der Innenraum des Lexus LM 350h. Foto: Axel F. Busse

Die Nachfrage-Delle, die Hersteller von Großraum-Limousinen vor 2020 hinnehmen mussten, scheint überwunden. Zwischen 2022 und 2024 ist ein Zuwachs von etwa acht Prozent auf dem Gesamtmarkt zu verzeichnen. Der weitaus überwiegende Teil davon sind Fahrzeuge des mittleren Preissegments, die mit sieben bis neun Sitzplätzen als Hotel-Shuttle, Familien-Kutschen oder Mannschaftsbus unterwegs sind. Dass jedoch ein Bedarf an High-End-Luxus besteht, sieht man zum Beispiel auch bei Volvo so. Zunächst für den chinesischen Markt wurde Ende 2023 das Modell EM90 vorgestellt, das in Dimensionen und Komfort mit dem Lexus LM vergleichbar ist.

Schon der erste Blick auf das Antriebssystem des japanischen Raum-Schiffs verrät, dass es bei der Beförderung von Passagieren nicht um Spurtstärke oder Kurvendynamik geht. Lexus setzt auf ein Hybridsystem, wo ein 2,5-Liter-Vierzylinder von zwei Elektromaschinen unterstützt wird. Sie besitzen zwar eine Nennleistung von 174 kW (236 PS), tragen zum nutzbaren Output des Gesamtsystems aber kaum etwas bei. Der wird mit 184 kW (250 PS) angegeben, was angesichts von gemessenen 2390 Kg Leergewicht des Testfahrzeugs gerade noch auskömmlich erscheint. Die Kraft wird durch ein stufenloses Getriebe an alle vier Räder übertragen und die maximale Geschwindigkeit liegt bei 190 km/h.

CVT-Getriebe schürt Geräuschpegel

Ob die Passagiere auf ihren First-Class-Sesseln je den Befehl erteilen, dieses Tempo auszuschöpfen, erscheint unwahrscheinlich. Nicht nur, weil das Fahrzeug sehr viel häufiger auf Strecken zwischen VIP-Lounge eines Flughafens und einem 5-Sterne-Hotel unterwegs sein wird, sondern auch, weil es mit der vornehmen Zurückhaltung des Verbrenners schon knapp oberhalb normalen Autobahntempos vorbei ist. Bei 130 km/h wurde im Fond des Testwagens ein Schallpegel von mehr als 62 dB gemessen, hervorgerufen durch einen Mix aus Motor- und Windgeräuschen. Da der Großteil der Testkilometer auf Kurzstrecken mit entsprechend großem Elektroanteil zurückgelegt wurde, blieb der Verbrauch bei erfreulichen 6,8 Liter/100 km (WLTP 7,2 Liter).

Dass der Klang nicht immer so souverän wie das Fahrerlebnis ist, liegt auch an dem stufenlosen Getriebe, das seine Abneigung gegen hohe Motordrehzahlen immer wieder beim Niederdrücken des Gaspedals kundtut. Die anschwellende Rotation der Kurbelwelle wird unverzüglich hörbar, während der Geschwindigkeitszuwachs auf sich warten lässt. Dieser so genannte Gummiband-Effekt hat CVT-Getriebe in Europa nie so richtig populär werden lassen. Das ganze Gegenteil im Stadtverkehr: Ruhiges, entspanntes Gleiten bestimmt die Wahrnehmung und die Erforschung der üppigen Ausstattungsdetails gewinnt Oberhand.

Abgeschottetes Dahingleiten

Privatsphäre wird großgeschrieben, weshalb die getönten Seiten- und Dachfenster mit zusätzlichen Jalousien versehen sind und auch die schmale Durchreiche zum Fahrerplatz mit einer abtönbaren Scheibe geschlossen werden kann. Das Abtönen hat den Vorteil, dass die fahrende Person im Innenspiegel keine Reflexionen der Heckscheibe sieht und sich voll auf das Digitalbild der rückwärtigen Kamera konzentrieren kann. Je nach Sonnenstand und Einfallswinkel der Strahlen kann es aber passieren, dass die Trennscheibe selbst zum Produzenten von Spiegelbildern wird.

In der Regel kennen die Chauffeure ihre Wege, falls nicht, werden sie feststellen, dass es der Kartengrafik des Navigations-Systems an Kontrast und Detailtiefe gebricht. Regelmäßige Überprüfung von Updates ist im Hinblick auf Sperrungen und Umleitungen angeraten, denn mit der automatischen Aktualisierung hat es im Falle unserer Testfahrten wiederholt nicht geklappt.

Entertainment mit Kino-Atmosphäre

Platz ist im Lexus LM 350h mehr als genufg. Foto: Axel F. Busse

Das sind aber allenfalls Probleme des Personals, die Herrschaften in der First-Class-Suite hinten ficht das nicht an. Sie räkeln sich auf ihren beheiz- oder kühlbaren Wohlfühl-Sesseln, die eine Polsterbreite von mehr als 50 Zentimetern haben, surren sich mittels diverser Elektromotoren vielleicht in Liegeposition und gönnen sich dabei noch eine 15-Minuten-Massage. Vielleicht greifen sie auch nach einer Erfrischung aus dem Kühlschrank vor ihnen. In das frostige Fach passen zwei Champagnerflaschen, es wäre aber besser mit einer Schubladen-Öffnung zu handhaben als mit der vorhandenen Klappe.

Wer die Fahrt zum Arbeiten nutzen will, schält sein Laptop-Tischchen aus der Armlehne, wer nach Ablenkung sucht, streamt sich Videos auf den 48-Zoll großen HD-Bildschirm. Auf ihm können parallel auch unterschiedliche Inhalte eingespielt werden. Zur Steuerung gibt es zwei handygroße Fernbedienungen, die auch die beiden 14-Zoll-Monitore steuern, die aus der Dachkonsole ausgefahren werden können. Das eigene Smartphone ruht derweil in den Ladeschalen, die neben jedem Sitz zu finden sind. Das Klima, Luftqualität und Beleuchtung individuell angepasst werden können, ist ebenso selbstverständlich wie die HiFi-Qualität aus 23 Lautsprechern.

Wenn das Wohlleben zwischen A und B an sein Ende kommt, tritt wieder das Personal in Aktion. Es holt das Gepäck aus dem 752 Liter großen Staufach, was dank äußerst niedriger Ladekante ein Kinderspiel ist. Aber Obacht: Die elektrische Klappe öffnet nur bis zu einer lichten Höhe von 1,81 Metern. Doch vor ungewolltem Kopfkontakt mit dem Kofferraum-Deckel schützt im Zweifelsfalle die Chauffeursmütze.

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Axel F. Busse
Axel F. Busse ist gelernter Redakteur, sein kommunikations-wissenschaftliches Studium absolvierte er an der FU Berlin. Nach Tätigkeiten bei Tageszeitungen, wo er sich mit Auto- und Verkehrsthemen beschäftigte, arbeitet er seit 2003 als freier Autor ausschließlich in diesem Bereich. Außer für die Autogazette schreibt er für verschiedene Online- und Printmedien.

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