Lexus: Neues Spiel, neues Glück

Lexus: Neues Spiel, neues Glück
Der Lexus RC F leistet jetzt "nur" noch 464 PS. © Lexus

Lexus ist in den USA recht erfolgreich. In Deutschland führt die Toyota-Luxustochter indes ein Schattendasein. Doch das soll jetzt anders werden – wieder einmal.

Ein Cabrio, lange Motorhaube, knappes Textilmützchen, rot beledertes Interieur, zackiges Stummelheck: So erwartet es der Beobachter in der Modellpalette. Aber ein schmales Zweisitzerchen, Fahrer vorn, Beifahrer dahinter? Oder ein Sechspersonen-Transporter ohne erkennbares Vorn und Hinten? Ist das premium? Soll das der Lexus von morgen sein?

Koichi Suga sagt Ja – zumindest im Prinzip: „Vor unserer aktuellen Design-Linie galt ja: Lexus ist langweilig”, stellt der Lexus-Chefdesigner unumwunden fest. Das kann man derzeit nicht gerade sagen. Gegen den gewaltigen sogenannten “Spindel-Grill” der Modelle wirken selbst BMWs aktuelle Riesen-Nieren dezent, Ecken, Kanten und Finnen machen die Fahrzeuge der Toyota-Tochter zumindest unverwechselbar. Im nächsten großen Schritt indes könnte es sich ausgegrillt haben.

Nobler Mini-Zweisitzer

Denn ein autonom und vollelektrisch fahrender “People-Mover” etwa braucht ja gar keine Kühler mehr. Suga sieht aber durchaus Nachfrage von betuchten Kunden – „etwa als rollendes Büro oder Wohnzimmer”. Und auch ein nobler Mini-Zweisitzer könnte im Verkehrsdschungel von Tokio, New York oder Sao Paulo Sinn haben. Darum müssen seine Designer ran. Denn in Zukunft soll Lexus seine Angebotspalette deutlich erweitern. Und das auch jenseits der eingefahrenen Pfade und der unvermeidlichen SUV aller Größenklassen vom kompakten UX bis zum kolossalen LX. Den Achtsitzer auf Landcruiser-Basis gibt es hierzulande nicht zu fahren. Russen, Amis oder Scheichs mögen so was aber.

Noch in diesem Jahr kommt zumindest in Asien der Van LM dazu. Ausgestattet mit umfangreicher Dämpfung, 26-Zoll-Bildschirmen für das Kinoerlebnis an Bord, Glastrennwand oder Minibar, soll der nur schwarz oder weiß erhältliche Van der Mercedes V-Klasse Konkurrenz machen – und sicher auch mal testen, wie so ein Angebot generell ankommen würde, bevor radikalere Modelle auf den Markt losgelassen werden.

Denn „viele unserer Design-Visionen sind erst mal losgelöst von den Kostenrechnern oder Produktions-Experten im Konzern”, sagt Suga. Neue Plattformen etwa für die elektrisch angetriebenen Modelle sind aber Toyota-weit bereits in Planung. Schließlich hat der Konzern gerade erst beschlossen, schon 2025 die Hälfte seiner Umsätze mit elektrisch angetriebenen Autos zu machen.

Batterievarianten für UX und RX

Neben einem Brennstoffzellen-Antrieb für das Flaggschiff LS werden UX und der nächste RX darum auch Batterie-Varianten bekommen. Es lockt schließlich ein großer Markt, auf dem die Claims noch nicht so betonhart verteilt sind wie derzeit in Europa.

Schließlich sind außer in Norwegen oder den Niederlanden die Marktanteile von Elektroautos selbst bei Neuwagen noch im einstelligen Prozentbereich – eingefleischte Stromer-Fahrer gibt es also noch kaum. Gerade die deutschen Premium-Hersteller könnten daher Kunden verlieren, hoffen die Japaner. Tesla macht es ja gerade in den USA vor, wo Lexus fast die Hälfte aller 700.000 jährlichen Verkäufe erzielt. Auch in anderen Märkten rechnen sich die Strategen der Japaner darum größere Eroberungs-Chancen aus; immerhin seien die Modelle ja bisher schon größtenteils elektrifiziert. Allerdings müssen auch die Japaner bei Batterien mächtig aufholen.

800.000 Autos Absatz seien für Lexus in wenigen Jahren dennoch locker drin, prognostizieren die Marktforscher von Focus2move. Denn in den vergangenen zehn Jahren sei Lexus im Schnitt jährlich um fast neun Prozent gewachsen, der Markt nur um 3,5. In China etwa hat Lexus die Verkäufe in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Schwacher Absatz in Deutschland

Schwachstelle ist aber das Mutterland des Autos. In Deutschland geht es nur auf niedrigem Niveau wieder voran. Bereits im kommenden Jahr soll in Europa zwar die 100.000-Auto-Marke im Verkauf geknackt werden. In Deutschland dürfte aber lediglich die Nische mit dann rund 5000 Autos nicht mehr so völlig frustrierend klein bleiben wie aktuell. So viel waren es auch vor der Finanzkrise und den Fukushima-Auswirkungen schon mal.

Es hat gedauert, doch nun kommt der Lexus UX 250h auf den Markt. Foto: Lexus

In den ersten fünf Monaten des Jahres zählte das Kraftfahrtbundesamt 1.442 Lexus-Neuzulassungen. Selbst Jaguar oder Volvo sind dagegen Verkaufsrenner, die deutschen Dienstwagen-Hersteller setzen in ihrem Heimatland fast das Hundertfache ab. Mit lediglich zwei Dutzend Verkaufsstellen in Deutschland ist das Netz sehr dünn geknüpft. Es muss also noch einiges geschehen, um das Absatzplus auch hierzulande so hinzubekommen wie etwa in Russland oder Großbritannien. Immerhin: Vor allem der kompakte UX sorgt derzeit für Absatzplus. Ein neuer RX, der auch noch recht frische ES und 2020 dann das Cabrio sollen zusätzlichen Schub für die Marke bringen.

Schwächen der Konkurrenz

Lexus darf aber auch ganz profan auf Schwächen bei der Konkurrenz bauen – vor allem beim Kampf um vermögende Individualkunden. Die Deutschen leiden dort immer noch unter Auswirkungen der Dieselkrise, während Lexus in der Regel Hybride verkauft und gar keine Diesel. Nach Zahlen der European Environmental Agency haben die Marken Lexus und Toyota darum auch den niedrigsten CO2-Flottenwert von 103 Gramm CO2; Mercedes und Smart etwa liegen 24 Gramm darüber. Daher müssen die Japaner nicht mit dem gleichen Aufwand ihre Antriebspalette umbauen, um hohen Umweltstrafen zu entgehen.

Aus asiatischer Sicht ist die Toyota-Tochter zudem nach dem Rückzug von Nissans Luxusmarke Infiniti erst mal Einzelkämpfer. Konkurrent Honda traut sich mit seiner Premium-Marke Acura nicht nach Europa, und der Hyundai-Ableger Genesis ist wie die chinesischen Premium-Marken Byton und Nio erst im Lauf des kommenden Jahres in Europa am Start. Der Moment ist also günstig, um mehr Aufmerksamkeit für Lexus zu erzielen. Koichi Suga und seine Kollegen sorgen schon dafür, dass es den Interessenten nicht langweilig wird. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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